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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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Cuxhaven-Sahlenburg
    Maxi klatschte in die Hände. Der erste Schnee. »Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit …«
    Lachend streckte sie die Arme aus. Flocken legten sich auf ihre Hände und schmolzen sofort. So stand sie eine Weile, aber richtig genießen konnte sie das Geriesel nur für einen kurzen Moment, denn ihre Hände wurden eiskalt, ebenso die Zehen.
    Wo Paps nur blieb?
    Als der Schnee dichter fiel, beschloss Maxi, ihm entgegenzugehen. Ihr Vater verspätete sich manchmal, nicht so oft wie Kili, aber in letzter Zeit kam es immer wieder vor. Häufig war sie die Letzte, die von der Schule, vom Judo oder Klavierunterricht abgeholt wurde. Nach dem Fußballtraining stand er meist am Tor, da war er ziemlich pünktlich. Ab und zu hatte Paps Termine, wichtige, bei der Bank oder so.
    Maxi verstand, dass solche Dinge länger dauern konnten. Trotzdem weinte sie gelegentlich deswegen. Vor allem dann, wenn sich Paps mit diesem Johnnie Walker traf. Soweit Maxi verstanden hatte, kannten sie sich von früher, und seitdem Mami tot war, kam er regelmäßig vorbei. Maxi kannte ihn nicht und wollte ihn auch nicht kennenlernen. Denn immer wenn Paps und Johnnie unterwegs waren, vergaß er sie schlicht und ergreifend. So viel begriff sie längst, da konnte er noch so sehr den Kopf schütteln. Maxi nahm sich vor, mit Diane über Johnnie zu sprechen.
    Mami hatte sie nie vergessen. In all den Jahren nicht.
    Maxi schulterte ihre Sporttasche und machte sich auf den Weg, auch wenn sie Ärger bekommen sollte. Immerhin wurde sie bald neun, und außerdem musste sie dringend etwas essen. Ihr Magen knurrte ziemlich laut.
    Dazu war es mittlerweile richtig dunkel.
    Maxi ging an dem dreistöckigen Mehrfamilienhaus vorbei, das unmittelbar neben dem Sportplatz lag, und bog dann rechts in den Von-Elm-Weg ein. Nach wenigen Minuten erreichte sie die Nordheimstraße. Hier herrschte reger Verkehr. Der Schnee glich nun eher einem kalten Regen. Autos rasten vorbei und bespritzten sie mit Pfützenwasser. Einige Minuten fand Maxi das lustig, dann machte ihr die Kälte zu schaffen.
    Sie wollte nach Hause unter ihre Kuscheldecke.
    Scheinwerfer näherten sich. Der Fahrer verlangsamte das Tempo, bremste und kam neben ihr zum Stehen. Paps, endlich. Auf der hinteren Seitenscheibe klebten zwei Dalmatinerköpfe. Aber auf Paps’ Auto gab es keine Hunde, und überhaupt, er fuhr einen ganz anderen Wagen. Maxi spähte ins Fahrzeug. Den Mann hinter dem Steuer kannte sie nicht. Sie kämpfte mit den Tränen, als das Auto wendete und davonfuhr.
    Zitternd überquerte sie die Straße. Mit knurrendem Magen näherte sie sich drei Kaugummiautomaten und grub ihre kalten Finger tief in die Taschen ihrer Jeans.
    Sie benötigte mindestens ein Zwanzig-Cent-Stück.
    Aber außer einem gelben Einkaufchip, den sie am Mittag auf dem Pausenhof gefunden hatte, kam nichts zum Vorschein. Missmutig trottete sie weiter, dachte an Spaghetti mit Tomatensoße, Pfannkuchen, Milchreis mit Zimt und Zucker. Sie wollte nach Hause oder zu Diane, heiße Schokolade trinken, essen und die Geschichte von Sternenschweif weiterlesen.
    Als sie an der Bushaltestelle vorbeikam, überlegte sie einen kurzen Moment, mit dem Bus zu Diane zu fahren. Aber wenn Paps sie doch noch holen kam, dann fuhren sie aneinander vorbei.
    Außerdem war weit und breit kein Bus zu sehen.
    Frierend setzte sie ihren Weg fort. Die Sporttasche wurde schwerer und schwerer, ihre rechte Schulter schmerzte. Sie schielte zum Nordseehotel auf der anderen Straßenseite. Die Fischbude, die am Rande des Parkplatzes stand, hatte geöffnet. Fischbrötchen, Seelachs und Sahneheringe lagen in der Auslage, das wusste Maxi, weil Paps nach dem Training manchmal dort anhielt und Abendessen kaufte. Sie biss sich auf die Unterlippe. Bei dem Gedanken an Fischburger lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
    Sie war völlig in Gedanken, als ein Fahrzeug neben ihr hielt und hupte.
    »Kili!«
    Ihr Bruder öffnete die Beifahrerseite. »Warum hast du nicht am Sportplatz gewartet?«
    Maxi ließ die kurze Standpauke über sich ergehen, froh, dass Kilian sie auf der Straße gesehen hatte und sie nun angeschnallt neben ihm saß, sicher und warm. Der Schneeregen fiel jetzt dicht, das konnte Maxi im Licht der Scheinwerfer deutlich sehen.
    »Ich hab Bärenhunger«, flüsterte sie.
    Kilian zündete sich eine Zigarette an. »Paps wird ein Riesentheater machen, wenn er hört, dass du einfach losgelaufen bist!«
    »Zigaretten töten«, sagte

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