Fieber an Bord
zurück. Als sie beinahe längsseit der Tempes t waren, fragte Bolitho ihn: »Wird Ihr Schiff so befehligt – durch Terror?«
Der junge Offizier starrte ihn nur an, aber sein Gesicht war unter der Sonnenbräune blaß.
Bolitho erhob sich, es drängte ihn, auf sein Schiff zurückzukommen. Doch er fügte noch hinzu: »Denn wenn dem so ist, dann sehen Sie sich vor, daß der Terror nicht auch Sie verschlingt.«
Nur Minuten nach seiner Rückkehr erhielt Bolitho ein Signal von Raymond: die Aufforderung, ihn unverzüglich aufzusuchen.
Obwohl Bolitho noch aufgewühlt war von den Ereignissen an Bord der französischen Fregatte, erfüllte ihn das dennoch mit einer gewissen Befriedigung. Wie er vorausgesehen hatte, bestand Raymond darauf, daß er an Bord des Frachters kam, auch wenn er dabei Viola begegnen konnte. Raymond mußte demonstrieren, daß er und nicht Bolitho die Befehlsgewalt in Händen hielt, und seine Neugier tat ein übriges.
Herrick beobachtete ihn besorgt, als er sich abermals für eine Überfahrt vorbereitete, diesmal in seiner eigenen Gig. Bolitho zog sich saubere Breeches an und schilderte dabei de Barras und die Tyrannei an Bord der Narval . Er nahm an, daß Herrick de Barras mit dem Kapitän der Phalarope verglich, auf der sie sich kennengelernt hatten. War das erst vor sieben Jahren gewesen? Es schien kaum möglich. Sie hatten so vieles zusammen gesehen und erlebt.
Herrick sagte schließlich: »Abscheulich, auch nur davon zu hören. Ich jedenfalls werde mich sehr viel wohler fühlen, wenn seine Obersegel unter dem Horizont verschwinden.«
»Ich möchte wetten, daß Sie diesbezüglich enttäuscht werden, Thomas.«
Bolitho nahm von Noddall ein Glas Wein entgegen. Er wollte damit ebensosehr den Nachgeschmack des Franzosen herunterspülen wie das Salz, das ihm in der Kehle saß. Herrick sah ihn überrascht an. »Aber Sie sagten doch, die Narva l wolle nach Neusüdwales segeln.«
Bolitho schob sein Halstuch zurecht und lächelte grimmig.
»Sie wollte. Ich vermute, daß de Barras auf glühenden Kohlen sitzt, bis er diesen geheimnisvollen Franzosen wieder eingefangen hat. Dafür sieht er in uns einen Bundesgenossen. Vielleicht hat er recht.« Er griff nach seinem Hut.
»Nun?«
Herrick seufzte. »Schon gut, Sir.« Weitere Warnungen schienen keinen Sinn zu haben, denn Bolithos Augen leuchteten heller als seit langer Zeit.
Er folgte Bolitho zur Einstiegspforte und stand neben ihm über der dümpelnden Gig. Ein schneller Blick nach achtern verriet Herrick, daß Keen und Lakey und selbst der junge Midshipman Swift auf der Lauer lagen und wie eingeweihte Verschwörer grinsten. Es deprimierte ihn. Sie verstanden nicht, daß es hier nicht nur um ein Wiedersehen ging, sondern auch um eine Karriere.
Borlase stand an der Pforte der Eurotas , um Bolitho zu begrüßen; seine kindlichen Gesichtszüge waren bemüht ausdruckslos.
Bolitho blickte sich auf dem Hauptdeck um und bemerkte dankbar, daß unter dem Ersatz für die Getöteten oder Verletzten eine ganze Anzahl fähiger und erfahrener Seeleute war. In jedem abgelegenen Hafen, selbst einem so jungen wie Sydney, schien es immer einige zurückgebliebene Matrosen zu geben, die bereit waren, es noch einmal mit einem unbekannten Schiff zu versuchen. Nur dieses eine Mal noch. Alle Seeleute sagten das.
»Wie geht es den Gefangenen, Mr. Borlase?«
»Ich habe sie entsprechend Ihrer Anregung in kleinen Gruppen zur Arbeit eingesetzt, Sir.« Da schwang Mißbilligung mit.
»Gut.«
Vielleicht drückte Borlase die Verantwortung für die Sicherheit. Oder vielleicht meinte er, die Sträflinge sollten eingepfercht werden wie bisher. Doch sobald sie an Land kamen, benötigten sie ihre volle Gesundheit und Beweglichkeit, um am Leben zu bleiben.
Sie traten in den Schatten des Hüttendecks und gingen nach achtern zur Kapitänskajüte.
Raymond wartete am Schreibtisch, seine Gestalt hob sich nur als Silhouette vor dem Sonnenglast ab, der durch die hohen Fenster hereinströmte.
Er sagte schroff: »Sie bleiben anwesend, Mr. Borlase.« Bolitho wartete unbewegt. Raymond hielt den Leutnant als Schutz oder als Zeugen zurück – oder als beides.
»Nun, Captain?« Raymond lehnte sich zurück, die Fingerspitzen gegeneinander gepreßt. »Vielleicht sind Sie jetzt so freundlich, mich über Ihre Zusammenkunft mit dem Kapitän der Narva l zu unterrichten.«
»Ich hätte Ihnen einen schriftlichen Bericht vorgelegt.«
»Davon bin ich überzeugt.« Es klang sarkastisch. »Aber schildern
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