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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Punkt trafen: das eines französischen Grafen und eines englischen Kapitäns.
    Der Offizier bellte einen Befehl, und die Riemen hoben sich in zwei triefenden Reihen aus dem Wasser, während der Buggast das Boot mit einer schwungvollen Bewegung an der Hauptkette der Narva l festhakte. Eine vorzügliche Leistung, aber Bolitho hatte das Gefühl, daß ebensoviel Angst wie Übung dahintersteckte.
    Er hielt seinen Degen fest und zog sich unter den beobachtenden Augen oben an Bord zur Schanzkleidpforte hinauf.
    Die große Kajüte der Narva l unterschied sich drastisch von Bolithos eigener. Bolitho war von dem französischen Kapitän mit kaum einem Wort an Bord empfangen worden; die Eile, mit der die Begrüßungszeremonie durch die Seitenwache erfolgte, grenzte schon an Unhöflichkeit. Jetzt saß Bolitho in einem prunkvollen, vergoldeten Sessel, die Augen vom grellen Sonnenlicht noch halb geblendet, und musterte seinen Gastgeber zum erstenmal genauer.
    Der Comte de Barras war sehr schlank und wirkte beinahe mädchenhaft. Sein Uniformrock war leicht ausgestellt und erstklassig geschnitten; jetzt wünschte Bolitho, er hätte sich von Allday nicht zu seinen Alltagsbreeches verleiten lassen. Der einzig weitere Anwesende war ein junger Inder oder Ma-laye, der geschäftig Gläser und ein schön geschnitztes Weinkabinett auf einem der beiden Tische bereitstellte.
    Die Kajüte war atemberaubend. Zwar hatten auch die Erbauer der Tempes t ihr ganzes Können eingesetzt, um die Unterkunft des Kommandanten mit Schnitzarbeiten und den besten Hölzern auszustatten, doch die der Narva l konnte man dagegen nur als luxuriös bezeichnen. Schwere Portieren verhüllten die Türen, und die Bodenplanken waren von mehreren großen Teppichen bedeckt, die ein Vermögen gekostet haben mußten.
    Bolitho bemerkte, daß Barras auf seine Reaktion wartete. Er sagte: »Sie leben nicht schlecht, capitaine.«
    De Barras runzelte die Stirn. Vielleicht hatte es seinen Stolz verletzt, daß Bolitho ihn nicht mit seinem Adelsprädikat ansprach, sondern ihm eher wie einem Gleichrangigen gegenübertrat. Doch der Unmut wich schnell, und er setzte sich sehr behutsam in einen zweiten vergoldeten Sessel, ein Gegenstück zu dem, auf dem Bolitho saß.
    »Ich lebe so gut, wie es unter den frugalen Verhältnissen hier geht.« Er sprach perfekt englisch, nur mit leichtem Lispeln. »Aber nehmen Sie doch ein Glas Wein, äh, Captain.« Scharf beobachtete er den jungen Inder, ob er auch nur einen Tropfen auf den Teppich verschüttete.
    Das ließ Bolitho mehr Zeit, de Barras zu studieren, nachdem sich seine Augen an das Licht in der Kajüte gewöhnt hatten. Er mochte zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig sein. Mit der feingemeißelten Nase und dem schmalen Kinn sah er eher wie ein eleganter Höfling als wie ein Schiffsführer aus. Er trug eine Perücke, und auch das war ungewöhnlich und verstärkte den Eindruck des Unwirklichen.
    Aber der Wein war gut. Mehr als das: ausgezeichnet.
    Das Kompliment schien de Barras zu behagen. »Mein Vater besitzt viele Weingärten. Dieser Jahrgang verträgt die Reise recht gut.« Wieder das kurze, gereizte Stirnrunzeln – wie Borlase, dachte Bolitho. »Und das muß er auch. Dieses Schiff ist jetzt seit drei Jahren ununterbrochen im Dienst, und seit zwei Jahren bin ich sein Kommandant.«
    »Verstehe.« Bolitho fragte sich, was dieser Mann in Wirklichkeit von ihm wollte. Er bemerkte, wie sich der junge Diener an de Barras' Seite bereithielt. Er war nicht nur aufmerksam, er war verängstigt.
    De Barras fragte beiläufig: »Und was ist Ihr Bestimmungsort?«
    Mit Geheimnistuerei war nichts zu gewinnen. »Die Levu-Inseln.«
    »Rechnen Sie, äh, mit Schwierigkeiten?« Beiläufig deutete er mit spitzengesäumter Hand hinaus. »Weil Sie im Verband segeln?«
    »Wir hatte n Schwierigkeiten.«
    Bolitho hätte gern gewußt, ob Raymond ein Fernglas auf die Narva l gerichtet hielt. Hoffentlich. Hoffentlich kochte Raymond vor Zorn, weil er ausgeschlossen blieb.
    »Piraten?«
    Bolitho lächelte leise. »Wie ich sehe, überrascht Sie das nicht.«
    Darauf war der französische Kapitän nicht gefaßt gewesen.
    »Ich bin nur neugierig.« Er boxte den jungen Diener scharf gegen die Schulter. »Mehr Wein!«
    »Und Sie sind auf dem Weg nach Neusüdwales?« fragte Bolitho.
    »Ja.« De Barras stand auf, trat schnell ans Querschott und zog einen Vorhang zurecht. »Ungeschicktes Pack! Sie leben wie die Schweine und haben keinen Sinn für das Schöne.« Doch dann

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