Finkenmoor
Maxi.
»Bullshit. Wer erzählt dir so einen Mist?«
»Ich kann lesen.«
»Kümmer dich um deinen Scheiß!«
Maxi drückte die Lippen aufeinander. Sie liebte ihren Bruder, aber in letzter Zeit meckerte er nur herum.
»Wohin fahren wir?«, fragte Maxi, als sie sah, dass Kilian nicht nach Holte-Spangen abbog.
»Ich muss noch was besorgen.«
»Was denn?«
Kilian drückte die Zigarette aus. »Geht dich nichts an!«
Maxi zog es vor, den Mund zu halten. Kilian war komisch drauf, das kannte sie schon.
Cuxhaven-Ortsmitte
Als nach kurzer Fahrt der Bahnhof von Cuxhaven in Sicht kam, wurde Maxi allerdings lebendig. »Fahren wir zu ›Schnuffi&Co‹?«
»Was?«
»Die Tierhandlung neben dem Real-Markt! Fahren wir hin? Bitte, die haben bestimmt Hundebabys!«
»Nee!«
Kilian fuhr an dem Einkaufsmarkt vorbei. Die blaue Leuchtreklame von »Schnuffi & Co« blinkte in der Dunkelheit. Maxi konnte das hell erleuchtete Schaufenster sehen, und wieder liefen ihr Tränen über die Wangen. »Du bist doof. Doof. Doof. Doof!«
»Und du nervst!«
Maxi wischte sich die Tränen mit dem Handrücken weg, während Kilian im Hafengelände hielt. »Warte hier.« Er stieg aus und verschwand in einem kleinen Café.
Maxi schielte auf die andere Seite der Straße zu den alten Lagerhallen. Hier gab es ein Restaurant neben dem anderen, Verkaufsstände mit fangfrischem Fisch, Pommes, Burgern und anderen Köstlichkeiten. Das Wasser lief Maxi im Mund zusammen, und sie hoffte, dass Kilian ihr etwas zu essen mitbringen würde. Doch als er nur wenige Minuten später zum Wagen zurückkam, hatte er nichts Essbares dabei und schien noch gereizter als vorher.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Er fluchte, schlug aufs Lenkrad, startete den Wagen und fuhr rückwärts auf die Straße. Ein anderes Fahrzeug hupte. Kilian zeigte dem Fahrer einen Vogel.
Maxi saß ganz still.
Ihr Bruder fuhr die Strecke zum Einkaufsmarkt zurück, und diesmal hielt er, zu Maxis Verwunderung, vor der Tierhandlung. Ihr Herz klopfte vor Aufregung.
Kilian öffnete die Fahrertür. »Komm mit. Ich denke, du willst Hundebabys sehen!«
Maxi konnte ihr Glück kaum fassen, stieg schnell aus und hüpfte neben ihrem Bruder bis zum Geschäft. Vor der Tür hielt er sie am Arm und ging in die Hocke. »Okay. Du darfst dir Hundebabys ansehen. Aber du bleibst im Laden, bis ich zurückkomme. Verstanden?«
»Allein?«
»Ja, ich muss etwas besorgen und hole dich dann wieder ab.«
Maxi wollte in den Laden, wirklich, aber ganz allein? Sie zögerte. »Paps würde es nicht erlauben«, gab sie zu bedenken.
»Wir müssen es ihm ja nicht sagen«, antwortete Kilian. »Genauso wenig braucht er zu wissen, dass du nicht am Sportplatz gewartet hast, okay?«
Maxi verstand. Ihre Lippen waren verschlossen und der Schlüssel verschwunden.
»Also, willst du nun Welpen sehen oder nicht?« Kilian zog sie am Ärmel.
Sie fiel ihm um den Hals und drückte sich an ihn. »Du bist der beste Bruder der Welt. Ich hab dich lieb.«
Der Geruch von Trockenfutter und Stroh stieg Maxi in die Nase, als sie mit großen Augen das Geschäft betrat. In den schmalen Gängen drängte sich die Kundschaft. Kinder standen staunend vor großen Glasscheiben, hinter denen Meerschweinchen, Kaninchen und Ratten versuchten, ihren Blicken zu entkommen. Erwachsene hievten Futtersäcke auf Einkaufswagen. Maxi und Kilian drängelten sich an einem Jungen vorbei, der einen Hasen auf dem Arm hielt und sich weigerte, ihn zurück in den Käfig zu setzen. Eine junge Frau redete geduldig auf ihn ein.
Kilian zog Maxi zu einem großen Glaskasten, auf dem junge Hunde abgebildet waren, und beugte sich zu seiner Schwester hinunter. »Du bleibst hier, bis ich dich abhole! Klar?«
Maxi reckte den Hals und sah sich suchend um. »Wo sind denn die Hundebabys?«
»Die müssen hier irgendwo sein«, sagte Kilian. Jetzt klang er wieder gereizt.
Maxi beschloss, keinen Ton mehr zu sagen. Schließlich wollte sie nicht, dass ihr Bruder auf die Idee kam, sie wieder mitzunehmen.
»Ich bin in zehn Minuten zurück«, sagte er, gab ihr einen Kaugummi, steckte sich selbst einen in den Mund und verließ »Schnuffi & Co«.
***
Ronny parkte seinen Wagen auf dem Alten Deichweg, schlenderte umher und betrat »T&M-Mode« nur, weil es heftig zu schneien begann. Sofort stürzte sich eine Verkäuferin auf ihn. Notgedrungen probierte er ein Polohemd an, obwohl er dazu nicht die geringste Lust hatte.
Vor dem Spiegel betrachtete er sich dann äußerst kritisch. An
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