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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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worden wäre. Es ödete mich an. Gerade da rief jemand aus dem anderen Zimmer: «Barnes! Hallo, Barnes! Jacob Barnes!»
    «Ein Freund von mir», erklärte ich und ging hinaus.
    Drinnen saß Braddocks in großer Gesellschaft am Tisch. Cohn, Frances Clyne, Mrs. Braddocks und ein paar Leute, die ich nicht kannte.
    «Du kommst doch mit zum Tanzen, nicht?» fragte Braddocks.
    «Wohin?»
    «Wissen Sie nicht, daß wir die Tanzabende wieder eingeführt haben?» warf Mrs. Braddocks ein.
    «Sie müssen mit, Jake. Wir gehen alle», sagte Frances vom anderen Ende des Tischs. Sie war groß und lächelte.
    «Natürlich kommt er mit», sagte Braddocks. «Komm doch rein, Barnes, und trink deinen Kaffee bei uns.»
    «Schön.»
    «Und bringen Sie nur Ihre Freundin mit», sagte Mrs. Braddocks lachend. Sie war Kanadierin und besaß all deren liebenswürdige, gesellige Leichtigkeit.
    «Danke, dann kommen wir gleich», sagte ich und ging in das kleine Zimmer zurück.
    «Wer sind deine Freunde?» fragte Georgette.
    «Schriftsteller und Künstler.»
    «Davon gibt es massenhaft auf dieser Seite der Seine.»
    «Zu viele.»
    «Finde ich auch. Aber manche machen immerhin Geld.»
    «O ja.»

    Wir beendeten unsere Mahlzeit und unseren Wein. «Komm», sagte ich, «wir wollen unseren Kaffee mit den anderen trinken.»
    Georgette öffnete ihre Handtasche, guckte in ihren kleinen Spiegel, fuhr ein paarmal mit der Puderquaste über ihr Gesicht, zog ihre Lippen mit dem Lippenstift nach und rückte ihren Hut zurecht.
    «Gut», sagte sie.
    Wir gingen ins Nebenzimmer, das voller Leute war, und Braddocks und die anderen Männer am Tisch standen auf.
    «Darf ich Ihnen meine Braut, Mademoiselle Georgette Leblanc, vorstellen?» sagte ich. Georgette lächelte ein bezauberndes Lächeln; wir schüttelten allen die Hand.
    «Sind Sie mit Georgette Leblanc, der Sängerin, verwandt?» fragte Mrs. Braddocks.
    «Kenne ich nicht», sagte Georgette.
    «Aber Sie haben doch denselben Namen.» Mrs. Braddocks bestand freundschaftlich darauf.
    «Nein», sagte Georgette. «Gar nicht. Ich heiße Hobin.»
    «Aber Mr. Barnes hat Sie doch als Mademoiselle Leblanc vorgestellt. Aber ganz gewiß», Mrs. Braddocks bestand darauf; wahrscheinlich hatte sie in der Aufregung, Französisch zu sprechen, gar keine Ahnung von dem, was sie sagte.
    «Er ist ein Clown», sagte Georgette.
    «Ach, es war also ein Spaß», sagte Mrs. Braddocks.
    «Ja», sagte Georgette. «Zum Lachen.»
    «Henry, hast du das gehört?» rief Mrs. Braddocks ihrem Mann über den Tisch zu. «Mr. Barnes hat seine Braut als Mademoiselle Leblanc vorgestellt, aber in Wirklichkeit heißt sie Hobin.»
    «Natürlich, Liebling. Ich kenne Mademoiselle Hobin schon lange.»
    «Oh, Mademoiselle Hobin», rief Frances Clyne. Sie sprach sehr schnell Französisch und schien gar nicht so stolz und erstaunt wie Mrs. Braddocks über die Tatsache, daß wirklich Französisch rauskam. «Sie sind schon lange in Paris? Sind Sie gern hier? Nicht wahr, Sie lieben Paris?»
    «Wer ist das?» wandte sich Georgette an mich. «Muß ich ihr antworten?»
    Sie wandte sich an Frances, die lächelnd, mit gefalteten Händen, den Kopf abwägend auf ihrem langen Hals wiegend, mit gespitzten Lippen dasaß und bereit war, von neuem loszulegen.
    «Nein, ich mag Paris gar nicht. Es ist teuer und schmutzig.»
    «Wirklich? Ich finde es so außerordentlich sauber. Eine der saubersten Städte in Europa.»
    «Ich finde es schmutzig.»
    «Wie merkwürdig! Aber vielleicht sind Sie noch nicht lange genug hier?»
    «Lange genug.»
    «Aber es gibt doch furchtbar nette Leute hier. Das müssen Sie zugeben.»
    Georgette wandte sich schnell an mich. «Du hast nette Freunde.»
    Frances war ein wenig betrunken und hätte die Unterhaltung gern fortgesetzt, aber der Kaffee kam und Lavigne mit den Likören, und dann brachen wir alle nach Braddocks’ Tanzclub auf.
    Das Tanzlokal war ein bal musette in der Rue de la Montagne Sainte-Genevieve. Fünf Abende in der Woche tanzten dort die Arbeiter aus dem Pantheon-Viertel. Einen Abend war es Tanzclub. Montags war geschlossen. Als wir hinkamen war kein Mensch da, außer einem Polizisten, der an der Tür saß, der Frau des Besitzers hinter der Theke und dem Besitzer selbst. Die Tochter des Hauses kam herunter, als wir hereinkamen. Lange Tische und Bänke standen quer durchs ganze Zimmer und am anderen Ende war der Tanzboden.
    «Die Leute könnten auch wirklich früher kommen», sagte Braddocks. Die Tochter kam heran und fragte, was wir

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