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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Liebesgeschichten von wunderschönen schwarzstrahlenden Prinzessinnen.»
    «Ich will nach Südamerika.»
    Er hatte die zähe jüdische Hartnäckigkeit.
    «Komm runter, wir trinken was.»
    «Mußt du nicht arbeiten?»
    «Nein», sagte ich. Wir gingen die Treppe hinunter bis zum Café im Erdgeschoß.
    Ich hatte es ausprobiert, das war die beste Art, seine Freunde loszuwerden. Nachdem man erst mal was getrunken hatte, brauchte man nur zu sagen: «Gott, ich muß rauf, ich muß noch ein paar Depeschen abschicken», und die Sache war erledigt. Es ist sehr wichtig im Zeitungsgewerbe, sich so elegante Abgänge zu verschaffen, da ein wesentlicher Teil unserer Berufsmoral darin besteht, daß man nie zu arbeiten scheint. Wie dem auch sei, wir gingen hinunter in die Bar und tranken Whiskey-Soda. Cohn besah sich die Flaschen, die in Kisten an den Wänden entlang standen.
    «Nett ist es hier», meinte er.
    «‘ne ganze Menge Alkohol», stimmte ich zu.
    «Hör mal, Jake.» Er lehnte sich über die Bar. «Hast du denn nie das Gefühl, daß dein ganzes Leben so vorübergeht und daß du nicht genügend davon hast? Weißt du, daß du dein halbes Leben beinahe schon hinter dir hast?»
    «Ja, hin und wieder.»
    «Weißt du, daß wir in ungefähr 35 Jahren tot sind?»
    «Und wenn schon, verdammt noch mal, Robert, und wenn schon.»
    «Ich mein’s ganz ernst.»
    «Darüber mache ich mir keine Gedanken.»
    «Du müßtest aber.»
    «Ich habe mir schon Gedanken genug um alles mögliche gemacht. Jetzt bin ich darüber weg.»
    «Auf jeden Fall will ich nach Südamerika.»
    «Hör mal, Robert, das macht doch nicht den geringsten Unterschied, ob du in ein anderes Land reist oder nicht. Hab ich alles versucht. Ortswechsel hilft dir noch lange nicht aus deiner Haut. Hat gar keinen Zweck.»
    «Aber du warst noch nie in Südamerika.»
    «Zum Teufel mit Südamerika. Wenn du in deiner heutigen Gemütsverfassung hinreist, würde es genauso sein wie hier. Dies Paris ist schon sehr nett. Warum fängst du nicht an, dein Leben hier zu leben?»
    «Mir hängt Paris und das ganze Quartier zum Halse raus.»
    «Komm doch nicht mehr ins Quartier. Bummle doch mal allein rum und sieh zu, was dir passiert.»
    «Mir passiert nichts. Gestern nacht bin ich ganz allein rumgelaufen, und nichts ist passiert, als daß eine Radfahrpatrouille mich angehalten hat, um meine Papiere zu kontrollieren.»
    «War die Stadt nicht schön bei Nacht?»
    «Ich mache mir nichts aus Paris.»
    Also da waren wir wieder. Er tat mir leid, aber ihm war nicht zu helfen, weil man immer wieder gegen die gleichen Wände anrannte. Südamerika konnte alles ins richtige Gleis bringen, und Paris konnte er nicht ausstehen. Die erste Idee hatte er aus einem Buch und die zweite sicherlich auch.
    «Na», sagte ich, «ich muß wieder rauf, ich hab noch ein paar Depeschen abzuschicken.»
    «Mußt du wirklich gehen?»
    «Ja, ich muß die Depeschen abschicken.»
    «Stört’s dich, wenn ich mit raufkomme und ein bißchen im Büro rumsitze?»
    «Nein, komm nur.»
    Er saß im Vorzimmer und las die Zeitung. Der Chefredakteur, der Herausgeber und ich arbeiteten angestrengt zwei Stunden lang.
    Dann sortierte ich die Durchschläge aus, legte ein Begleitschreiben hinzu, steckte das Zeug in ein paar große Umschläge und klingelte nach einem Jungen, der es nach der Gare Saint-Lazare bringen sollte. Ich ging ins andere Zimmer und fand Robert Cohn eingeschlafen in einem Sessel. Sein Kopf lag auf seinen Armen. Ich weckte ihn ungern, aber ich wollte das Büro zuschließen und weggehen. Ich legte meine Hand auf seine Schulter. Er schüttelte den Kopf. «Ich kann es nicht», sagte er und steckte den Kopf noch tiefer zwischen die Arme. «Ich kann es nicht; niemand und nichts wird mich dazu bringen.»
    «Robert», sagte ich und schüttelte ihn an der Schulter. Er sah auf. Er lächelte und blinzelte.
    «Ich hab wohl im Schlaf gesprochen?»
    «Etwas, war aber unverständlich.»
    «Gott, was für ein verrückter Traum.»
    «Die Schreibmaschine hat dich wohl richtig schläfrig gemacht?»
    «Wahrlich, ich hab gestern die ganze Nacht kein Auge zugetan.»
    «Was war denn los?»
    «Unterhalten», sagte er.
    Ich konnte es mir lebhaft vorstellen. Ich habe eine niederträchtige Manier, mir die Schlafzimmerszenen meiner Freunde auszumalen. Wir gingen ins Café Napolitain, um einen Aperitif zu trinken und dem abendlichen Treiben auf dem Boulevard zuzusehen.

3
    Es war eine warme Frühlingsnacht, und ich saß, nachdem Robert fortgegangen

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