Final Cut - Etzold, V: Final Cut
großen Kanister mit den sechs Litern Blut in einer der schwarzen Sporttaschen.
Dann klappte er Julias Computer zu, nahm Ausweise, Schlüssel, Kreditkarten und einen Ordner mit Unterlagen zum Mietvertrag und behördlichen Dokumenten und ließ auch dies in der Tasche verschwinden.
Auf dem Bett lag die Leiche, so ähnlich wie Jasmin damals. Doch diesmal hatte er sich noch eine kleine Überraschung für die Ermittler ausgedacht.
Alles war so, wie es sein sollte.
Er nahm die Fernbedienung in die Hand, um den Fernseher auszuschalten. Die letzten Minuten der Castingshow liefen. Ein untersetzter Mann mit gegelten, zurückgekämmten Haaren stand neben einer wunderschönen Frau.
»Andira ist Miss Shebay!«, rief er, und die Menge tobte.
Der Namenlose wollte gehen, hielt jedoch in der Bewegung inne und verharrte ein paar Sekunden vor dem Fernseher. Ein kaltes Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
»Andira«, flüsterte er, als würde er den Namen einer Heiligen in einem bizarren Gebet wiederholen, während er die Fernbedienung auf den Fernseher richtete. Und dann, als wollte er seinen gerade gefassten Beschluss bestätigen:
»Nummer fünfzehn.«
Er drückte auf den roten Aus-Knopf, und der Bildschirm wurde schwarz.
Eine Minute später war die Wohnung still wie ein Grab.
Und das war sie schließlich auch.
26.
»Heute lassen wir’s krachen«, sagte Torino und klatschte in die Hände.
Albert Torino, Jochen und Tom Myers stiegen mit schnellen Schritten die Treppe hinunter, die von der Friedrichstraße zum Eingang des Grill Royal führte. Einzig Tom Myers telefonierte die ganze Zeit auf Englisch mit Mitarbeitern seines Unternehmens in Kalifornien.
Torino fühlte sich wie Gott. Die Sendung war ein voller Erfolg gewesen. Andere Sender hatten sich bereits bei ihm gemeldet; die großen Plattenlabels hatten angebissen, und auch die ersten Kosmetik- und Lifestyle-Konzerne hatten mit Werbeverträgen für Andira gewinkt.
Lass sie erst mal ein bisschen zappeln, sagte sich Torino, als er die Tür aufstieß. Die drei Männer betraten das Restaurant wie Cowboys einen Saloon.
Obwohl später Freitagabend, sah es wieder so aus, als würde das Restaurant in drei Minuten schließen. Es war auch der gleiche Kellner wie damals, der sie empfing.
»Einen Tisch für drei«, sagte Torino. »Und zum Aufwärmen eine Flasche Veuve Clicquot.«
Der Kellner nickte. »Sehr wohl.« Er wandte sich in Richtung Fenster. »Ist den Herren dieser Tisch genehm?«
Torino nickte. »Klar. Und die Speisekarte bitte.«
»Bedaure«, sagte der Kellner, »aber die Küche ist bereits geschlossen. Ich könnte Ihnen ...«
»Hol mal deinen Chef her«, unterbrach Torino den Kellner grob und bedachte ihn mit einem Blick, der keinen Widerspruch duldete. Der Mann machte sich sofort auf den Weg. »Nie gibt’s in diesem Saftladen etwas zu essen«, murrte Torino. »Wir sind hier doch nicht in Haiti, verdammt.«
Wenige Augenblicke später kam ein untersetzter Herr mit grauem Schnurrbart.
»Ich habe Ihrem jungen Kollegen gerade zu verstehen gegeben, dass wir essen wollen«, sagte Torino, verschränkte die Arme und blickte den Oberkellner unverwandt an.
»Bedaure, mein Herr, aber die Küche ist geschlossen.«
Torino griff in die Tasche, zog zwei Fünfhundert-Euro-Scheine hervor und drückte sie dem Mann in die Hand.
»Jetzt ist sie wieder offen.«
Der Oberkellner nickte. »Sehr wohl. Ich bringe Ihnen die Speisekarte. Wissen Sie schon, was Sie trinken wollen?«
»O Mann, das haben wir doch gerade erst gesagt«, schimpfte Torino. »Eine Flasche Schampus und dann Pils, bis der Arzt kommt. Und jetzt leg los, wir klappen gleich auseinander. Und wo kein Schnee liegt, kannst du auch gerne laufen.«
»Sehr wohl«, sagte der Oberkellner und entfernte sich.
Die drei Männer setzten sich an den Tisch. Nachdem der Champagner gekommen war, stießen sie an.
»Also«, sagte Torino, trank einen Schluck und wandte sich an Tom Myers. »Wenn ihr nach heute Abend immer noch nicht anbeißt mit der Landing Page, habt ihr in etwa so viel Geschäftssinn wie ein toter Gewerkschaftsfunktionär.«
Myers hatte eines seiner zahlreichen Telefonate beendet, trank einen winzigen Schluck Champagner, als hätte er heute Abend noch etwas anderes vor, und verzog das Gesicht.
»Das war beeindruckend, keine Frage«, begann er. »Es sieht alles sehr gut aus, und ich habe getan, was ich konnte, aber ...«
»Aber was?« Torinos Miene verfinsterte sich.
»Ich kann die Entscheidung nicht alleine
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