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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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mir klar, dass all das wirklich geschehen war. Er hatte sie sich wirklich geschnappt.
    »Mein Gott«, murmelte ich.
    »Wie sieht Randy aus?«
    »Weiß nicht, wie ein Model oder so. Wie die Kerle auf den Umschlägen von Liebesromanen.«
    »So was lese ich nicht.«
    »Faulkner ist definitiv was anderes«, sagte ich.
    Sie sah mich an und lächelte. »Stimmt. Aber ich weiß, was du meinst. Gebräunte Haut. Gemeißelte Gesichtszüge. Starke Muskeln. Wehende Mähne.«
    »Das trifft es ganz gut.«

    »Was hat er für eine Haarfarbe?«
    »Blond.«
    »Aschblond?«
    »Eher goldblond.«
    »Wie alt ist er?«
    »Ungefähr dreißig.«
    »Wie groß?«
    »Größer als ich. Um die eins neunzig. Und schwerer, kräftiger.«
    Nickend betätigte Lois den Blinker. »Das klingt nach keinem, den ich kenne.«
    »Du würdest ihn nicht kennen wollen.«
    »Nein, aber ich wüsste trotzdem gern, wer er ist … und wo er ist.« Sie bremste und bog nach rechts ab. »Hast du eine Idee, wo er Eileen hinbringen könnte?«
    »Eigentlich nicht. Das Letzte, was ich gesehen hab, war, dass er südlich von deinem Haus auf der Franklin nach Norden gefahren ist. Wenn er in der Stadt wohnt, dann wahrscheinlich irgendwo im nördlichen Teil. In der Nacht, als er mich mit Eileen gesehen hat, waren wir bei Dandi Donuts. Vielleicht wohnt er da in der Nähe. Oder er wohnt außerhalb der Stadt und fährt nur manchmal rein. Selbst wenn er in der Stadt wohnt, müsste er Eileen nicht unbedingt zu seinem Haus gebracht haben. Ich würde das jedenfalls nicht tun.«
    »Wo würdest du sie hinbringen?«, fragte Lois.
    »Um was richtig Übles mit ihr anzustellen?«
    »Meinst du, Randy hat das vor?«
    »Da bin ich mir ziemlich sicher«, sagte ich mit einem elenden Gefühl.

    »Also, wo würdest du sie hinbringen?«
    »Vielleicht in den Wald. Dann bräuchte ich mir keine Sorgen wegen irgendwelcher Nachbarn zu machen, die was hören oder sehen könnten. Ich müsste ihren Körper nicht wegschaffen, wenn ich mit ihr fertig wäre. Und es gäbe in meinem Haus keine Spuren, die die Polizei finden könnte.«
    Lois wandte sich zu mir. »Du bist doch nicht etwa selbst ein Mörder, oder?«
    »Nein. Aber ich versuche mich als Schriftsteller. Offenbar habe ich einen Hang zum Makabren und Grotesken. Ich denke anscheinend öfter über Morde und Ähnliches nach als die meisten anderen.«
    »Tja, wenn er sie in den Wald bringt, finden wir sie nie.«
    »Es ist lediglich das, was ich tun würde. Vielleicht kann Randy Wälder nicht ausstehen. Oder hat gute Gründe, sie zu seinem Haus oder einem anderen Gebäude zu bringen … irgendwas, das nachts geschlossen ist. Da wäre es zumindest wärmer als im Wald. Es ist zwar nicht gerade kalt heute Nacht, aber vielleicht will man an einem hübschen warmen Ort sein, wenn man vorhat … du weißt schon, mit jemandem was anzustellen.«
    Lois nickte und bog um eine Ecke. Jetzt fuhren wir auf der Franklin Street nach Norden. »Wir halten kurz bei mir«, sagte sie, »um ein paar Sachen mitzunehmen. Dann fahren wir durch die Gegend und versuchen, Randys Wagen zu finden.«
    »Sollten wir nicht die Polizei rufen?«, fragte ich.
    Lois schwieg einen Moment. »Ich nicht«, sagte sie dann.

    Ich erinnerte mich an Eileens Notruf Mittwochnacht … der seltsamerweise komplett folgenlos geblieben war.
    »Vielleicht können sie uns helfen«, sagte ich.
    »Es gibt da einiges in meiner Vergangenheit.«
    »Oh.«
    »Sie mögen mich nicht besonders.«
    »Aber du bist keine Mörderin, oder?«, fragte ich lächelnd.
    »Doch.«
    Sie schien es ernst zu meinen. Trotzdem sagte ich: »Das soll wohl ein Witz sein.«
    »Nein.«
    »Du hast jemanden umgebracht?«
    »Meinen Mann.«
    »Mein Gott.«
    »Er war der Bruder eines Polizisten hier aus der Stadt.«
    »Oh nein.«
    Moment mal, dachte ich. Sie ist nicht im Gefängnis. Sie sitzt neben mir. »Wurdest du nicht verurteilt?«, fragte ich.
    »Die Anklage wurde fallengelassen. Es war Notwehr. Aber eine Menge Leute finden, sie hätten mich dafür drankriegen sollen. Vor allem Joes Familie und die Polizistenfreunde seines Bruders. Deshalb ist die Polizei nicht gut auf mich zu sprechen. Wenn du die Polizei rufen willst, kann ich dich an einer Telefonzelle absetzen. Zieh mich bitte nur nicht mit rein. Und Casey auch nicht.«
    »Casey?«
    »Sie würden sie bestimmt gern in die Finger kriegen.«
    »Wieso?«
    Lois hielt vor ihrem Haus am Bürgersteig, ließ aber den
Motor laufen. »Was denkst du denn?«, fragte sie. »Glaubst du, es ist erlaubt,

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