Finsteres Verlangen
wenn ihr Yankeebastards es erwartet.«
»Wir sind in Missouri, das liegt nicht gerade im Norden.«
»Von meiner Heimat aus gesehen schon.«
»Und die wäre?«
Sein Grinsen wurde breiter. »Sobald wir die kritische Lage hinter uns haben, können wir uns mal bei einem Bier oder einem Kaffee auf ein Schwätzchen niederlassen, aber jetzt, Honigmäuschen, heißt es konzentrieren, denn wir stecken bis zum Hals in der Scheiße, Tendenz steigend.«
»Wie kannst du das beurteilen, wenn du Heinrick gar nicht kennst?«
»Bevor ich zu Rafael gekommen bin, war ich Söldner. Ich kenne Leute wie Heinrick.«
»Was könnte so einer von mir wollen?«
»Wahrscheinlich weißt du es, Anita, du musst nur gut nachdenken.«
Ich schüttelte den Kopf. »Du redest wie ein Freund von mir. Er sagt mir auch immer, dass ich weiß, warum die Schurken es auf mich abgesehen haben.«
»Er hat recht.«
»Nicht immer, Bobby Lee, nicht immer.« Seine Bemerkung hatte mich tatsächlich an Edward erinnert. Der hatte seine berufliche Laufbahn als Auftragsmörder begonnen. Dann war es ihm zu einfach geworden, Menschen umzubringen, sodass er auf Monster umstieg. Monster war für Edward ein sehr dehnbarer Begriff. Außer Vampiren und Gestaltwandlern zählten auch Serienmörder oder Produzenten von fingierten Mordszenen dazu, im Grunde jeder, der ihm als Zielperson gerade gefiel. Allerdings musste das Honorar stimmen. Er arbeitete nicht für einen warmen Händedruck. Jedenfalls nicht oft. Manchmal arbeitete er lediglich, um das Jagdfieber zu genießen, und jagte, was jedem Normalsterblichen Todesangst einflößte.
»Hat jemand von Rafaels Leuten Kontakt zu regierungsfernen Organisationen? Ich will nicht, dass wegen dieser Sache irgendwer irgendjemandem etwas schuldig ist. Ich will nicht, dass jemand Schwierigkeiten bekommt. Ich möchte nur erfahren, was die regulären Regierungsstellen nicht wissen oder unserer Polizei nicht sagen wollen.«
»Wir haben ein paar Ex-Soldaten der Special Forces. Ich werde mich umhören.«
Ich nickte. »Gut.« Und ich würde Edward anrufen und fragen, ob er Heinrick kannte. Ich ging weiter die Treppe runter. Bobby Lee blieb neben mir, obwohl er so viel längere Beine hatte als ich und mein Gang für ihn unbequem sein musste. Er beklagte sich nicht, und ich war nicht bereit, schneller zu gehen. Es drängte mich nicht gerade, Jean-Claude und Asher wiederzusehen. Ich wusste noch immer nicht, was ich sagen sollte.
Die große schwere Tür, die zu den weit verzweigten Räumen führte, kam in Sicht. Sie war nur angelehnt. »Übrigens bitten Jean-Claude und Asher dich, in Jean-Claudes Zimmer zu kommen.«
Ich seufzte und musste ziemlich unglücklich geguckt haben, denn er fasste mir beruhigend an den Arm und sagte: »Mach nicht so ein bedrücktes Gesicht, Kleine. Sie meinten, sie müssten sich bei dir entschuldigen.«
Meine Brauen gingen in die Höhe. Sie sich entschuldigen, bei mir. Das hörte sich gut an. Das hörte sich richtig gut an.
42
E s war nicht die Entschuldigung, mit der ich gerechnet hatte, aber unter diesen Umständen war jede besser als gar keine. Besonders, wenn es nicht meine war. Allerdings brauchte ich fast fünf Minuten, bis ich sie endlich hörte, denn sobald ich die beiden in ihrer Festkleidung sah, war ich sprachlos, taub und blind für alles andere.
Es war keine Magie oder Vampirtrickserei. Sie sahen einfach schön aus. Asher trug eine hellgoldene Jacke mit dunkelgoldener Stickerei aus echten Goldfäden, die sich auch an Kragen, Aufschlägen und Manschetten fand und neben seinen goldblonden Haaren für zusätzlichen Glanz sorgte. An Brust und Handgelenken quollen duftige weiße Rüschen hervor. Da ich ab und zu an Jean-Claudes Kleiderschrank ging, wusste ich, dass das Hemd nicht annähernd so weich war, wie es aussah. Die Hosen hatten denselben hellen Goldton wie die Jacke und waren an der Seitennaht bestickt. Seine perlweißen Stiefel hatten Stulpen mit hellbraunen Lederriemen und goldenen Schnallen.
Mein Blick wurde zuerst von Asher angezogen, vielleicht wegen seiner Vampirkräfte oder vielleicht weil er so glänzte und funkelte. Man musste ihn einfach ansehen. Die Sonne kann man auch nicht ausblenden. Man kehrt ihr unwillkürlich das Gesicht zu, genießt die Wärme und schwelgt in ihrer strahlenden Helligkeit.
Jean-Claude dagegen trug einen Mantel aus weich glänzendem, schwarzem Samt, der bis zu den Knöcheln reichte. Die Aufschläge und Manschetten waren königsblau bestickt, genau wie die
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