Film ab im Internat
schade, dass ich nichts hören kann“, murmelt Carlotta, während sie auf Videofunktion umschaltet und Jonas’ Auftritt filmt. Nur einzelne Sprachfetzen dringen zu ihr herüber. Aber die sind leider nicht deutlich genug, um sie zu verstehen. Auf jeden Fall schimpft Jonas wie ein Rohrspatz und scheint mit der Auswahl der Filmgarderobe ganz und gar nicht einverstanden zu sein.
Carlotta bemerkt, dass er unter dem Angleroutfit seine normale Alltagskleidung getragen hat: ein geringeltes T-Shirt und die zerschlissene Lieblingsjeans. Seine Füße sind nackt. Er zeigt an sich herunter, dann in den Himmel und auf den See und verschränkt anschließend mit grimmiger Miene beide Arme vor der Brust.
Herr Dunker hat unterdessen sein Fitnessprogramm wieder aufgenommen und trabt Runde um Runde um das Geschehen herum. Carlotta vermutet, dass er seine Muskeln warm halten will. Niemand achtet auf den schlaksigen Lehrer. Nur ein aufgescheuchter Tontechniker bringt vorsichtshalber seine Gerätschaften aus der Umlaufbahn des Spargels und schüttelt leicht den Kopf.
Maria, der Requisiteur und der Regisseur wechseln ein paar Worte. Schließlich nickt der Regisseur widerwillig. Jonas grinst. Es sieht aus, als hätte er seinen Willen bekommen. Die Anglersachen werden weggelegt. Jonas bekommt eine Angel und einen Eimer in die Hände gedrückt.
Gemächlich schlendert er zum See, setzt sich auf einen großen Stein, krempelt die Hosenbeine hoch und pfeift vergnügt vor sich hin.
Mehr denn je erinnert er Carlotta an Huck Finn. Der hat auch so einen Dickschädel und lässt sich von niemandem etwas vorschreiben.
Endlich bekommt nun auch der Spargel seine Instruktionen und wird auf die Joggingstrecke rund um den See geschickt.
Carlotta kennt den Pfad und jede einzelne seiner Kurven in- und auswendig. Fast in jeder Sportstunde müssen sie ihn bis zur Erschöpfung entlangtraben.
Während der Spargel sich auf die Socken macht, wird das Fischernetz bereitgelegt. Der laute Ruf „Achtung, Aufnahme! Klappe, die Erste!“ hallt über den See.
Herr Woelki wirft ein paar Leckerbissen unter das Netz und lässt Anton und Herrn Borstelmann frei. Ohne zu zögern, machen sich die Schweinchen an die Arbeit und pflügen mit ihren Schnauzen unter das Netz, um an die Leckerlis heranzukommen.
Carlotta beobachtet alles durch den Zoom ihrer Kamera und filmt gleichzeitig mit, obwohl sie sich nicht sicher ist, ob das überhaupt erlaubt ist. Sie sieht, dass Jonas sich auf seinem Stein lang ausgestreckt hat und ein Nickerchen hält.
Am Drehort ist inzwischen die gute Bella aufgetaucht und versucht hektisch, die Ferkel zu befreien. Sie zerrt an dem Netz, buddelt rundherum die Erde auf, läuft hin und her und bellt aufgeregt. Obwohl sie ein Heidentheater macht, schaut Jonas nur kurz auf.
In der Ferne nähert sich währenddessen der himmelblaue Trainingsanzug des Spargels.
„Jetzt geht’s los“, sagt Carlotta leise kichernd. „Achtung, Action!“
Wie im Drehbuch vorgesehen, stoppt der Spargel seine Laufrunde bei Bella und dem Schweinenetz. Der helle Labrador umkreist ihn, stupst ihn an und wedelt mit dem Schwanz. Der Spargel betrachtet zuerst Bella, dann die Schweine, die sich mittlerweile prächtig verwickelt haben, und kratzt sich am Kopf. Dann sieht er sich hilfesuchend um, kratzt sich erneut am Kopf und trabt mit Bella einmal um die gefangenen Schweinchen herum. Schließlich bleibt er stehen, streckt eine Hand aus und zupft halbherzig an dem Netz.
Es sieht zum Wiehern aus, findet Carlotta. Als hätte er Angst, die Minischweine könnten ihn anfallen.
„Zu Hilfe!“, hört sie den Spargel rufen. „Ist da jemand? Hilfe! Hier sind Tiere in Not!“
Perfekt!, denkt Carlotta. Ihre Kamera nimmt die lauten Rufe problemlos auf. Das wird das Video des Tages!
Jonas richtet sich auf und wendet sich langsam der Kamera und dem Spargel zu. Der hüpft mittlerweile auf der Stelle und rudert dabei wild mit den Armen.
Nach endlos scheinenden Sekunden bequemt Jonas sich endlich, aufzustehen und zu ihm zu gehen. Und dann passiert plötzlich alles auf einmal.
Jonas gelingt es, Anton und Herrn Borstelmann mit Hilfe seines Anglermessers aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Bella gerät darüber derartig aus dem Häuschen, dass sie am Spargel hochspringt, um ihm dankbar das Gesicht abzulecken, was diesen so entsetzt, dass er kurzerhand die Flucht in Richtung See ergreift.
Bella sprintet begeistert hinter ihm her und schnappt spielerisch nach seinen langen, dünnen
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