Fieber - Horror
Meilen unter der Höchstgeschwindigkeit bleiben.
Mehrere Häuserblocks vom Krankenhaus entfernt erwachte der Mann wieder. Gerade als sie an einem Supermarkt vorbeikamen, schrie er vor Schmerzen auf.
»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sich Beth.
»Natürlich nicht!«, schrie er zurück.
»Wir sind fast da.«
»Setzen Sie mich einfach ab«, verlangte er.
»Sie müssen zu einem Arzt«, sagte Hunt. »Vielleicht haben Sie innere Verletzungen oder ...«
»Ich geh ja ins Krankenhaus!«, sagte der Mann mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich weiß, dass ich Hilfe brauche. Ich hab Schmerzen! Es tut so verdammt weh!«
»Wir können Sie nicht einfach hier absetzen.«
»Ich bin nicht versichert. Vielleicht schicken die mich auch weg! Wenn ihr mich einfach nur absetzt und dann verschwindet, müssen die mich nehmen. Ich tu so, als würde ich ohnmächtig, dann haben die gar keine andere Wahl!«
Der Mann hat recht, überlegte Hunt. Vielleicht würde er auch vom zweiten Krankenhaus abgewiesen. Und wohin sollten sie ihn dann bringen?
Hunt fuhr auf den Parkplatz des Krankenhauses und auf das hell erleuchtete NOTAUFNAHME-Schild zu.
»Helft mir rein. Und dann haut ab. Von da an schaff ich es schon.«
Sie hatten keine Zeit mehr, zu diskutieren. »Okay.«
»Hunt ...«, setzte Beth an.
»Der Mann hat recht«, sagte er. »Die müssen ihn behandeln.«
Zu beiden Seiten stützten sie den Fremden und halfen ihm, in die Notaufnahme zu humpeln. Bei jedem Schritt sog er scharf die Luft ein.
»Wie heißen Sie eigentlich?«, fragte Beth, während sie auf den Empfang zuhinkten.
»Ist doch egal.«
Die Dienst habende Krankenschwester schaute sie besorgt an. Sie griff schon nach einem Klemmbrett, auf dem einige Formulare lagen. »Was haben Sie denn?«
»Ich schaff das«, sagte der Mann. »Geht jetzt. Und danke.«
Hunt griff nach Beths Hand und zog sie in Richtung Ausgang. »Ich bin in 'ne Prügelei geraten«, hörte er den Mann hinter sich sagen. »Ich glaube, ich hab 'n paar gebrochene Rippen, und mein Ohr blutet ...«
Dann waren Hunt und Beth durch die Tür.
»Das ist doch nicht richtig so!«, sagte Beth.
»Wir haben getan, was wir konnten. Mehr als die meisten anderen getan hätten. Und wir hatten keine Wahl.« Er öffnete die Tür und stieg in den Wagen. »Wir hätten gleich einen Rettungswagen rufen sollen.«
»Aber hätten die ihn mitgenommen?«
Die Frage konnte Hunt nicht beantworten.
Es war schon nach Mitternacht, und Hunts Haus lag hier deutlich näher als Beths, also kam Beth dieses Mal mit zu ihm. Die Nachbarn feierten eine Party. Den ganzen Häuserblock entlang waren Autos geparkt, und mehrere Pickups waren einfach auf das Baumwollfeld auf der anderen Straßenseite gefahren. Aus einer lärmenden Stereoanlage dröhnte Rapmusik. Offensichtlich lief die Party schon eine ganze Weile, und die Stimmung schien immer noch zu steigen. Die Feier hatte sich bis zu Hunts Hinterhof ausgebreitet, doch er war müde und nicht in der Stimmung, sich jetzt mit einer Horde betrunkener White-Trash-Gestalten anzulegen und mit ihnen über Grundstücke und Hausfriedensbruch zu diskutieren.
Beth und er ignorierten die Nachtschwärmer, gingen ins Haus, schlossen hinter sich ab und fielen ins Bett. Sie waren sogar für Sex zu müde, also küssten sie sich nur züchtig und rollten sich dann jeweils fast bis an die Bettkante - und dort schliefen sie auch prompt ein.
Hunt träumte, der Loser-Typ in den purpurnen Klamotten hätte Beth niedergestochen, und mit wachsender Panik fuhr Hunt nun sie von Krankenhaus zu Krankenhaus, von Tucson über Phoenix bis nach Los Angeles.
Aber niemand wollte sie aufnehmen.
3.
»Meine Fresse«, sagte Joel. »Das ist nicht zu fassen!«
Hunt nickte.
»Was ist bloß mit dem Gesundheitswesen in diesem Land passiert? Wenn wir als Kinder krank geworden sind, sind wir einfach zum Arzt gegangen. Als ich mir mal den Arm gebrochen hatte, sind wir ohne Probleme in die Notaufnahme gekommen. Und unsere Eltern waren nicht gerade reich. Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn! Wir haben die besten Ärzte und die am besten ausgestatteten Krankenhäuser der Welt, die berühmtesten Forscher und die größten Pharma-Unternehmen, die immer neue Mittel herstellen, aber wir können uns nicht mal um Leute kümmern, die zusammengeschlagen wurden, oder um Unfallopfer, oder um Menschen, deren gesundheitliche Probleme leicht zu behandeln sind! Wer hat noch mal gesagt, man solle ein Land danach beurteilen, wie es seine ärmsten Bürger
Weitere Kostenlose Bücher