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Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Final Cut - Etzold, V: Final Cut

Titel: Final Cut - Etzold, V: Final Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Etzold
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Clara.
    Hermann nickte. »Sehr schlechte.«

28.
    Hermann hatte die Website Xenotube geöffnet. Eine der Videodateien dort hieß »Julia«, gepostet von einer Julia Schmidt.
    »Wie habt ihr das gefunden?«, fragte Clara.
    »Unser Alert System«, antwortete Hermann. »Das kam gerade eben rein und wurde erst vor zehn Minuten online gestellt.« Er zeigte auf die Datei. »Hier.«
    Clara las den Namen des Films.
    directorsCUT
    Sie konnte sich denken, dass »cut« hier eine andere Bedeutung hatte.
    Winterfeld stand hinter Hermann, gemeinsam mit Clara und MacDeath, und fuhr sich unruhig durch die Haare. »Unser Freund ist also an die Öffentlichkeit gegangen«, sagte er. »Audimax statt Einzelunterricht.«
    »Ja«, sagte Hermann. »Wahrscheinlich wieder vom Rechner des Opfers. Als ›Julia Schmidt‹.«
    Die Maus fuhr über den Play-Button.
    »Soll ich?«, fragte Hermann.
    Winterfeld nickte.
    Der Bildschirm wurde für einige Sekunden schwarz. Dann erschien das Bild, fast wie beim ersten Mal. Ein hübsches blondes Mädchen, auch hier das Gesicht tränenüberströmt, auch hier panische Angst in den Augen – wie ein Mühlstein, der die Seele auf den Grund des Meeres zieht. Auch hier die beiden Hände, die in schwarzen Handschuhen steckten, am Hals der jungen Frau.
    »Hallo, Clara«, sagte sie.
    Clara zuckte unweigerlich zusammen, als sie ihren Namen aus dem Mund des Opfers hörte.
    »Ich bin Julia«, fuhr das Mädchen fort, unterbrochen von Zittern und Würgen. »Ich bin berühmt ... alle kennen mich. Und alle ... können mich sehen ...«
    Sie machte eine Pause, schluckte irgendetwas herunter und schaute dann direkt in die Kamera, als befände sich darunter ein Teleprompter. »Ich bin ein Star ... Ich bin noch ... viel hübscher als Jasmin. Meine Haut sieht noch nicht aus wie ... wie altes Pergament ... und meine Augen ... meine Augen sind auch noch vorhanden.«
    Sie spuckte irgendetwas auf den Boden.
    »Ich bin bereits tot, doch das Chaos ... das Chaos geht weiter. Besuch mich doch ... in meiner Wohnung. Heute, am Freitag ... dem fünfundzwanzigsten Oktober. Doch ich bin nicht die Erste ... und ich bin nicht die Letzte.«
    Dann das Aufblitzen des Messers an ihrer Kehle.
    Clara glaubte, ihr Herz würde aussetzen, als sie auf den schnellen Schnitt des Skalpells wartete, das wie ein Wind des Todes über Julias Kehle gleiten und die dünne, tiefe Schnittwunde zurücklassen würde, aus der dann, nach der längsten Sekunde , das Blut fließen würde, erst langsam und zögernd, dann schnell und unaufhaltsam wie ein Sturzbach des Grauens.
    Das Messer zuckte zurück, als würde der Mann zum Schnitt ausholen.
    Und der Bildschirm wurde schwarz.
    Clara atmete aus. »Sadistisches Schwein«, flüsterte sie und fragte sich gleichzeitig, was denn nun wirklich sadistisch war. Einen Mord zu zeigen, den niemand erwartet, oder einen Mord nicht zu zeigen, den alle erwarten?
    Sie schaute abwechselnd MacDeath und Winterfeld an, die beide mit bleichen Gesichtern auf den Bildschirm starrten.
    »Ob sie noch lebt?«, fragte Clara. »Vielleicht ist das Video tatsächlich von heute?«
    Hermann tippte hektisch auf der Tastatur, winkte einen der Computertechniker herbei und zeigte auf den Bildschirm.
    »Checkt diese IP-Adresse und tretet Xenotube auf die Füße. Und gleicht das mit den Daten vom Einwohnermeldeamt ab. Es wird zwar eine Menge Julia Schmidts in Berlin geben, aber ich denke, mit diesem Video können wir das eingrenzen.«
    »Sie hat gesagt: ›Ich bin noch viel hübscher als Jasmin‹«, sagte Winterfeld. »Das kann bedeuten, dass sie noch lebt.«
    »Es kann aber auch bedeuten, sie ist bloß noch nicht mumifiziert«, sagte Clara. »Vielleicht will uns dieser Irre die Hoffnung lassen, dass er sie nicht getötet hat, damit wir uns noch verbissener den Hintern aufreißen und ihm sein Katz-und-Maus-Spiel noch mehr Spaß macht.« Sie wandte sich an Hermann. »Wann glaubst du, haben wir die Adresse?«
    »Halbe Stunde, wenn wir uns beeilen«, sagte er.
    »Wie viele Personen haben das Video schon gesehen?«
    Hermann schaute auf die Xenotube-Statistik. »Bisher nur fünfhundert.« Er wiegte den Kopf. »Trotzdem ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass da im Sekundentakt Tausende von neuen Videos gepostet werden und dass es erst seit fünfzehn Minuten online steht.« Er schaute Clara an. »Könnte an dem grausigen Inhalt liegen, der echter aussieht als jeder Horrorfilm. Könnte auch sein, dass er den Link irgendwo im Web promotet hat. Horror-Plattformen,

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