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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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unterdrückte er seine plötzliche Gereiztheit und setzte sich wieder. »Ich möchte – Ihrem Gouverneur meine Aufwartung machen und dort Vorräte ergänzen.«
    Bolitho bewahrte ein Pokergesicht. Der Gouverneur würde bestimmt in die Luft gehen, wenn er eine französische Fregatte in seinem Hafen sah.
    De Barras fuhr ruhig fort: »Ich bin auf der Suche nach einem gewissen Piraten, schon seit Monaten. Er ist Engländer, aber nichtsdestoweniger ein Pirat. Wir haben beide die gleiche Aufgabe: ihn zu vernichten, wie, m'sieu ?« Das schien ihn zu amüsieren. »Er machte die Karibische See von La Guaira bis Martinique unsicher. Ich verfolgte ihn nach Port of Spain und verlor ihn aus den Augen, nachdem er dort in der Nähe ein Dorf überfallen und gebrandschatzt hatte.« Seine Brust hob sich erregt.
    Wie ein verzogenes Kind, dachte Bolitho. Äußerlich mochte er gebrechlich scheinen, aber unter der Haut war er gefährlich wie eine Schlange.
    »Für einen einzelnen ist das schwierige Arbeit«, antwortete Bolitho. Er suchte nach einem Hinweis auf den Grund für de Barras' Vertraulichkeit.
    »Er zieht eben andere an.« De Barras schlürfte genüßlich Wein. »Er selbst ist ohne jede Loyalität, kann sie aber in anderen wecken. Ich wollte das dem Gouverneur von Neusüdwales erklären, aber offenbar ist er besser informiert, als mir bewußt war.« Er kam zu einem Entschluß. »Dieser Pirat heißt Tuke. Und er hat einen Mann bei sich, der von Martinique nach Frankreich deportiert werden sollte. Das war eine meiner Aufgaben.« Er spie die Worte förmlich aus.
    »Dieser cocho n Tuke verhalf ihm zur Flucht, und jetzt dient er in dessen übler Mannschaft.«
    »Darf ich fragen, wer dieser Mann ist?«
    »Spielt keine Rolle.« De Barras hob die Schultern. »Ein Verräter Frankreichs, ein Agitator. Er muß dingfest gemacht und bestraft werden, ehe er weiteres Unheil anrichten kann.«
    Als Bolitho dazu schwieg, fügte de Barras heftig hinzu: »Das liegt auch im Interesse Englands. Dieser Verräter wird mit Tukes Hilfe den Aufruhr schüren und immer mehr Schiffe und Inseln überfallen und ausrauben, je größer seine Macht wird.« Er tupfte sich ein Schweißtröpfchen vom Kinn. »Es ist einfach Ihre Pflicht!«
    Ein Schatten fiel in die Kajüte, und als Bolitho sich nach den Fenstern umdrehte, glaubte er, eine Geistererscheinung aus einem Alptraum vor sich zu sehen. Draußen hing ein Mann, oder vielmehr das, was von ihm übrig war. Er baumelte an seinen Handgelenken, die Füße waren mit einem Strick gefesselt, der zum Ruder hinunterführte. Der Körper war übersät mit blutigen Rissen und tiefen, klaffenden Wunden. Ein Auge war aus der Höhle gerissen, das andere starrte blicklos in die Fenster, während der Mund wie ein schwarzes Loch gähnte.
    De Barras war nahezu außer sich vor Wut. »Mo n Dieu! « Er stieß den verstörten Diener auf die Tür zu und schickte ihm wütende Drohungen nach.
    Von oben erklangen Stimmen, und der verstümmelte Körper verschwand schnell aus dem Blickfeld. Bolitho saß erstarrt in seinem Sessel. Er wußte, was da vorgegangen war: der barbarische alte Brauch des Kielholens. Einen Mann auf diese Weise zu bestrafen, hieß, ihn zu einem gräßlichen Tode verdammen. Das Opfer wurde am Bug zu Wasser gelassen und unter Wasser den Kiel entlanggezogen. Jetzt, nach dreijährigem Einsatz, mußten Kiel und Unterwasserschiff der Narval , ob kupferbeschlagen oder nicht, mit messerscharfen Muscheln bewachsen sein, die einen Menschen zerfleischen konnten, falls er nicht den Mut besaß, sich selbst zu ertränken.
    Bolitho stand auf. »Ich verlasse Sie jetzt, m'sie u l e Comte«, sagte er. »Wie Sie soeben ausführten, habe ich Pflichten zu erfüllen. Wenn Sie mich also entschuldigen wollen?« Angeekelt und empört, wandte er sich zur Tür.
    De Barras starrte ihn an. »Der Mann war ein Unruhestifter. Unverschämtheiten dulde ich nicht. Ein dreckiges, primitives Schwein!«
    Bolitho trat ins Sonnenlicht hinaus. Er dachte an Le Chaumareys, dessen unerschütterlicher Mut die Besatzung inspiriert und zusammengehalten hatte. Im Vergleich zu ihm war de Barras ein Ungeheuer, ein bösartiger Tyrann, der das Kommando über die Narva l vermutlich nur erhalten hatte, damit er Frankreich fernblieb.
    An der Pforte sagte de Barras scharf: »Sparen Sie Ihren Zorn für den Feind auf!« Und sowie Bolitho den ersten Schritt von Bord machte, drehte er sich auf dem Absatz um und stelzte zur Kampanje zurück.
    Derselbe Leutnant begleitete Bolitho

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