Finnischer Tango - Roman
gestern Abend von der Petersburger Miliz erhalten.« Damit beendete Munck seine Zusammenfassung und setzte sich hin.
Wrede ging mit ernster Miene zur Tür des Beratungsraumsund schloss sie. »Dann noch kurz zu etwas anderem. Ich habe hier eine Pressemitteilung, die in diesem Augenblick zur Veröffentlichung freigegeben ist.« Der Schotte machte eine Pause und schien außerordentlich stolz auf sich selbst zu sein.
»Die Chefin der Sicherheitspolizei Ulla Palosuo und der Chef der Antiterrorabteilung Jukka Liimatta sind suspendiert worden.« Wrede ließ das Blatt sinken. »Sie stehen im Verdacht, dem Vorsitzenden einer Oppositionspartei im Zusammenhang mit der sogenannten Loviisa-6-Affäre vertrauliche Informationen zugespielt zu haben und … Na, vielleicht ist es besser, dass ich nicht noch mehr sage. Aber ich übernehme nun ab heute vorübergehend das Amt des Chefs der SUPO.«
Jetzt ist es also passiert, das hätte man sich ja denken können, überlegte Ratamo, schob sich einen Priem unter die Lippe und schaute Riitta mit hochgezogenen Augenbrauen an; sie schüttelte lächelnd den Kopf. Der Schotte würde also doch der Chef der SUPO werden.
Ratamo stand auf, er hörte nicht einmal die Hälfte von dem, was gesagt wurde, in seinen Ohren tönte es, und er hatte Kopfschmerzen. Er ging zu Wrede, drückte ihm die Hand und erklärte ihm, er werde jetzt gehen, er sei ja krankgeschrieben, dann verließ er die Besprechung. Ein Telefongespräch musste er noch führen, dann waren diese Ermittlungen für ihn zu Ende.
Er setzte sich auf das bunte Sofa im Pausenraum und holte gerade sein Handy aus der Tasche, als Riitta neben ihm Platz nahm.
»Nun haben wir den Salat, jetzt sind wir Wredes Gnade ausgeliefert. Man hätte eben doch auf diese Gerüchte hören sollen«, sagte Riitta Kuurma verärgert.
»Und was hätte das geholfen? Mit Wrede kommt man schon klar, man darf bloß nicht nach seiner Pfeife tanzen.«
»Du hast gut reden. Ihr seid ja während dieser Ermittlungen richtig gute Freunde geworden, fast wie Brüder.«
Ratamo ärgerte sich über die Bemerkung: »Lass den Quatsch. Außerdem ist der Schotte nur vorübergehend Chef, wer weiß, ob gegen Palosuo und Liimatta überhaupt je Anklage erhoben wird.«
Kuurma kehrte wütend in die Besprechung zurück, und Ratamo suchte im Speicher seines Telefons die Nummer von Mikko Reiman. Der Mann verdiente es, die Wahrheit über Eeva zu erfahren, und Eeva verdiente eine neue Chance mit Mikko.
EPILOG
»Der Dackel hat aber ein dickes Fell«, sagte Ratamo, er wollte Nelli zum Lachen bringen, als sie auf der Treppe hinunter zur Laivurinkatu einen übergewichtigen alten Dackel überholten. Seine Tochter schmollte, angeblich war es nicht angenehm, wenn man seine Freundin zu Hause besuchte, und der Vater kam mit. Ratamo warf den Priem in einen Mülleimer.
Das war der dritte Tag seines Genesungsurlaubs, in gewisser Weise war er also doch zum heißersehnten Urlaub gekommen. Die letzten Nächte hatte er wie ein Kind geschlafen, nun fühlte er sich so gut wie lange nicht. In diesen Tagen hatte er ungewöhnlich viel Zeit mit Nelli verbracht, vorgestern waren sie in Nuuksio zum Skilaufen gewesen, und gestern Abend hatten sie gemeinsam alte selbstgedrehte Videos angeschaut. Es freute ihn auch, dass sich Nelli in Ilonas Gesellschaft ausgesprochen wohl fühlte.
Die null Grad kamen ihm fast wie Frühling vor, die eisige Frostperiode war vorüber, und jetzt trat man überall in Schneematsch. Die Kinder, die im Tehtaanpuisto Schlittschuh liefen, schien die Wasserschicht auf dem Eis nicht zu stören. Ratamo wurmte es, dass ihm die Ermittlungen der letzten Woche immer noch pausenlos durch den Kopf gingen. Und das würde sicherlich auch nicht so bald aufhören, derart merkwürdige Kriminelle waren ihm vorher noch nicht über den Weg gelaufen. Turan Zana war ein als Kurde erzogener Türke, der die Türken mehr als allesandere hasste, Umar Hussain war ein spanischer Terrorist, der Anschläge gegen Europäer plante, und Adil al-Moteiri …
Ein Besuch bei Eeva Hallamaa schien jetzt bedeutend verlockender zu sein als vor wenigen Tagen, überlegte Ratamo, während er sich vor dem A-Aufgang der Sepänkatu 7 den Schneematsch von den Schuhen klopfte. Es sah ganz so aus, als würde Eeva nicht angeklagt werden. Ratamos Gedankengang wurde unterbrochen, als er den Namen Saari am Briefkasten in der ersten Etage las. Was für seltsame Schicksale doch unter einem ganz gewöhnlichen Äußeren verborgen
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