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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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»Ich liebe Eure Nase!«
    Dunkles Rot überzog ihre Wangen.
    Â»Los jetzt. Ab mit Euch!«
    Jacop grinste breit. Er machte auf dem nackten Absatz kehrt und sah
zu, dass er Land gewann.
    Richmodis schaute ihm nach, die Hände in die Hüften gestemmt. Ein
hübscher Bursche, dachte sie. Dann fiel ihr ein, dass sie zu gerne in sein Haar
gefasst hätte. Schade, dass er nicht zurückkommen würde. Kerle wie er waren
niemandem verpflichtet außer sich selber. Der würde seinen roten Schopf so bald
nicht wieder durch die Bach tragen.
    Melancholisch bis vergnügt ging sie zurück ans Wasser, gewaltig im
Irrtum.
    Rheingasse
    Die alte Frau saß im
Schatten. Nur das Relief ihrer Hände hob sich fahl vom schwarzen Samt des Kleides
ab, seltsam bizarr im schräg einfallenden Licht der Nachmittagssonne.
    Der Raum, in dem sie saß, war groß und hoch. Er lag im ersten Stock
und verfügte an der nördlichen Längsseite über fünf eng beieinanderliegende
Arkadenfenster zur Straße hin. Bis auf die prachtvollen Wandteppiche an der
Rückfront und den Seitenwänden enthielt er fast kein Mobiliar. Lediglich ein
wuchtiger, schwarzer Tisch und einige Lehnstühle verliehen ihm eine Andeutung
von Wohnlichkeit. Im Allgemeinen wurde er als Festsaal oder für offizielle
Zusammenkünfte benutzt.
    Rechts von der alten Frau saß ein Mann Ende vierzig und trank Wein
aus einem gehämmerten Pokal. Ein jüngerer stand reglos neben ihm. Im Türrahmen
lehnte Mathias und fixierte nachdenklich einen Burschen Anfang zwanzig, der mit
unruhigen Schritten den Raum entlang der Fensterfront durchmaß und schließlich
vor dem Sitzenden stehen blieb.
    Â»Gerhard wird schweigen«, sagte er.
    Seine Stimme war ein einziges Flehen.
    Â»Ich bezweifle nicht, dass er schweigen wird«, entgegnete der Mann
mit dem Pokal nach längerer Pause, während der nichts als das rasselnde Keuchen
der Alten zu hören war. »Ich frage mich nur, wie lange.«
    Â»Er wird schweigen!«, wiederholte der Bursche eindringlich.
    Mathias stieß sich vom Türrahmen ab und ging langsam in die Mitte
des Raumes.
    Â»Kuno, wir alle wissen um Eure Freundschaft mit dem Meister. Ich bin
ebenso wie Ihr der Überzeugung, dass Gerhard keinen von uns verraten wird. Er
hat mehr Ehre im kleinen Finger als sämtliche Pfaffen in ihren klerikalen
Bälgern.« Er blieb vor dem Jungen stehen und sah ihm geradeheraus in die Augen.
»Aber was ich glaube, muss nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen. Wir haben
alles zu gewinnen, aber auch alles zu verlieren.«
    Â»In ein paar Tagen wird ohnehin alles ausgestanden sein«, sagte Kuno
beschwörend. »Gerhard wird bis dahin nichts unternehmen, was uns schaden
könnte.«
    Â»Und hernach?« Der andere junge Mann, der bis dahin geschwiegen
hatte, trat neben dem Lehnstuhl hervor und ballte wütend die Faust. »Was nützt
uns alle Umsicht, wenn wir dann das Gelingen unseres Planes auf dem Rad
bedauern dürfen, mit zerschmetterten Knochen, derweil sich die Raben an unseren
Augen gütlich tun? Ha, und an Euren, Kuno! Sie werden Euch die verträumten
Äuglein aus den Höhlen picken, die mit der Blödheit eines Neugeborenen die Welt
betrachten.«
    Â»Genug, Daniel.« Der Ältere hob die Hand.
    Â»Genug?« Daniel ließ seine Faust auf die Tischplatte krachen.
»Während dieser sentimentale Narr uns alle dem Verderben preisgibt?«
    Â»Ich sagte, es ist genug!«
    Â»Hör auf deinen Vater«, sagte Mathias beschwichtigend. »Wir dienen
unserer Sache nicht mit Streit. Mir reicht es, einen Esel wie Heinrich in
unseren Reihen zu wissen.«
    Â»Das war ja nun mal nicht zu vermeiden«, brummte Daniel.
    Â»Manchmal können auch Dummköpfe von Nutzen sein«, gab Mathias zu
bedenken. »Und sein Gold ist ein wertvoller Verbündeter. Du siehst also, ich
hadere nicht mit den Unwägbarkeiten des Schicksals. Allerdings«, er legte den
Zeigefinger an die Lippen, wie er es zu tun pflegte, wenn er sich einer Sache
nicht hundertprozentig sicher war, »müssen wir Gerhards Vertrauen suchen.«
    Â»Wir haben es«, sagte Kuno leise.
    Â»Wir haben einen Dreck«, schrie Daniel.
    Â»Schluss jetzt!« Der ältere Mann sprang auf und knallte seinen Pokal
auf den Tisch. »Benutzt gefälligst Euren Grips statt Eurer Trompeten, es kommen
mir da zu viele Misstöne heraus. Wo liegt denn das Problem? Wir

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