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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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das, was er in sich hasst, was er als schmutzig empfindet. Das, was man gemeinhin mit dem Weiblichen verbindet – Schwäche, Weichheit, die Tatsache, dass der Mann in die Frau eindringt –, genau das sind jene Elemente, vor denen der Killer sich fürchtet und die ihn mit Ekel und Scham erfüllen, da es die Elemente sind, die sich ihm in den Augenblicken der tiefsten Erniedrigung als Traumata eingebrannt haben.« Er faltete die Hände wie ein Priester. »Er fühlte sich als Frau, als er vergewaltigt und missbraucht wurde. Und um seine Psyche zu reinigen und seine Scham zu vergessen, versucht er, das Weibliche in sich zu töten ...«
    »... indem er gewissermaßen stellvertretend junge, attraktive Frauen ermordet«, vollendete Clara den Satz.
    »Ja. Jasmin Peters war sehr attraktiv«, sagte MacDeath. »Die Verkörperung des Weiblichen. Und falls es noch andere Opfer gibt, was ich befürchte, werden auch sie nicht hässlich gewesen sein. Sie durften es nicht sein, denn die weibliche Schönheit, die er tötet, ist gleichbedeutend mit der weiblichen Schwäche, die er in sich vernichten will.«
    Clara schaute auf die Papiere in ihrer Hand und blickte dann MacDeath an. »Eine Frage noch«, sagte sie.
    MacDeath lächelte wieder sein spitzbübisches Lächeln. »Jede, die Sie wollen«, sagte er. »Oder besser, fast jede.«
    Clara sah ihn an. »Warum ich?«
    MacDeath lächelte weiter. »Erlauben Sie die obligatorische Gegenfrage?«
    Clara zuckte die Schultern. »Muss ich ja wohl.«
    »Was sind Sie?«, fragte MacDeath.
    »Eine Frau, so wie die Opfer.«
    »Sind Sie selbst Opfer?«
    Claras Magen krampfte sich zusammen. »Wenn Sie den Mord an meiner Schwester meinen ... ja. Aber woher sollte er das wissen?«
    »Gehen wir davon aus, dass er es weiß«, sagte MacDeath. »Falls dem so ist, sieht er in Ihnen dreierlei: Erstens ein Opfer im Sinne einer Leidensgenossin, der zwar nicht direkt, aber indirekt Ähnliches angetan wurde wie möglicherweise ihm selbst.«
    »Und zweitens?«
    »Zweitens sind Sie ein Opfer im Sinne des Weiblichen. Ebenfalls attraktiv, falls mir die Bemerkung erlaubt ist, wenn auch nicht blond«, er kniff ein Auge zu, »und ebenfalls nicht direkt, aber indirekt, denn Sie können nicht verhehlen, dass es ihm Spaß macht, Sie mit seinen Grausamkeiten zu schockieren.«
    Clara dachte an das, was MacDeath vorhin gesagt hatte: Er ist ein wenig wie die Katze, die ihrem Frauchen ständig tote Mäuse auf die Terrasse legt.
    » Und drittens?«, fragte sie.
    »Gegenfrage«, sagte MacDeath. »Was sind Sie? Hier und jetzt?«
    »Hier und jetzt? LKA-Kommissarin.«
    »Richtig.« Er lehnte sich zurück. »Sie erinnern sich an das ›pädagogische Element‹ in seinem Tun? Er will Ihnen etwas zeigen, oder vielleicht auch der Welt. Er will Sie, vielleicht auch die Öffentlichkeit, teilhaben lassen an seinem Opferritus und seiner Katharsis. Denn je mehr Leute es sehen, desto sicherer kann er sich sein, dass er seinen eigenen Auftrag auf die bestmögliche Weise ausgeführt hat.« Er beugte sich vor. »Und wer könnte die Expertise eines professionellen Serienkillers besser beurteilen als eine Person, die indirekt eines seiner Opfer ist, da sie Ähnliches erlitten hat wie er selbst? Die zweitens ein Opfer ist, weil sie eine Frau ist? Und die drittens mit einer gewissen Kompetenz sein Tun beurteilen kann, weil es ihr Spezialgebiet ist?«
    Clara verschränkte die Arme. »Bin ich in Gefahr?«
    MacDeath wiegte den Kopf. »Schwer zu sagen, aber ich glaube nicht. Jedenfalls nicht sofort. Sie sollen bis zum Ende dabei sein, und das können Sie nur, wenn Sie leben.« Er zeigte auf den Bericht. »Ich habe auf den letzten Seiten etwas dazu geschrieben. Aber » , er hob einen Zeigefinger, »aber wenn wir nicht schnell handeln, wird es weitere tote Mäuse auf der Terrasse geben. Er wird Sie weiter verletzen, Sie weiter psychisch quälen.«
    Clara ballte die Fäuste. »Trotz allem«, sagte sie und hörte die hilflose Aggressivität in ihrer Stimme, »trotz all dieser Erklärungen: Warum gerade ich? Und was meine Schwester angeht, das ist zwanzig Jahre her. Wieso weiß er davon?«
    MacDeath blickte jetzt selbst ein wenig ratlos drein. »Ich gebe zu, dieses Bindeglied fehlt uns noch«, sagte er. »Und wir sind gut beraten, es so schnell wie möglich zu finden.«
    Jemand klopfte, und dann flog die Tür auch schon auf. Hermann blickte ins Zimmer.
    »Schlechte Nachrichten«, sagte er. »Kommt am besten runter.«
    »Schlechte Nachrichten?«, echote

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