Fieber - Horror
alltäglich.«
Doch er wollte mehr als das hören, mehr als ein »Das ist ganz normal, so was passiert immer wieder, alles wird gut«, doch offensichtlich würde er das nicht bekommen, und Jorge hatte nicht die Zeit, jetzt erst dämliche Fragen zu beantworten. Also legte er auf und rannte zurück ins Badezimmer. Ynez war schon fast angezogen. Jorge streifte hastig eine Jeans und ein T-Shirt über und griff nach seiner Brieftasche und den Schlüsseln. »Die haben gesagt, wir sollen sofort ins Krankenhaus fahren.«
»Was ist mit dem Baby? Was sagen sie dazu?«
Jorge beschloss, es nicht schönzufärben. »Die Frau, mit der ich gesprochen habe, hat gesagt, sie weiß es nicht. Sie sagte nur, wir sollten sofort zur Entbindungsstation fahren.«
»O Gott!« Ynez schluchzte wieder. »Warum muss das uns passieren?«
Weil wir weitere Versicherungen brauchen, dachte Jorge verrückterweise, wagte es aber nicht, den Gedanken auszusprechen.
Die Fahrt kam ihnen endlos vor. Ein Dutzend Mal und mehr hatten sie die Strecke geübt, hatten jede mögliche Route ausprobiert, bis sie die kürzeste gefunden hatten, doch dieses Mal sprang auf dem Weg zum Krankenhaus fast jede Ampel auf Rot. Ynez, die auf dem Beifahrersitz saß, stöhnte und schluchzte abwechselnd, und Jorge fragte sie immer wieder, ob sie Schmerzen hätte oder ob es schlimmer würde. Doch seine Frau schrie nur: »Nein! Fahr weiter!«
Es war spät, und Jorge wusste nicht, ob der Haupteingang des Krankenhauses noch geöffnet sein würde, also fuhr er zum Eingang der Notaufnahme und stellte den Wagen auf einem der Zwanzig-Minuten-Parkplätze gleich neben der Tür ab. Ynez hatte eine extra saugfähige Binde in ihren Slip gelegt, doch schon jetzt war sie völlig durchgeweicht, und als Ynez ausstieg, konnte Jorge nur zu deutlich einen dunklen Fleck in ihrem Schritt erkennen.
Er versuchte, nicht in Panik zu verfallen, hielt Ynez am Arm und eilte mit ihr durch die Tür. Der kleine Warteraum war fast leer. In einer Ecke, unter einem an der Wand befestigten Fernseher, saß, in einen schäbigen braunen Mantel gehüllt, ein verdreckter Mann, der anscheinend völlig betrunken war. In der gegenüberliegenden Ecke, so weit weg wie nur möglich, saß ein besorgtes junges Pärchen neben seinem blassen, lethargischen Sohn.
Jorge führte Ynez geradewegs zum Fenster der Annahme. Hinter der dicken Glasscheibe saß eine übergewichtige Krankenschwester vor einem Computer und tippte. Als die beiden näher kamen, blickte sie auf. Auf ihrem Namensschild stand »F. Hamlin«. Die Schwester fragte: »Kann ich Ihnen helfen?«
»Meine Frau ist schwanger, und sie blutet!«, platzte Jorge heraus.
Ynez umklammerte seinen Arm fester, als würde sie jeden Augenblick umfallen. »Das Baby soll erst in fünf Wochen kommen.«
Eine Metallschublade unter der dicken Glasscheibe wurde herausgeschoben wie bei einem Bankschalter. »Darf ich Ihre Versichertenkarte sehen?«
»Meine Frau blutet! Sie braucht einen Arzt! Jetzt!« Doch noch während Jorge sich beschwerte, zückte er seine Brieftasche, griff nach der Versichertenkarte und ließ sie in die Schublade fallen.
Die Schublade wurde eingezogen. Auf der anderen Seite der Glasscheibe griff die Krankenschwester danach, schaute sie sich an, gab ein paar Zahlen in den Computer ein und schaute die beiden dann an. »Es tut mir leid«, sagte sie knapp. Die Schublade kam wieder heraus, darin lag die Versichertenkarte. »Im Desert Regional können wir Sie nicht aufnehmen.«
»Was?«
Ynez begann wieder zu schluchzen und hielt sich den Unterleib. »Das kann doch nicht sein!«
»Wir sind bei diesem Krankenhaus vorangemeldet!«, schrie Jorge die Krankenschwester an. »Genau hierhin sollten wir kommen!«
»Es tut mir leid, aber Ihr Versicherungsträger hat gewechselt.«
»Was zum Teufel soll das heißen?«
»Das soll heißen, dass Sie zum Waltzer Community Hospital müssen. Wir können Sie hier nicht aufnehmen.«
»Wir haben hier in den letzten zwei Monaten die Lamaze-Kurse mitgemacht! Wir haben uns doch erst letzte Woche die Entbindungsstation angesehen!«
»Ihre Krankenversicherung wird von Desert Regional nicht mehr akzeptiert. Wenn Sie einem Versorgungsmodell mit freier Krankenhauswahl angehören würden, dann ...«
»Das ... also ...« Jorge war nicht mehr imstande, einen ganzen Satz zusammenzubringen. »Das hier ist die Notaufnahme. Sie müssen uns reinlassen! Wir haben eine Notfallversicherung. Das steht alles auf der Karte.«
»Wir können nicht
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