Finnisches Blut
Gegenmittel hat und wer das Geld abholen wird. Erst darfst du das Serum kosten, und wenn das nicht hilft, ist Tissari dran. Auf eins kannst du dich aber verlassen, du wirst reden, bevor du hier rauskommst, oder du wirst in einem Plastiksack hinausgetragen«, brüllte Ketonen.
Vairiala lächelte. Er hatte recht gehabt. Letztendlich wollte Ketonen nur die Ebola-Viren und die Formel für das Antiserum. Vielleicht war er gezwungen gewesen, sich die ganze Geschichte, die er eben erzählt hatte, auszudenken, damit seine Mitarbeiter gesetzwidrige Anweisungen ausführten. So mußte es sein. Ketonens Spiel war zu Ende. Sein schlimmster Konkurrent hatte den Fehler seines Lebens begangen.
»Du kannst jedes gewünschte Risiko eingehen oder auch nicht, du kannst mir drohen, womit du willst. Ich sage nichts, damit du es weißt.« Vairiala gewann seine Selbstsicherheit zurück, weil er erkannt hatte, daß Ketonen ein Verräter war.
»Überlege dir das noch mal, Pekka. Du hast Zeit, bis du ausgenüchtert bist. Danach fängt der Tanz erst richtig an, und ich garantiere dir, daß du derjenige bist, der geführt wird«, sagte Ketonen mürrisch, und die ganze Mannschaft der Sicherheitspolizei verließ den Raum. Tissari hinkte als letzter hinaus.
Ketonen fragte die Ärztin, wann Vairiala wieder nüchtern |278| wäre. Jetzt bemerkte er, daß sich das linke Auge der Frau normal bewegte.
Die Ärztin vermutete, daß der Alkohol im Blut gegen zehn Uhr dreißig verbrannt sein würde. Die Frau wirkte unsicher und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Ihre Wimperntusche war ausgelaufen und hatte schwarze Streifen hinterlassen. Die Wirkungen des Thiopental machten ihr immer Angst, und der Mann, der jetzt verhört wurde, war nicht irgendwer, sondern der Chef der Aufklärungsabteilung.
Ketonen befahl dem Hauptwachtmeister, Vairiala in seine Zelle zu bringen. Für den Mann mußten eine Brille und Bekleidung besorgt werden. Genau um zehn Uhr dreißig würden sie sich wieder im Verhörraum treffen.
»Wir anderen sind auch um halb elf wieder hier. Bis dahin bleiben knapp sechseinhalb Stunden. Das wird ein langer Freitag«, sagte Ketonen zu Tissari und der Ärztin.
Die Röhrchen mit dem Blut würden in einer reichlichen Stunde übergeben werden. Dann mußten sie Vairialas Komplizen auf die Spur kommen.
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Der nackte, bläulich verfärbte Eero Manneraho und Kaisa Ratamo ohne Kopf jagten Siren über die Dorfstraße vom Himanka. Die Leichen kamen ihm immer näher, und hinter ihnen predigte Sakari Pekkanen: »Der Tod ist der Sünde Sold!« Siren preßte eine große Ikone gegen seine Brust und floh vor seinen höllischen Verfolgern. Rundum waren überall Menschen zu sehen, aber niemand beachtete ihn. Siren spürte schon den heißen Atem von Manneraho im Nacken und eine Hand, die ihn an der Schulter packte …
Siren erwachte von seinem eigenen Schrei, er lag schweißgebadet in seinem Bett im Schlafzimmer der Präsidentensuite des »Hilton«. Hastig tastete er nach dem Lichtschalter. Es war halb drei. Gott sei Dank hatte er nicht verschlafen.
Ab zwei Uhr sechsundfünfzig starrte Raimo Siren unablässig auf das Telefaxgerät im Arbeitszimmer. Er spülte das Diapam mit Kognak hinunter, das Glas war aus venezianischem Kristall. Der Albtraum geisterte ihm immer noch durch den Kopf. Er suchte im Radio einen Kanal mit klassischer Musik.
Eben hatte er aus dem Gefriergerät im Kofferraum eines Transporters, der im Parkhaus stand, eine Kühlbox geholt. Auf dem Deckel der kleinen Aluminiumdose klebte ein gelber Zettel, auf den jemand offensichtlich in großer Eile geschrieben hatte: »EELA, Arto Ratamo, 20 Expl. Ebola-Helsinki-Blut, |280| 4. Sicherheitsstufe«. Die andere Kühlbox mit zehn Blutröhrchen hatte Siren im Gefriergerät gelassen für den Fall, daß der Käufer die Viren an sich nahm und verschwand. Die Möglichkeit, so hintergangen zu werden, bestand seiner Ansicht nach nicht, weil er nur Kandidaten ausgewählt hatte, die laut Ketonens Einschätzung äußerst zuverlässig waren. Wenn man ihn trotzdem betrügen würde und dann noch Zeit bliebe, könnte er versuchen, die Röhrchen mit dem Blut an einen der beiden anderen Anbieter zu verkaufen, gegen die er sich zunächst entschieden hatte.
Siren versuchte die Zeit totzuschlagen und wartete auf das Fax von Pekkanen. Nach Vairialas Anruf wußte er, daß man die Briefe mit der Bitte um Angebote überbracht hatte. Trotzdem starb er fast vor Angst, es könnte gar kein Angebot vorliegen.
Die
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