Film ab im Internat
klingt.
In dem Barbie-Zimmer tut sich etwas. Carlotta kann gedämpfte Stimmen und Flüstern hören. Schnell verbirgt sie sich mit Manu und Sofie in der dunklen Nische und knipst ihre Taschenlampe aus.
Die Zimmertür wird ganz langsam einen Spalt geöffnet.
„Ist da jemand?“, fragt eine ängstliche Stimme. „Halloo?“
Carlotta hält sich die Nase zu, um nicht loszuprusten.
Die Tür wird wieder geschlossen. Wenig später hört man ein scharrendes Geräusch. Es poltert. Dann wird etwas über den Boden gezogen. Jemand flucht unterdrückt.
„Die schieben einen Stuhl vor die Tür“, raunt Manu. „Oder eine Kommode. Wetten?“
Carlotta und Sofie kichern.
„Lasst uns umkehren“, flüstert Carlotta. „Ich krieg langsam kalte Füße.“
„Okay.“
Im Vorbeigehen schrappt Manu noch einmal mit den Nägeln über die Tür. Aus dem Barbie-Zimmer kommt ein spitzer Schrei.
Kurz darauf liegt Carlotta mit klopfendem Herzen in ihrem Bett. Sie hat sich die Decke bis zu den Ohren gezogen, gähnt und grinst. Das war so cool!
„Gute Nacht“, flüstert sie den anderen zu.
„Nacht“, wispert Manu. „Schlaft schön!“
„Bonne nuit“, sagt Sofie.
Im Zimmer wird es still. Carlotta beruhigt ihren Herzschlag, schließt die Augen und schläft mit einem Lächeln um die Mundwinkel ein.
„Wir fangen mit deiner Szene an, Carlotta“, sagt Maria ein paar Stunden später und drückt ihr schwungvoll den grünen Stoffpapagei in die Hand.
Carlotta hat sich nur mühsam und unter Aufbietung allergrößter Willensanstrengung aus ihrem warmen Bett gewühlt und ist ohne Frühstück, verstrubbelt und verschlafen zum Kutschenhaus getrabt.
Jetzt, zehn Minuten später, ist sie immer noch nicht richtig wach – im Gegensatz zu den Filmleuten, die sogar um diese frühe Uhrzeit schon fit und munter sind.
Carlotta gähnt und staunt.
Die Morgensonne ist gerade erst aufgegangen. Leichte Nebelschleier ziehen über den spiegelglatten See. Im Gras glitzert der Morgentau, und die Luft ist noch kühl. Trotzdem herrscht rund um das Kutschenhaus bereits geschäftiges Treiben.
„Müssen wir wirklich noch mal mit dem Plüschpapagei üben?“ Carlotta unterdrückt ein weiteres Gähnen. Sie hat das Gefühl, höchstens eine halbe Stunde geschlafen zu haben. Wenn überhaupt.
„Hast du deinen Text drauf?“, fragt Maria skeptisch.
Carlotta nickt. Sie kann ihren Vierzeiler inzwischen vorwärts und rückwärts aufsagen; zur Not auch im Halbschlaf, so wie jetzt.
„Na gut“, nickt Maria. „Dann drehen wir gleich mit Paula. Wir können uns weitere Verzögerungen im Drehplan nicht leisten. Wir sind sowieso schon in Verzug.“
Kann ich doch nichts für, will Carlotta erwidern. Sie schluckt es herunter und gähnt stattdessen noch einmal.
Urs Woelki begrüßt sie fröhlich. Auf seiner Schulter sitzt Paula und plustert sich auf.
„Grüezi“, sagt sie, als sie Carlotta sieht.
„Selber grüezi“, antwortet Carlotta. Sie hält dem Papagei ihre Hand hin. Paula klettert darauf und mustert sie aus ihren klugen Knopfaugen. Carlotta krault ihr vorsichtig das Gefieder.
„Auf geht’s!“, ruft der Aufnahmeleiter.
Carlotta atmet tief durch, zählt bis drei und folgt ihm in das Kutschenhaus, wo die Sprechstundenhilfe schon auf sie wartet.
Die Szene ist blitzschnell im Kasten. Carlotta spult ihren Text fehlerfrei herunter. Paula bleibt brav sitzen. Alle sind zufrieden.
„Wollen wir gleich weiterdrehen?“, fragt der Regisseur. „Wir haben noch zwei Szenen mit dir und Paula, dann wärst du für heute fertig.“
„Klar“, nickt Carlotta. „Von mir aus gerne.“
In der nächsten Szene muss sie nicht sprechen, sondern nur mit Paula auf der Schulter im Wartezimmer sitzen, in einer Zeitschrift blättern und darauf warten, dass sie in die Sprechstunde gerufen wird.
Alles klappt ganz wunderbar, aber der Regisseur lässt die Aufnahme trotzdem mehrfach wiederholen. Beim ersten Mal passt ihm das Licht nicht, beim zweiten Mal hält Carlotta die Zeitschrift verkehrt herum. Erst beim dritten Versuch ist er zufrieden.
Vor der dritten Szene gibt es eine kurze Pause. Herr Woelki füttert Paula, Carlotta bekommt einen Becher Tee und ein halbes Käsebrötchen in die Hand gedrückt. Sie nutzt die Gelegenheit und liest sich ihren Text noch einmal in Ruhe durch.
Wenn Katie wüsste, dass ich die nächste Szene mit Tim Fröhlich spiele, würde sie vor Aufregung wahrscheinlich sterben, denkt Carlotta und grinst. Es ist zwar nur ein ganz kleiner Miniauftritt,
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