Finstere Versuchung
Wand, als Levet direkt vor ihr anhielt.
Warum?
Hatte sie wirklich Angst vor seinen zweifelhaften Zauberkräften?
Das schien ihm … unwahrscheinlich.
Es musste an irgendetwas anderem liegen.
Aber woran?
Seine umherschwirrenden Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als seine hoch über ihm aufragende Mutter wütend auf ihn herunterstarrte.
»Beende das, Levet.«
Er erstarrte, und sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. »Mon Dieu.«
»Was?«
»Das ist das erste Mal, dass ich meinen Namen auf deinen Lippen gehört habe.«
Sie spie ein wenig Feuer und versuchte ihre Angst hinter der vertrauteren Verachtung zu verstecken.
»Du wirst doch wohl nicht anfangen zu heulen, oder? Es wäre mir lieber, wenn du mich töten würdest, als gezwungen zu sein, noch länger deinem Geplärr zuzuhören.«
Levet schüttelte den Kopf und dachte an den Vampirclan, der die Nachkommen des Fürsten der Finsternis ohne Zögern aufgenommen hatte. Die Vampire hatten auf Leben und Tod gekämpft, um die Säuglinge zu beschützen, und würden das auch wieder tun.
Und die Götter wussten, dass Salvatore, der König der Werwölfe, vor Aufregung Schaum vor dem Mund hatte, da der Tag der Entbindung seines Wurfes näher rückte.
Andererseits verspeisten Kiviet-Dämonen bei der Geburt alle bis auf die stärksten ihrer Nachkommen, also konnte es auch immer schlimmer kommen.
»Sag mir, maman, liebst du überhaupt irgendwelche deiner Kinder?«
»Liebe ist etwas für Schwächlinge«, höhnte sie. »Oder Menschen.«
Das war genau das, was Levet erwartet hatte. Und doch …
Er unterdrückte einen resignierten Seufzer.
»Warum hast du dich dann überhaupt fortgepflanzt?«
»Um meine Machtbasis zu stärken.«
Levet forschte eine ganze Weile in der Miene der Kreatur, die ihn auf die Welt gebracht hatte. Zum ersten Mal war er nicht von ihrer enormen Macht überwältigt. Und zum ersten Mal schreckte er nicht vor ihrer vernichtenden Missbilligung seines Mangels an Masse zurück.
Sie war immer noch groß. Immer noch Furcht einflößend. Und immer noch erfüllt von ihrem Hass auf ihn.
Aber nun sah er sie klar und deutlich, und sie wirkte … geringer.
»Weißt du, ich habe dich gehasst«, sagte er langsam. »Nun wird mir allerdings klar, dass ich dich bemitleide.«
Seine Mutter schnaubte, als sei sie ernsthaft empört über seine Worte. »Ich bin die Doyenne dieses Nestes«, zischte sie. »Der gefürchtetste Gargyle in ganz Europa.«
»Nein.« Levet schüttelte den Kopf. »Du bist eine einsame und verbitterte alte Frau, die nichts besitzt außer einem nichtssagenden Titel und dem Irrglauben, er würde ihr Bedeutung verleihen.«
Zorn flammte in ihren Augen auf, bevor der listige Ausdruck zurückkehrte. »Wenn du dir nichts aus mir machst, warum bist du dann hier?«
»Ich jage einem Schatten nach, wie es scheint.«
»Dann lass mich frei.«
Levet verdrehte die Augen. »Ein netter Versuch.«
»Ich werde dir zehn Minuten Vorsprung lassen, bevor ich dich zur Strecke bringe und töte.«
»Das klingt verlockend, aber … nein, ich glaube nicht.«
»Nun gut.« Sie kniff die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Sollte das etwa ein Lächeln darstellen? Sacrebleu. »Ich werde dir eine Stunde Zeit lassen.«
Levet dachte nach. Er dachte wirklich und wahrhaftig nach. Vielleicht zum ersten Mal in seinem langen Leben.
Was wollte er überhaupt?
Offensichtlich würde er nie die Anerkennung seiner Mutter gewinnen. Oder es schaffen, die Verletzungen aus der Vergangenheit verheilen zu lassen. Oder … wie nannten es die Menschen? Einen Abschluss finden.
Aber er konnte etwas haben, das ihm geraubt worden war.
»Ich will das, was rechtmäßig mir gehört«, erklärte er mit klarer, würdevoller Stimme.
Die grauen Augen verengten sich. »Einen nichtssagenden Titel?«
»Natürlich nicht«, sagte Levet verwirrt. Nur Frauen war es gestattet, die Position der Doyenne zu erben. »Claudine ist deine Erbin.«
»Aber du könntest ein Prinz sein.«
Früher einmal hätte er alles gegeben, um seinen königlichen Titel zurückzuerhalten. Aber nun zuckte er gleichgültig mit den Schultern.
»Nicht, wenn ich tot bin.«
Berthe wog stillschweigend ihre Optionen gegeneinander ab. Ihr schlaues Gehirn suchte nach einer Möglichkeit, ihn dazu zu bringen, sie von seinem Zauber zu befreien, ohne dass sie ihm tatsächlich im Gegenzug etwas Kostbares anbieten musste.
»Vielleicht können wir einen Waffenstillstand aushandeln«, räumte sie widerstrebend
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