Fieber an Bord
Männer der Freiwache an einem der uralten Matrosentänze teilnahmen.
Mit den Franzosen hatten sie keinen Kontakt gehabt, nur das Läuten der Wachglocke gehört und gelegentlich Befehle, die zwischen den Decks gepfiffen wurden. Unterdrückt, gedemütigt, war der Besatzung die Fähigkeit, auch nur die geringste Freude zu empfinden, ausgeprügelt worden. Nachdem die Narva l die Bucht verlassen hatte, mußte Bolitho feststellen, daß Raymond in der Frage der Verantwortung sein Wort zu halten beabsichtigte. Wenn die Spezialisten der Tempest , wie die Zimmerleute und Böttcher, die Segelmacher und Bootsmänner, nicht an Bord beschäftigt waren, wurden sie an Land beordert und mußten ihr Können einsetzen, um bei dem bescheidenen, aber unerläßlich notwendigen Bauprogramm zu helfen, sowohl bei den Wohnhütten als auch bei den Blockhäusern zu deren Schutz.
Der Schiffsarzt war mehr an Land als auf seiner Krankenstation und kümmerte sich um die Verwundeten und die seltenen Krankheitsfälle bei den Dorfbewohnern. Dieses Arrangement kam Gwyther sehr gelegen, wie Bolitho wohl wußte, und wenn der Arzt auf das Schiff zurückkehrte, erschien er selten ohne einen neuen tropischen Fund, sei es eine leuchtend farbige Pflanze oder eine seltsam anmutende Frucht.
Hauptmann Prideaux bestimmte die Position der neuen Blockhäuser, trotz der offenkundigen Verärgerung der beiden Offiziere des Corps.
Als sie bei ihm protestierten, entgegnete er scharf: »Dauernd sagen Sie mir, dies oder jenes gehöre nicht zu Ihren Aufgaben. Daß der Gouverneur von Neusüdwales Sie überhaupt nicht hätte hierherschicken sollen, und das habe ich gründlich satt. Auf einem Schiff des Königs müssen Sie bereit sein, alles und jedes zu übernehmen, gleichgültig, was Sie davon halten.«
Der eine der beiden hatte hitzig erwidert: »Sie beleidigen uns, Sir.«
Prideaux hatte ihn beinahe fröhlich angesehen. »Dann will ich Ihnen gern Genugtuung leisten, Ihnen beiden, wenn es notwendig ist.«
Zu seiner Enttäuschung hatten sie sich mit einer gewissen Hast zurückgezogen.
Während Bolitho durch das Dorf streifte oder an dem leuchtenden Strand entlangwanderte, fragte er sich, was die Narva l wohl unternehmen mochte. De Barras hatte versprochen, eine Patrouille um die Nordinsel und weiter zum nächsten Archipel zu machen. Um zu sehen und gesehen zu werden. Wenn er das Glück hatte, eines oder mehrere der Schiffe Tukes zu stellen, würde er bestimmt den Sieg ausnutzen und die Suche fortsetzen.
Bolitho hatte so viel zu tun, daß er während der meisten Stunden des Tages voll beschäftigt war. In der zunehmenden Hitze ging er in teilnahmsloser Verbissenheit seinem Dienst nach, denn er wußte, Raymond wartete nur darauf, sich zu beschweren, zu kritisieren, wenn er nicht auf der Hut war.
Für einen Marineoffizier war es nicht ungewöhnlich, das zu tun, was er tat. Selbst der Kommandant einer bescheidenen Schaluppe oder eines Schoners war verpflichtet, die Autorität des Königs zu demonstrieren, wenn es notwendig war. Ganz wie Prideaux gesagt hatte: gleichgültig, was man davon hielt.
Aber er fühlte sich verletzlich, wußte, daß Viola nicht fern von ihm war, und doch hatte er nur selten Gelegenheit, sie zu sehen, ohne daß Raymond anwesend war. Versuchte Raymond vorzugeben, daß alles wieder so sei wie vorher, was sie betraf? Oder weidete er sich lediglich an Bolithos Qual, wenn sie sich begegneten?
Und obwohl Bolitho sich selbst sagte, daß er in seiner Sorge zu weit gehe, machte er sich Gedanken um ihre Gesundheit. Einen Teil ihrer Zeit verbrachte sie damit, den Schiffsarzt bei seinen Visiten zu begleiten, und sie schonte sich dabei weder, noch teilte sie die Einstellung der Eingeborenen: Wenn es zu anstrengend wird, höre auf zu arbeiten.
Leutnant Keen war der Befehl über die Landkommandos übertragen worden, und Bolitho hatte ihn mehr als einmal mit einem Eingeborenenmädchen zusammengesehen, einer schlanken Schönheit, die ihn für einen Gott zu halten schien. Keen seinerseits betrachtete sie mit dem Ausdruck eines hoffnungslos Verliebten. Ihre selig zur Schau getragene Zuneigung deprimierte Bolitho und erfüllte ihn gleichzeitig mit Neid.
Am Ende des Monats begleitete Herrick ihn auf einem Inspektionsgang durch das Schiff, und Bolitho teilte dessen gerechtfertigte Befriedigung. Dank der Arbeit der Spezialisten, der sachkundigen Verwendung von Holz und Teer, Farbe und Hanf, zeigte die Tempes t kaum noch Spuren der schrecklichen Minuten, in denen
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