Fiebertraum
erwartet. Bitte leisten Sie mir Gesellschaft.« Seine Stimme klang weich, gebildet, leicht.
»Ja«, sagte Marsh, ebenfalls leise und sanft. Er zog sich den Stuhl York gegenüber heran und setzte sich. Marsh war ein massiger Mann, eins achtzig groß und etwa dreihundert Pfund schwer. Er hatte ein rotes Gesicht und einen dichten schwarzen Bart, den er trug, um dahinter eine flache, eingeschlagene Nase zu verbergen und ein Gesicht voller Warzen, aber nicht einmal der Bart half viel dabei; sie nannten ihn den häßlichsten Mann auf dem Fluß, und er wußte es. In seinem schweren blauen Kapitänsrock mit seiner Doppelreihe Messingknöpfe war er eine furchteinflößende imposante Gestalt.
Aber Yorks Augen hatten ihm jeden Impuls zum Widerspruch geraubt. Der Mann war ein Fanatiker, entschied Marsh. Er hatte Augen wie diese schon früher gesehen, bei Wahnsinnigen und die Hölle beschwörenden Predigern und einmal im Gesicht des Mannes namens John Brown unten im verdammten Kansas. Marsh wollte nichts zu tun haben mit Fanatikern, mit Predigern und Abolitionisten und Abstinenzlern.
Aber als York zu reden begann, klang er gar nicht wie ein Fanatiker. »Mein Name ist Joshua Anton York, Captain. J. A. York im Geschäft und Joshua für meine Freunde. Ich hoffe, wir beide werden irgendwann zu Geschäftspartnern und Freunden.« Seine Stimme klang herzlich und vernünftig.
»Das werden wir noch sehen«, meinte Marsh unsicher. Die grauen Augen seines Gegenübers erschienen nun reserviert und leicht amüsiert; was immer er in ihnen gesehen hatte, es war verschwunden. Er war verwirrt.
»Ich nehme an, Sie haben meinen Brief erhalten?«
»Ich hab’ ihn bei mir«, erwiderte Marsh und zog den zusammengefalteten Umschlag aus seiner Rocktasche. Das Angebot war ihm wie ein unmöglicher Glücksfall vorgekommen, als es eintraf, eine Rettung all dessen, was er längst als verloren betrachtet hatte. Nun war er sich nicht mehr so sicher. »Sie wollen also ins Dampfbootgeschäft einsteigen, nicht wahr?« sagte er und beugte sich vor.
Ein Kellner erschien. »Wollen Sie mit Mister York speisen, Cap’n?«
»Bitte, machen Sie mir die Freude«, drängte York.
»Ich glaube schon«, sagte Marsh. Mochte York auch in der Lage sein, jedes Augenduell gegen ihn zu gewinnen, so gab es doch auf dem ganzen Fluß niemanden, der ihn beim Essen übertraf. »Ich nehme etwas von der Suppe und ein Dutzend Austern und ein paar Brathühner mit Gemüse und allen sonstigen Beilagen. Schön knusprig müssen sie sein. Und etwas, womit ich alles runterspülen kann. Was trinken Sie, York?«
»Burgunder.«
»Schön, dann bringen Sie mir davon eine Flasche.«
York machte ein belustigtes Gesicht. »Sie haben einen einzigartigen Appetit, Captain.«
»Das ist eine einzigartige Stadt«, meinte Marsh wachsam, »und ein einzigartiger Fluß, Mister York. Man muß sich seine Kraft erhalten. Das ist nicht New York, und auch nicht London.«
»Dessen bin ich mir durchaus bewußt«, meinte York. »Nun, das hoffe ich, wenn Sie ins Dampfbootgeschäft einsteigen. Das ist das einzigartigste von allem.«
»Sollen wir dann gleich zum Geschäftlichen kommen? Sie besitzen eine Frachtlinie. Ich möchte mich daran zur Hälfte beteiligen. Da Sie hergekommen sind, nehme ich an, daß mein Angebot Sie interessiert.«
»Ich bin durchaus interessiert«, gab Marsh zu, »und ich bin auch erheblich verwirrt, Sie sehen aus wie ein kluger Mensch. Ich nehme an, Sie haben mich überprüfen lassen, ehe Sie mir diesen Brief schrieben.« Er klopfte mit dem Finger darauf. »Sie sollten wissen, daß der vergangene Winter mich praktisch ruiniert hat.«
York sagte nichts, aber irgend etwas in seinem Gesicht forderte Marsh auf, fortzufahren.
»Die Fevre River Packet Company, das bin ich«, redete Marsh weiter. »Ich hab’ sie nach dem Ort benannt, an dem ich geboren wurde, oben am Fevre unweit Galena, nicht weil ich ausschließlich auf diesem Fluß gearbeitet habe, was nicht geschah. Ich besaß sechs Schiffe, die vorwiegend auf dem oberen Mississippi unterwegs waren, von St. Louis nach St. Paul sowie einige Trips den Fevre hinauf und den Illinois und den Missouri. Es ging mir gut, und ich fügte jedes Jahr ein oder zwei neue Schiffe hinzu und dachte sogar daran, in den Handel in Ohio einzusteigen, vielleicht sogar in den von New Orleans. Aber im vergangenen Juli platzte auf meiner Mary Clarke ein Kessel, und sie verbrannte, oben bei Dubuque, sie brannte herunter bis zur Wasserlinie, und hundert kamen
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