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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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vielleicht waren sie überhaupt nicht , und sie war im Augenblick nicht ganz sicher gewesen, unter welchen Namen sie sich diesmal eintragen wollten?
    Es war wohl letzteres, dachte er — ein wenig traurig.
    Das Frühstück (8.45 bis 9.30 Uhr) war für Morse eine einsame Angelegenheit, doch empfand er es, wie jedesmal, als das größte einsame Vergnügen eines jeden Urlaubs. Nach einer Portion Cornflakes und einem Mixed grill schlenderte er noch einmal am Meeresrand entlang. Er fühlte sich angenehm gesättigt und (vermutlich) so zufrieden, wie es ihm möglich war. Die Wettervorhersage war gut, und er beschloß, nach Westen zu fahren, nach Ottery St. Mary, und dann, wenn ihm der Sinn danach stand, nach Norden, hinauf nach Nether Stowey und in die Quantock Hills.
    Als er nach seiner Rückkehr ins Hotel in den zweiten Stock kam, stand er fast genau vor Zimmer 14, dessen Tür halb geöffnet war. Ein Zimmermädchen in blauer Dienstkleidung kam mit einem Hoover heraus, und im Zimmer sah er ein zweites Mädchen damit beschäftigt, die Pulverkaffee- und Teebeutel und die kleinen Milchbehälter zu ergänzen. Er versuchte sein Glück. Er klopfte (nicht zu zaghaft) und steckte den Kopf durch die Tür.
    «Ist Mrs. Hardinge da?»
    «Nein, Sir.» Sie sah nicht älter als achtzehn aus, und Morse fühlte sich ermutigt.
    «Es geht nur darum, daß sie mir versprochen hat, die Zeitung von gestern für mich aufzuheben — wir haben gestern abend hier gegessen. Es war die Times .«
    Das Mädchen sah Morse unschlüssig an, während er rasch einen Blick durch das Zimmer warf. In dem Bett näher am Fenster war geschlafen worden — das Kissen war tief eingedrückt, und ein hauchdünnes schwarzes Negligé war nachlässig über die Bettdecke geworfen. Aber hatte Mr. Hardinge im anderen Bett geschlafen? Es hätte natürlich schon gemacht sein können... aber wo war sein Koffer, wo waren seine Kleider und anderen Siebensachen?
    «Ich fürchte, hier ist keine Zeitung, wo ich sehen kann, Sir. Und überhaupt würde ich nich...»
    «Gewiß, gewiß! Ich verstehe das vollkommen. Ich meine, wenn sie nicht im Papierkorb liegt...»
    «Nein, tut sie nich.»
    «Es gibt doch sicher noch einen zweiten Korb? Im Badezimmer? Es ist nur, sie bat gesagt...»
    Das junge Mädchen schaute vorsichtig um die Badezimmertür, schüttelte aber den Kopf.
    Morse lächelte freundlich. «Schon in Ordnung. Sie muß mir die Zeitung woanders hingelegt haben. Wahrscheinlich in mein Zimmer. Tut mir leid, daß ich Sie gestört habe.»
    Zurück in Zimmer 27, fand er sein eigenes Bett gemacht, den Boden gesaugt und seine Kaffeetasse abgewaschen und verkehrt herum auf der Untertasse stehen. Er stand wieder einige Minuten am Fenster und schaute hinaus aufs Meer und sagte sich, daß er die Odyssee mal wieder lesen sollte, dann, fast unbewußt, rauchte er plötzlich eine seiner verbotenen Zigaretten und fragte sich, warum der braune Lederkoffer, den er eben geschlossen auf der Kommode in Zimmer 14 hatte liegen sehen, in hübscher gotischer Schrift die vergoldeten Buchstaben trug. Das einzige, was ihm zu diesen Initialen einfiel, war Community Service Order — aber das schien völlig fehl am Platz. Es mußten doch sicher ihre Initialen sein? Aber was auch das C bedeuten mochte — Carole? Catherine? Claire? Celia? Constance? —, es mußte selbst einem Siebenjährigen, der im Lesetest durchgefallen war, klar sein, daß das O nicht Hardinge bedeutete. Es mochte vielleicht der Anfangsbuchstabe ihres Mädchennamens sein. Aber der Koffer war neu, sehr neu...
    Na und, Morse? Na und, verdammt!
    Er setzte sich und schrieb einen Brief.

    Liebe Mrs. H., ich wäre Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie die Times von gestern für mich aufbewahren könnten. Nicht den Wirtschafts-/Sportteil, nur den Hauptteil — tatsächlich möchte ich mir nur die Sache auf Seite 1 (und wahrscheinlich die Fortsetzung im inneren Teil) über den -Artikel ansehen. Ihre Belohnung, die Sie annehmen müssen, wird ein Drink an der Bar auf meine Kosten vor dem Abendessen sein, wobei ich verspreche, mich peinlich genau an jede Verordnung des Managements zu halten.
    Zimmer 27

    Morse hinterlegte diese unschuldige, wenn auch etwas aufgeblasene Mitteilung an der Rezeption und begab sich zur Garage des Hotels, wobei er darüber nachsann, warum die weibliche Hälfte von Zimmer 14 nicht Auto H 35 LWL benutzt hatte, anstatt ein Taxi zu nehmen. Er sann aber nur kurz darüber nach, weil

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