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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Dingen, die wir tun müssen.« Sie wandte ihr Gesicht von Julian ab. Langsam, sanft, streckte Julian eine fahle Hand aus, berührte ihre Wange, strich in einer zärtlichen Liebkosung mit dem Finger an einer Gesichtsseite entlang, dann legte er ihr die Hand unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Bist du jetzt so ängstlich, Valerie? Muß ich dich daran erinnern, wer du bist? Hast du wieder mal zu viel auf Jean gehört? Ist er jetzt der Meister? Ist er Blutmeister?«
    »Nein«, antwortete sie; ihre tiefvioletten Augen waren größer als sonst, und ihre Stimme zitterte vor Angst. »Nein.«
    »Wer ist der Blutmeister, liebe Valerie?« fragte Julian. Seine Augen funkelten bedrohlich und schienen sie versengen zu wollen.
    »Du bist es, Damon«, flüsterte sie. »Du.«
    »Schau mich an, Valerie. Meinst du, ich müßte irgendwelche Geschichten fürchten, die von einer Sklavenbande erzählt werden? Was kümmert es mich, was sie über mich reden?«
    Valerie öffnete den Mund. Keine Worte drangen heraus.
    Zufrieden löste Damon Julian seinen Griff, mit dem er sie festgehalten hatte. Dort, wo seine Finger sich in ihr Fleisch gegraben hatten, waren rote Flecken zu erkennen. Er lächelte Sour Billy an, während Valerie sich zurückzog. »Was meinst du denn dazu, Billy?«
    Sour Billy starrte auf seine Füße und scharrte nervös damit. Er wußte, was er hätte sagen sollen, aber er hatte schon vor einiger Zeit nachgedacht, und es gab Dinge, die er Julian sagen mußte, die er aber gar nicht gerne hören würde. Er hatte es die ganze Zeit aufgeschoben, aber nun sah es so aus, als hätte er keine andere Wahl mehr, als den Mund aufzumachen. »Ich weiß nicht, Mister Julian«, meinte er zaghaft.
    »Du weißt nicht, Billy? Was weißt du nicht?« Die Stimme klang kalt und hatte einen drohenden Unterton.
    Sour Billy fuhr ohne Rücksicht auf Verluste fort. »Ich weiß nicht, wie lange wir noch so weitermachen können, Mister Julian«, sagte er mutig. »Ich hab’ darüber nachgedacht, und es gibt da Dinge, die mir nicht gefallen. Diese Plantage hier brachte viel Geld ein, als Garroux sie noch leitete, aber mittlerweile ist sie nahezu wertlos. Sie wissen, daß ich jeden Sklaven zum Arbeiten bringen kann, ich will verdammt sein, wenn ich das nicht kann, aber die, die tot sind oder weglaufen, kann ich kaum arbeiten lassen. Als Sie und Ihre Freunde damit anfingen, die Kinder aus den Baracken zu holen oder geeignete junge Frauen ins Haupthaus zu bringen, von wo sie nicht mehr zurückkehrten, fingen unsere Schwierigkeiten an. Seit mehr als einem Jahr hatten Sie keine Sklaven mehr, bis auf die hübschen Mädchen, und die bleiben auch nicht lange hier.« Er lachte nervös. »Wir ernten nichts mehr. Wir haben die halbe Plantage verkauft, die besten Parzellen Ackerland. Und diese schönen Frauen, Mister Julian, sind teuer. Wir sind in ernsten Geldschwierigkeiten.
    Und das ist noch nicht alles. Nigger zu töten, ist die eine Sache, aber sich auch an Weißen zu vergreifen, um den Durst zu stillen, das ist gefährlich. Nun, in New Orleans ist es vielleicht nicht so schlimm, aber Sie und ich, wir wissen genau, daß Cara Henri Cassands Jungen umgebracht hat. Und der ist ein Nachbar von uns, Mister Julian. Alle wissen, daß hier seltsame Dinge vorgehen; wenn jetzt auch noch deren Sklaven und sogar deren Kinder sterben, dann kommen große Probleme auf uns zu.«
    »Probleme?« fragte Damon Julian. »Wir zählen fast zwanzig Leute, dich mitgerechnet. Was kann das Vieh uns da antun?« »Mister Julian«, sagte Sour Billy, »was ist, wenn sie bei Tag kommen?« Julian winkte lässig ab. »Das wird nicht geschehen. Wenn doch, dann werden wir mit ihnen so verfahren, wie sie es verdienen.«
    Sour Billy verzog das Gesicht. Julian brauchte sich keine großen Sorgen zu machen, denn er selbst, Sour Billy, war es, der das größte Risiko einging. »Ich denke, daß sie vielleicht recht hat, Mister Julian«, meinte er unglücklich. »Ich finde, wir sollten woanders hingehen. Wir haben diesen Ort völlig ausgesaugt. Hier zu bleiben ist zu gefährlich.«
    »Ich fühle mich hier wohl, Billy«, widersprach Julian. »Ich ernähre mich von dem Vieh. Ich laufe nicht davor weg.«
    »Dann zum Geld. Woher sollen wir noch Geld bekommen?«
    »Unsere Gäste haben Pferde hinterlassen. Bring sie morgen nach New Orleans, und verkauf sie dort. Sieh zu, daß sie nicht auffallen. Du kannst auch noch etwas von dem Land verkaufen. Neville von der Bayou Cross wird sicherlich noch

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