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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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die Stadt unternahm, häufig mit Simon, dem Schweigsamen. Simon lernte außerdem das Mixen von Drinks, da Joshua Marsh eröffnet hatte, er beabsichtige ihn auf der Fahrt nach New Orleans nachts als Barkeeper einzusetzen.
    Marsh traf seinen Partner regelmäßig beim Abendessen, welches Joshua York gewöhnlich in der Hauptkabine mit den anderen Offizieren einnahm, ehe er sich in seine eigene Kabine oder in die Bibliothek zurückzog, um die Zeitungen zu lesen. Diese wurden ihm jeden Tag frisch von den einlaufenden Raddampfern paketeweise geliefert. Einmal kündigte York an, daß er in die Stadt gehen wolle, um sich die Aufführung einer Schauspielertruppe anzusehen. Er lud Abner Marsh und die anderen Offiziere ein, ihn zu begleiten, aber Marsh hatte keine Lust, daher ging York mit Jonathon Jeffers zu der Vorstellung. »Gedichte und Theaterstücke«, meinte Marsh grollend zu Hairy Mike Dunne, während die beiden sich auf den Weg machten, »man fragt sich wirklich, wie weit es mit diesem verdammten Fluß schon gekommen ist.« Später begann Jeffers, Joshua York das Schachspiel beizubringen.
    »Er ist ganz schön aufgeweckt, Abner«, berichtete Jeffers Marsh ein paar Tage später, am Morgen ihres achten Tages in St. Louis.
    »Wer?«
    »Nun, Joshua York natürlich. Ich hab’ ihm vor zwei Tagen die Züge erklärt. Gestern abend traf ich ihn im Salon, wo er die Züge eines Spiels von Morphy nachspielte, das in einer der New Yorker Zeitungen abgedruckt war, die er bezieht. Ein seltsamer Mann. Was wissen Sie von ihm?«
    Marsh runzelte finster die Stirn. Er wollte nicht, daß die Leute wegen Joshua York zu neugierig wurden; das war schließlich ein Teil ihrer Abmachung. »Joshua hat wenig Lust, über sich selbst zu reden. Ich frage ihn auch nicht. Ich finde, die Vergangenheit eines Mannes geht mich nichts an. Sie sollten die gleiche Haltung einnehmen, Mister Jeffers. Mehr noch, gewöhnen Sie sie sich tunlichst an.«
    Der Zahlmeister zog die dünnen dunklen Augenbrauen zusammen. »Wenn Sie meinen, Cap’n«, entgegnete er. Aber in seinem Gesicht spielte ein kühles Lächeln, das Abner Marsh höchst beunruhigend fand.
    Jeffers war nicht der einzige, der Fragen stellte. Auch Hairy Mike kam zu Marsh und berichtete, daß die Schauerleute und die Heizer über York und seine vier Gäste ein paar seltsame Geschichten verbreiteten, und ob Marsh wolle, daß er sich einmal darum kümmerte und etwas dagegen tat.
    »Was für ein Gerede ist das?«
    Hairy Mike zuckte vielsagend die Achseln. »Darüber, daß er nur nachts herauskommt. Auch über seine komischen Freunde. Sie kennen Tom, der den mittleren Backbordkessel heizt? Er erzählt eine ganz wilde Geschichte - er sagt, daß es an dem Abend geschah, als wir Louisville verließen, nun, Sie erinnern sich sicher, wie dicht die Moskitoschwärme waren, also, Tom erzählt, daß er den alten Simon unten auf dem Hauptdeck sah, wie er sich die Gegend anschaute, als ein Moskito auf seiner Hand landete; er erwischte das Biest mit der anderen Hand. Zerquetschte es. Und Sie wissen ja, wie prall die Moskitos sich manchmal vollsaugen, daß alles voller Blut ist, wenn man sie totschlägt. Tom meint, daß sei auch bei dem Moskito auf Simons Handrücken so gewesen, der anschließend mit Blut verschmiert war, nachdem er den Moskito erwischt hatte. Dann, so erzählt Tom weiter, stand Simon da und starrte lange auf seine Hand, bis er sie hob, und Tom will verdammt sein, wenn Simon sie nicht abgeleckt hat.«
    Abner Marsh verzog zornig das Gesicht. »Sagen Sie Ihrem Tom, diesem Bengel, daß er aufhören soll, solche Schauermärchen zu verbreiten, oder er kann den mittleren Backbordkessel auf einem anderen Raddampfer heizen.« Hairy Mike nickte, schlug sich mit seinem Eisenknüppel in die andere Handfläche, daß es klatschte, und wandte sich zum Gehen. Aber Marsh hielt ihn auf. »Nein«, sagte er. »Warten Sie. Sagen Sie ihm, er soll seine Geschichten für sich behalten. Aber wenn er wieder etwas Sonderbares beobachten sollte, dann möge er zu mir oder zu Ihnen kommen. Bestellen Sie ihm, daß er sich damit einen halben Dollar verdienen kann.«
    »Für einen halben Dollar würde er nur lügen.« »Na schön, dann vergessen Sie den halben Dollar, aber bestellen Sie ihm den Rest.«
    Je länger Abner über Toms Geschichte nachdachte, desto mehr beunruhigte sie ihn. Er war nur froh, daß Joshua York Simon als Barkeeper einsetzen wollte, wo er sich in der Öffentlichkeit bewegte und wo man ihn im Auge behalten

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