Finnischer Tango - Roman
den Hof zum Haupteingang der Moschee rannte. Er zog die Schuhe aus, betrat das Allerheiligste und ging an der Wand der Moschee entlang bis zur Tür von Imam Alis Mausoleum.
Adil blieb stehen, begrüßte die Männer Sadiqs, die an der Tür Wache hielten, und erfuhr, dass Umar nicht gekommen war.
»Lasst niemanden mehr hinein«, befahl Adil.
An den Innenwänden des Mausoleums glänzten die Mosaikmuster aus hellblauem und weißem Marmor und aus Gold. In der Mitte des Saales stand ein gewaltiges Grabmal mit einem goldenen Dach. Seine silbernen Wände waren mit kleinen farbenfrohen Mosaikspiegeln und goldenen Kerzen verziert. Das Innere des Grabmals konnte man nicht sehen, aber Adil wusste, was sich darin befand: Die sterblichen Überreste Imam Alis und die Geschenke von unermesslichem Wert, die bedeutende Männer aus vergangenen Zeiten gebracht hatten.
Umar war nicht im Mausoleum, er sah nur eine Frau in ihrer Burga . Adil steckte sich den Knopfhörer ins Ohr und rief Sadiq an. »Umar ist nicht hier«, flüsterte er.
»Wir müssen ohnehin noch einen Augenblick warten. Black Watch ist noch nicht bereit zum Angriff«, sagte Sadiq und beendete sofort das Gespräch.
Adil versuchte vergeblich, ruhig durchzuatmen. Aber er würde sich im wichtigsten Augenblick seines Lebens unter Kontrolle haben, das wusste er. Er war ein Großer, genau wie Bismarck, der Eiserne Kanzler. Auf die Frage des Malers Richmond, ob er tatsächlich der »Eiserne Bismarck« sei, hatte der preußische Staatsmann geantwortet: »Nein, meine Härte ist angelernt. Ich bin völlig nervös, die Selbstbeherrschung ist also die wichtigste Aufgabe meines Leben.«
Plötzlich trat die in einen Umhang gekleidete Frau vor Adil hin und lüftete ihren Schleier. »As-Salamu ’alaikum«, sagte Umar Hussain.
Adil war so verblüfft, dass er eine Weile brauchte, bis er antworten konnte: »Wa ’alaikum salam.«
»Du siehst noch dünner aus als beim letzten Mal, wie lange ist das schon her – ein Jahr?« Umar musterte seinen ehemaligen Assistenten. »Ich bin nur deshalb hier, weil du ein al-Moteiri bist. Du hast immer sonderbare Einfälle.«
»Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass du gekommen bist«, erwiderte Adil mit überschwänglicher Herzlichkeit.
»Der Anschlag auf das Schiff geschieht heute, wie du sehr wohl weißt. Warum wolltest du mich treffen?« Umar sprach langsam und war sichtlich wütend.
»Damit das Recht durchgesetzt wird«, sagte Adil, er schlug Umar mit aller Kraft ins Gesicht und traf genau dessen Schläfe. Umar fiel um. Adil ließ blitzschnell den einen Ring der Handschellen an Umars Handgelenk zuschnappen und befestigte den anderen Stahlring am Sockel des Denkmals.
Es dauerte eine Weile, bis Umar wieder zu sich kam. Er griff nach seinem Hörgerät, das heruntergefallen war, undversuchte aufzustehen, aber die Kette der Handschellen spannte sich. Ungläubig schaute er Adil an. »Wir haben doch bei Takfir zusammengearbeitet. Auf wessen Seite stehst du eigentlich? Was soll das?«
»Sofort nach meiner Befreiung aus Camp Bucca begann ich mit der Suche nach demjenigen, der meine Wohnung in Bagdad in die Luft gesprengt hatte«, sagte Adil hitzig. »Ich habe schnell herausgefunden, dass du den Bombenanschlag gegen die Amerikaner geplant hattest, der meine Eltern und meine Schwestern umgebracht hat. Wie du weißt, dauerte es Monate, bis es mir gelang, in der Hierarchie von Takfir bis zu dir vorzudringen und dein Vertrauter zu werden. Danach war alles ganz leicht. Ich habe dir erzählt, wie du mit dem Heroin, das die afghanischen Freunde von Takfir anbauen, haufenweise Geld verdienen kannst. Als Schmuggler habe ich dir die PKK, die dringend Geld für ihren Unabhängigkeitskampf brauchte, empfohlen und Turan Zana, der wegen seines blinden Hasses leicht zu manipulieren war. Mit Zana hatte ich natürlich alles schon vorher vereinbart.«
Adil hockte sich neben Umar hin. »Als Drogenhändler hätte ich jeden Beliebigen auswählen können, aber ich beschloss, dir Wassili Arbamow zu empfehlen, weil der Russe versprach, dir die Zeichnungen der E-Rakete zu liefern, wenn er das Heroin besonders billig bekäme.«
Auf Adils Gesicht erschien ein selbstgefälliges Grinsen. »Ich verstehe sehr gut, warum du so gierig auf die E-Rakete bist. Sie ist ein perfektes Instrument des Terrors: Ein kleines Gerät, das einen Elektroimpuls sendet, der die elektrischen Systeme der Flugzeuge in der Nähe jedes beliebigen Flughafens lahmlegt. Auch ich habe dafür
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