Finsteres Licht
Alles ist noch so neu und verwirrend für mich.“
Ich schwafelte ordentlich dahin um Zeit herauszuschlagen. Constantin zog während meiner Erklärung die Augenbrauen zusammen und fixierte mich.
„Levana ist eine ausgezeichnete Hexe. Wenn sie der Meinung ist, du schaffst es nur mit ihrer Hilfe, dann glaube ich ihr.“
Sein Vertrauen zu ihr schien g renzenlos zu sein. Ich versuchte ihn hinzuhalten und bat ihn um etwas, das längst nicht mehr notwendig war.
„Aber es besteht doch die Mögl…“
„Nein. Das ist mein letztes Wort“, unterbrach er mich streng.
Er duldete keine W iderrede und ich wusste nicht, worüber ich sonst noch mit ihm sprechen sollte. Die Sekunden verstrichen und ich musste mir schnell etwas einfallen lassen. Ein passendes Thema fand ich nicht, also benutzte ich genau das, was er eigentlich haben wollte. Meine einzigartige Fähigkeit , andere fühlen zu lassen, was immer ich wollte.
Vorsichtig überströmte ich Constantin mit einer schwache n Dosis Gelassenheit und etwas Gleichmut. Nicht zu viel, denn er sollte nichts davon mitkriegen . Ansonsten wäre ich sofort aufgeflogen und ich musste extrem vorsichtig sein. Man konnte nie wissen, welches Ass, abgesehen von seiner Hexe, er noch im Ärmel hatte.
Er seufzte kurz auf und beugte sich zu mir vor. Sein Ausdruck wurde merklich weicher. Was in Constantins Fall bedeutete, dass er einem noch immer Angst machen konnte, wenn er nur eine Augenbraue hochzog.
„Geduld ist eine Tugend, die ich nicht zu schätzen weiß. Und ich wiederhole mich äußerst ungern. Ich rate dir zum letzten Mal, halte dich an Levana!“
Die S chärfe i n seiner Stimme war immer noch m esserscharf. Auch wenn er nicht mehr so aufbrausend war.
„Ich dachte nur, wenn ich…“
„Es gibt nichts weiter zu besprechen!“, unterbrach er mich wieder barsch.
„Und jetzt geh! Ich habe wichtige Dinge zu erledigen.“
Die Chance , ihn in ein Gespräch zu verwickeln, stand schlecht für mich, aber ich versuchte nochmal mein Glück.
„ Hast du etwas Neues wegen Antonius erfahren?“
Vielleicht sprang er ja darauf an. I ch sollte ihm doch im Kampf gegen die Vampyr e helfen .
Mein Großvater fixierte mich mit finsterem Ausdruck. In seinen sc hwarzen Augen verbarg sich ein jahrhunderte alter Hass gegen seinen Feind.
„Noch musst du darüber nichts wissen . Erst, wenn du deinen Teil erfüllt hast.“
Er richtete seinen Blick wieder auf seine Unterlagen, die vor ihm auf seinem Schreibtisch lagen und gab mir zu verstehen, dass das Thema beendet war .
Verdammt, wo blieb meine Verstärkung? Was sollte ich tun? Ich war bestimmt schon mindestens zehn Minuten hier. Das war eine lange Zeitspanne, wenn man unsere übernatürlichen Fähigkeiten bedachte, mit denen wir so vieles in nur einem Bruchteil einer Sekunde erledigen konnten. Zum Beispiel einem Wachmann das Genick brechen. Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus. Ich war nicht der gewaltsame Typ. Ganz im Gegenteil. Gewalt widerstrebte mir. Es war nur leider notwendig sie anzuwenden.
Sollte wirklich etwas passiert sein, gab es ohnehin kein Zurück mehr. Wir wären so oder so aufgeflogen, deshalb beschloss ich , Constantin alleine entgegenzutreten . Constantin beachtete mich absichtlich nicht, weil er wollte, dass ich ihn endlich in Ruhe ließ. Und durch seine Ignoranz fiel ihm nicht auf, was ich als nächstes tat. Ich schloss die Augen und wappnete mich innerli ch vor dem, was gleich passieren würde , und sammelte meine Energie in mir zu einem wuchtigen Ball aus furchtbaren Gefühlen. Ich erinnerte mich an Ryan Grant, den ich auf diese Weise gequält hatte, und hoffte, dass mein Großvater wenigstens ein paar Gefühle besaß, mit denen ich einen ordentlichen Treffer landen konnte. Ich wusste, dass ich ihn aufgrund seines Alters nicht unterschätzen durfte. Ganz im Gegenteil. Mit unserem Alter wuchs auch unsere Kraft, was bedeutete, dass mein Großvater ein sehr anspruchsvoller Gegner war. Wenn nicht sogar unbesiegbar. Aber darüber wollte ich mir im Moment keine Gedanken machen. Ich weigerte mich daran zu glauben, dass ein Wesen, das so furchtbar war wie er, unbesiegbar sein sollte.
Auf jeden Fall musste ich ihm einen ordentlichen Schlag versetzen, denn noch hatte ich das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Langsam stand ich von meinem Sessel auf und machte Anstalten zur Tür zu gehen. In der Mitte des Raumes blieb ich stehen und drehte mich zu ihm herum. Constantin hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte
Weitere Kostenlose Bücher