Fieber an Bord
zusammengelegt. »Ein wenig einladender Ort mit kaum Wasser, von ein paar Regentümpeln abgesehen. Tuke kann sich dort eine Weile aufhalten.« Es klang sehr besorgt.
»Kein Eingeborener würde wagen, dort an Land zu gehen.« Raymond leckte sich die Lippen. »Nun, das ist eine gute Nachricht, falls wir uns darauf verlassen können.«
»Darauf verlassen?« Hardacre sah Raymond mit unverhüllter Verachtung an. »Sie hat Tinah mehrere seiner Leute gekostet, und wahrscheinlich werden dafür verschiedene andere Inseln sich gegen ihn erheben. Weil er Ihnen geholfen hat.«
Raymond blickte vor sich auf den Tisch, seine Finger trommelten auf der Platte, laut hörbar in der plötzlichen Stille.
»De Barras wird vor der Nordinsel ankern, nachdem er seine Suche beendet hat. Sie werden unverzüglich den Schoner zu ihm schicken. Ich setze sofort eine Nachricht für ihn auf.«
»Der Schoner ist das einzige Fahrzeug, das ich hier zur Verfügung habe.«
»Das interessiert mich nicht. Es geht um Wichtigeres.« Raymond mustert ihn kalt. »Wie Sie wissen, kann ich über den Schoner verfügen.«
Hardacre wandte sich geschlagen der Tür zu. »Ich spreche mit dem Kapitän.« Er schlug die Tür hinter sich zu.
Raymond atmete sehr langsam aus. »Gut, gut, Captain. Vor wenigen Augenblicken tappten wir noch im dunkeln. Jetzt sieht die Lage besser aus, wenn man der Nachricht glauben kann. Sehr viel besser.« Er lächelte dünn. »Vielleicht ist es ganz gut, daß den Franzosen die Aufgabe zufällt, Tuke zu vernichten. Falls es Kritik von oben gibt, befinden wir uns dann in einer besseren Situation.«
»Ich möchte auch dorthin, Sir. Wenn nicht anstelle von de Barras, dann mit ihm.«
»Sie halten ihn nicht für fähig, mit Tuke fertigzuwerden? Weil Sie selbst eine Abfuhr bekommen haben? Ist das der Grund?« Sein Lächeln wurde breiter. »Wirklich, Sie enttäuschen mich, daß Sie Ihre Rachsucht so offen zeigen.«
»Das hat damit überhaupt nichts zu tun, Sir.« Bolitho wandte sich ab, sah wieder den verstümmelten Leichnam vor dem Heckfenster der Narva l hängen. »Zwei Schiffe wären besser als eins. Ich fürchte Tukes Hinterlist ebenso sehr, wie ich de Barras' Fähigkeit mißtraue, seine Brutalität im Zaum zu halten. Er könnte die Inseln hier zum Schlachtfeld machen.«
»Sie haben Ihre Chance gehabt, Captain Bolitho. Die Ziele sind jetzt klarer umrissen, und ich denke, de Barras wird meine Forderungen sehr bereitwillig erfüllen, wenn er erst die Nachricht gelesen hat, die ich ihm schicken werde.«
»Noch mehr Versprechungen?«
Raymond ignorierte seinen Einwurf. »Sorgen Sie dafür, daß Sie jederzeit bereit sind, Anker zu lichten, wenn ich Sie brauche. Die Falle für den Piraten ist aufgestellt, aber wir haben hier weiter unsere Arbeit. Wenn nur endlich diese verdammte Brigg käme!«
Als Bolitho sich abwandte, um zu gehen, fragte Raymond beiläufig: »Und die Eurotas ? Was haben Sie mir über sie zu berichten?«
Bolitho ließ eine Pause eintreten. »Sie wird von ihrer eigenen Besatzung bewacht, und nach Einbruch der Dunkelheit patroullieren meine Boote um sie herum.«
»Es hätte mir auch sehr mißfallen, Gegenteiliges zu hören.« Er trommelte wieder auf die Tischplatte. »Nein, ich bezog mich auf ihre Einsatzbereitschaft auf See.«
»Wie befohlen.« Bolitho musterte ihn, versuchte die gekünstelte Strenge zu durchschauen. »Sie ist ebenso einsatzbereit wie mein eigenes Schiff.«
»Gut. Das hilft mir bei meiner Planung.«
Bolitho kehrte zur Pier zurück und sah seiner Gig entgegen, die auf ihn zuruderte. Raymonds Frage nach dem Transporter war ihm ein Rätsel. Die Eurota s hatte keinen Kapitän und eine nur unvollzählige Besatzung. Wenn Raymond sich einbildete, er könne sie außer in einem äußersten Notfall einsetzen, würde er herb enttäuscht werden. Es sei denn ... Nachdenklich strich Bolitho sich über das Kinn. Es sei denn, Raymond beabsichtigte, sich mit seinen Papieren und Plänen an Bord zurückzuziehen und die Siedlung Hardacre zu überlassen. Konnte es sein, daß er im Stillen nicht vorauszusehende Ereignisse fürchtete? ›Ich komme mir hier blind und taub vor‹, hatte er gesagt. Seeleute waren daran gewöhnt, sich auf ihre eigenen, bescheidenen Hilfsmittel zu verlassen, aber Leute wie Raymond, die im Umgang mit dem Parlament und Regierungsstellen geschult und ausgebildet worden waren, konnten ohne Nachrichten und Anweisungen vielleicht nicht existieren.
Bolitho fuhr aus tiefem Schlaf auf und stieß das
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