Finkenmoor
bin verabredet!«
»Ich möchte mit dir reden«, sagte sein Vater.
Kilian starrte ihn an. »Jetzt?«
Johanns Freundin lächelte. »Dein Vater hat viele Fehler gemacht, es wird Zeit, dass er aufräumt.«
»Morgen«, sagte Kilian und drängte sich an Johann vorbei.
»Es ist ein Uhr nachts!«
»Ich weiß.« Kilian schnappte seine Jacke, die Autoschlüssel und verließ das Haus.
Cuxhaven-Duhnen
Kilian fuhr in den Christan-Brütt-Weg. Ferienhäuser und Eigenheime standen, von Gärten gesäumt, in der Reihe. Wahrscheinlich hätte er Iskas Haus nicht gefunden, aber ein Streifenwagen mit Blaulicht war wie ein Fingerzeig. Zwei Beamte kamen gerade durch den Vorgarten, als er vor ihrem Fahrzeug einparkte. Kilian stieg aus. »Ist Phyllis Dieckmanns was passiert?«
Der jüngere Polizist schüttelte den Kopf. »Gehören Sie zur Familie?«
»Nein, ich …«
»Dann würde ich an Ihrer Stelle die beiden Damen jetzt nicht stören.«
Kilian blieb unschlüssig stehen, wartete, bis die Polizisten um die Ecke bogen, und näherte sich zielstrebig der Haustür. Die Klingel erschien ihm sehr laut.
Es dauerte, bis Phyllis die Tür öffnete. »Es ist gerade schlecht«, sagte sie leise.
»Dallinger hat mich zu Hause überfallen«, platzte Kilian hervor. »Er hat mich gezwungen, dich und Diane anzurufen, aber zum Glück seid ihr nicht ans Handy gegangen.«
»Pst. Du weckst die ganze Nachbarschaft.«
Kilian fasste die Ereignisse flüsternd zusammen. »Der hat mein Handy!«
»Ich kann nicht. Nicht jetzt! Meine Schwester braucht mich.«
Kilian begann zu zittern. »Ich weiß nicht, wohin! Er wird keine Ruhe geben, wahrscheinlich lauert er mir auf. Ich …«
»Meine Nichte hat sich umgebracht. Ich kann unmöglich weg. Es ist furchtbar …«
Kilian fühlte sich auf einmal unglaublich müde. Er konnte einfach nicht mehr, er wollte nicht mehr. Am liebsten hätte er sich sofort hingelegt, hier, auf die Stufen, vor dieses Haus. Die Anstrengungen der letzten Tage warfen ihn fast zu Boden.
»Ich muss mich um Iska kümmern«, sagte Phyllis. »Und du fährst zu Diane. Dallinger kennt ihre Adresse nicht, sie hat sie ihm nie gegeben. Da seid ihr beide sicher. Schaffst du das?«
»Okay, ja.«
»Ich rufe Diane an. Fahr los, Kilian. Ich werde mich später um Dallinger kümmern.«
Er drehte sich um, blieb dann noch einmal stehen, warf einen Blick zurück. »Es tut mir leid wegen deiner Nichte.«
Kilian fuhr zu Diane ins Lotsenviertel und achtete darauf, dass niemand ihm folgte. Dallinger hatte kein Auto, aber wer wusste schon, wozu er fähig war.
Jedenfalls war Kilian erleichtert, als Diane die Wohnungstür hinter ihm zuschloss. Sie umarmten sich flüchtig.
»Hat Phyllis dich angerufen?« Er ließ sich erschöpft aufs Sofa fallen.
»Sie hat mir alles erzählt und mich gebeten, Dallinger um vier Uhr, also in knapp zwei Stunden, auf deinem Handy anzurufen.«
»Was?«
»Ich soll ihn zum Amtmann-Werner-Stein bestellen.«
»Das ist am Finkenmoor!«
»Ich weiß.«
Kilian schüttelte ungläubig den Kopf. »Warum sollte er dahin kommen? Er wird sich denken können, dass es eine Falle ist.«
»Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, dass er kommt. Ich denke, er wird sich an mir rächen wollen, und dieser Wunsch ist stärker als jede Vernunft.«
»Ach, auf einmal so abgeklärt?« Kilian konnte sich die Spitze nicht verkneifen.
Diane verschwand in der Küche. Sie wirkte wie ausgewechselt. Locker. »Hast du Hunger? Möchtest du etwas essen?«
»Nein danke.« Kilian gähnte, die Augen fielen ihm zu. »Was glaubst du, was hat Phyllis vor?
»Ich habe keine Ahnung.«
Cuxhaven-Wernerwald
Phyllis ließ ihre Schwester ungern allein, aber sie sah keine andere Möglichkeit. Sie musste die Sache zu Ende bringen. Unwiderruflich und endgültig. Zurück zum ursprünglichen Plan.
Als Iskas Beruhigungsmittel endlich wirkte, verließ Phyllis das Haus.
Ihre rechte Hand umschloss den Griff der Walther P38 mit fünf Schuss. Mehr Munition gab es nicht, und mehr war nicht nötig. Schützenkönig Dieckmanns. Ihr Vater hatte sie früh mit Waffen vertraut gemacht. Phyllis, du schießt hervorragend, so etwas verlernt man nicht.
Und wenn doch?
Es ist wie Autofahren.
Aber heute muss ich auf einen Menschen schießen. Ich fürchte, das kann ich nicht.
Er wird dir keine Wahl lassen. Entweder er oder du.
Ich weiß, aber ich kann das nicht.
Das weiß er nicht! Du darfst dir nichts anmerken lassen und musst bestimmt auftreten. Sehr bestimmt.
Das kann
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