Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
Vom Netzwerk:
Anfangs äußerten sie sich lediglich als Gefühle. Man schaute irgendetwas an, einen Teppich oder eine Obstschale, und mit einem Mal schienen sich die Farben zu verändern. Sie wurden heller, lebhafter, satter. Plötzliche Wellen der Trauer, Aufregung oder Liebe erfassten einen ohne ersichtlichen Grund. Mehrmals wurden Barone bei sehr unmännlichen Weinkrämpfen ertappt.
    Es ähnelte der Wirkung von Drogen, aber ich hatte gar keine genommen. Ich weiß noch, wie ich eines Abends im Bett lag und Düfte wahrgenommen habe, einen nach dem anderen. Zimt, Jasmin, Kardamom und etwas – etwas Wunderbares, Undefinierbares, das ich nicht einordnen konnte. Gemälde veränderten sich, während ich daran vorbeiging. Nur die Hintergründe. Die Wolken bewegten sich, oder der Himmel verwandelte sich, und aus Tag wurde Nacht.
    Dann sah ich eines Tages beim Abendessen ein Jagdhorn vor mir in der Luft schweben. Einige der anderen sahen es auch. Und als ich eines Nachts die Badezimmertür öffnete, lag dahinter dichter Wald. Völlig egal, wenn man mal pinkeln muss, nehme ich an, aber trotzdem. Es hat mich völlig aus dem Konzept gebracht.
    Eine Weile habe ich befürchtet, verrückt zu werden, regelrecht wahnsinnig, bis der Baum erschien. Ein Uhrenbaum wuchs plötzlich mitten im Thronsaal, durch den Teppich, am helllichten Tag. Und zwar auf einmal, vor den Augen des gesamten Hofstaats. Dann stand er da, ganz still, wie eine Halluzination, tickend und leicht schwankend vom schnellen Aufschießen. Als wolle er sagen: So, hier bin ich. Macht, was ihr wollt.
    Da wusste ich, dass nicht ich verrückt geworden war, sondern Fillory.
    Ich kann euch sagen, ich fand die ganze Sache mehr als nur ein bisschen beunruhigend. Ich wurde gerufen, wisst ihr, aber ich hatte nicht die geringste Lust, dem Ruf zu folgen. Ich weiß, welche Anziehungskraft solche Dinge auf dich ausüben, Quentin, Kreuzzüge, König Artus und so weiter. Aber das gilt nur für dich. Nimm’s mir nicht übel, aber ich fand das immer ein bisschen kindisch, etwas für kleine Jungs. Schweißtreibend, anstrengend und nicht sehr elegant, wenn du weißt, was ich meine. Ich brauchte keinen Ruf, um mich als etwas Besonderes zu fühlen, das tat ich ohnehin schon. Ich bin klug, reich und gutaussehend. Ich war vollkommen glücklich, mit jeder Faser zufrieden inmitten meines luxuriösen Überflusses.«
    »Das hast du schön gesagt«, bemerkte Quentin. Eliot musste diese Rede schon mehrmals gehalten haben.
    »So, und dann wetzte auf einmal der verdammte Sehende Hase durchs Zimmer, mitten während unserer Nachmittagssitzung. Hat das Whiskeyservice zerdeppert und einen meiner sensibleren Protegés halb zu Tode erschreckt. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Am nächsten Morgen habe ich meine Jagdmeister rufen lassen, ein Pferd gesattelt und bin allein in den Königinnenforst aufgebrochen. Du weißt, ich bin sonst nie allein unterwegs, so wie früher, aber solche Unternehmungen folgen einem bestimmten Protokoll, und nicht einmal der Oberkönig – ich nehme an, ganz besonders nicht der Oberkönig – ist davon ausgenommen.«
    »Der Königinnenforst«, seufzte Quentin. »Du willst mir doch nicht etwa erzählen …«
    »Doch, genau das will ich.« Eliot trank seinen Wein aus, und ein langgliedriger junger Mann mit rasiertem Schädel füllte den Pokal nach, ohne dass Eliot zu fragen brauchte. »Ich bin zu deiner lächerlichen Wiese zurückgeritten, der runden. Tja, du hattest völlig recht, als du sie betreten wolltest. Letzten Endes hat dort das Abenteuer auf uns gewartet.«
    »Ich hatte recht!«, sagte Quentin niedergeschlagen. Er starrte auf seine Hände. »Kaum zu glauben, ich hatte recht!«
    Wenn er nicht so müde und leicht betrunken gewesen wäre, hätte es ihn vielleicht nicht so sehr getroffen. Doch in dieser Situation erfüllte ihn die Nachricht mit – ja, womit eigentlich? Er dachte, er hätte eine Lektion über das Leben gelernt, und dann stellte sich heraus, dass es die falsche gewesen war. Das richtige Abenteuer hatte vor seiner Nase gelegen, doch er hatte sich abgewandt. Wenn ein Held zu sein bedeutete, dass man sein richtiges Stichwort erkannte, wie es in irgendeinem Märchen hieß, hatte er seinen Einsatz verpasst. Stattdessen hatte er drei Tage lang für nichts und wieder nichts auf der Erde rumgehampelt und wäre beinahe für immer dort hängen geblieben, während Eliot zu einer wahren Heldenfahrt aufgebrochen war.
    »Es war richtig«, fuhr Eliot fort. »Statistisch,

Weitere Kostenlose Bücher