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lebt gefaehrlich

lebt gefaehrlich

Titel: lebt gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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    Mrs. Pollifax war an jenem Sonntagmorgen in der Kirche gewesen.
    Jetzt saß sie in der sonnigen Küche ihrer Wohnung beim Mittagessen. Den Hut - einen üppigen Garten aus rosa Rosen und grünen Blättern - hatte sie noch auf. In letzter Zeit war sie in punkto Hüten ziemlich zerstreut. Genaugenommen neigte sie zur Vergeßlichkeit, seit sie mit den Karatestunden begonnen hatte. Und da sie bald wieder ausgehen wollte, hatte sie vorgebaut und den Hut dort gelassen, wo sie ihn später wieder brauchen würde. Dadurch hatte sie den Kopf für wichtigere Dinge frei und konnte sich auf die Wiederholung der Theorie konzentrieren, auf die günstigsten Angriffspunkte oder jenen Schlag mit dem Ellbogen, mit dem man dem Angreifer das Gleichgewicht raubt.
    Da Mrs. Pollifax aber von Natur aus überaus gewissenhaft war, lag wohl rechts von der Zuckerdose das Karatelehrbuch, links davon die Sonntagsausgabe der ›Times‹. Sie seufzte schuldbewußt, wandte sich aber doch zuerst der ›Times‹ zu. Sorgfältig schlug sie die Titelseite auf, um flüchtig die Überschriften zu lesen. FEINDAGENTIN IN ISTANBUL ABGESPRUNGEN UND KURZ DARAUF VERSCHWUNDEN, las sie. Die Frau hatte Zuflucht im englischen Konsulat gesucht und war auf rätselhafte Weise verschwunden.
    »Na so was!« rief Mrs. Pollifax aus.
    Vor mehreren Monaten hatte sich ein kleiner Fall von Spionage wie ein Rufzeichen in Mrs. Pollifax' friedliches und eintöniges Leben gedrängt. Als das Kapitel beendet war - von dem sie jeden Augenblick genossen hatte -, war sie mit dem Gefühl einer inneren Bereicherung wieder in ihr gleichförmiges Dasein geglitten.
    Zurückgeblieben war eine gewisse Abgeklärtheit, die sich nur als stillvergnügtes Schmunzeln zeigte. Mit diesem Schmunzeln stürzte sie sich jetzt in die Meldung. Denn es handelte sich bei der Agentin nicht nur um eine Geschlechtsgenossin, sondern Mrs. Pollifax vermutete auch, daß eine Frau mit einer derart inhaltsreichen Vergangenheit höchstens um sechs Jahre jünger sein konnte als sie selbst.
    Unglaublich, dachte sie. Sie war beeindruckt, wie jeder Amateur, der sich einem Experten gegenübersieht. Die Meldung enthielt eine Biographie der Agentin. Mrs. Pollifax sah sich den ausführlichen Bericht sehnsüchtig an, sparte ihn jedoch mit eiserner Selbstdisziplin bis zum Schluß auf.
    Die Frau war urplötzlich abgehetzt und zerlumpt im englischen Konsulat aufgetaucht und hatte dort um Unterstützung gebeten.
    Nachdem sie sich als Magda FerenciSabo ausgewiesen hatte, war sie sofort mit einem Schlafmittel und einer Tasse Tee zu Bett gebracht worden; an einem Sommerabend um zehn Uhr. Am anderen Morgen war sie weg. Mehr wollte der abweisende und sichtlich bestürzte Konsul nicht verraten, aber in Istanbul ging das Gerücht, sie sei entführt worden.
    Dieser Umstand allein genügte für eine Meldung auf dem Titelblatt.
Gespannt wandte sich Mrs. Pollifax der Lebensgeschichte der Magda FerenciSabo zu. Die Schilderung war sehr detailliert, da ein umsichtiger Journalist eine Reihe alter Zeitungsmeldungen ausgegraben und sie mit Vermutungen und Schlußfolgerungen ergänzt hatte. Begierig und zeitweise entsetzt las Mrs. Pollifax, die sich selbst rein zufällig einige Wochen lang als Gelegenheitsspionin betätigt hatte: »In den dreißiger Jahren galt die FerenciSabo als international bekannte Schönheit, die sich an sämtlichen passenden Schauplätzen mit der unpassendsten Gesellschaft blicken ließ.« Auf einem unscharfen Foto, auf dem sie hauptsächlich aus Zähnen und langem Haar bestand, war die Agentin in Mussolinis Begleitung an einem Strand zu sehen. Sie war mehrmals verheiratet gewesen.
Zuerst mit einem französischen Playboy, der ein Jahr nach der Hochzeit auf rätselhafte Weise ums Leben gekommen war; der Journalist ließ durchblicken, daß der Mann von seiner Frau ermordet worden sei. Dann folgte ein vermögender Deutscher, der später einen hohen Rang in der Nazipartei bekleidete. Und schließlich ein ungarischer kommunistischer Schriftsteller namens FerenciSabo, der 1956 von Freiheitskämpfe rn ermordet worden war. Nach seinem gewaltsamen Tod war die Frau verschwunden. Man nahm an, daß sie sich nach Rußland abgesetzt hatte. Es ging das Gerücht, daß sie für die INU tätig sei.
»Eine erstaunliche Frau«, sagte Mrs. Pollifax betroffen. Widerwillig schob sie ihre Überlegungen und die Zeitung beiseite. Die Wanduhr verriet ihr, daß es bereits zwei Uhr geworden war. Ehe sie sich den Film ansah, der heute im Gartenklub

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