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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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greifen, sonst hätten sie dich nicht aufs Revier gebracht. Wenn Dolph eine richtige Spur hätte, hätte er dich oder mich nicht in die Mangel genommen, trotz seiner gegenwärtigen Verfassung.«
    »Bist du sicher?«
    »Er ist in erster Linie Polizist. Wüsste er, wen er jagen soll, wäre er auf der Jagd und würde seine Zeit nicht mit dir verschwenden.«
    »Ich weiß nicht, Anita. Von dem Polizisten schien mir heute nicht viel übrig zu sein. Auf mich wirkte er eher wie jemand, bei dem die privaten Probleme alles andere verdrängt haben.«
    Ich hätte gern widersprochen. »Ich werde Zerbrowski den Vorschlag machen. Wenn sie verzweifelt genug sind, lassen sie sich vielleicht darauf ein.«
    »Dann müssten sie schon ziemlich verzweifelt sein.«
    Ich bog auf den Parkplatz beim Zirkus ein. »Nach zwei, drei weiteren Toten könnte es soweit sein. Einen Werwolf mit einem Werwolf aufzuspüren könnte Zerbrowskis Art von Humor entsprechen. Aber die Zustimmung von oben könnte ein Problem sein.«
    »Nach zwei, drei weiteren Toten – Mensch, Anita, warum greifen sie nicht zu verzweifelten Mitteln, bevor die Lage so verzweifelt ist?«
    »Polizisten sind nicht anders als andere Leute. Sie denken selten mal unkonventionell. Einen Werwolf in Wolfsgestalt als übersinnlichen Spürhund zu benutzen wäre nun mal sehr unkonventionell.«
    »Kann sein«, sagte er, »aber ich habe gerochen, was im Obergeschoss war, Anita. Kein Mensch sollte so zugerichtet werden, dass er bloß noch ein Haufen Fleisch ist.«
    »Sind wir nicht alle bloß Fressen auf zwei Beinen?«, erwiderte ich zum Scherz, aber Jason sah gekränkt aus.
    »Gerade du solltest es besser wissen.«
    »Kann sein«, sagte ich betreten. »Okay, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht beleidigen. Aber ich bin schon von zu vielen Gestaltwandlern bedroht worden, als dass ich mir keine Illusionen mehr darüber mache, wo ich in der Nahrungskette stehe. Und reichlich viele Gestaltwandler sind der Meinung, dass sie an oberster Stelle stehen.«
    »Mit diesem radikalen Mist, dass wir das Spitzenprodukt der Evolution sind, braucht mir keiner zu kommen«, erwiderte Jason. »Uns gibt es seit Jahrtausenden; wenn wir wirklich so spitze sind, wieso sind uns die schwachen Menschen dann zahlenmäßig immer noch überlegen und können sogar Jagd auf uns machen?«
    Ich parkte neben der Hintertür und stellte den Motor ab. Jason öffnete seine Tür und sagte beim Aussteigen über die Schulter: »Mach dir nichts vor, Anita. Die armen wehrlosen Menschen töten mehr von uns als wir je von ihnen töten werden.« Er lächelte bitter. »Sie töten sogar mehr Menschen als wir.« Dann ging er mit großen Schritten zur Tür, ohne sich einmal nach mir umzudrehen.
    Ich hatte Jason beleidigt. Bis zu diesem Moment hatte ich nicht mal geglaubt, dass das möglich war. Entweder wurde er immer erwachsener oder ich immer undiplomatischer. Da ich nicht noch undiplomatischer werden konnte, musste Jason wohl erwachsener geworden sein. Zum ersten Mal fragte ich mich, ob er sich ewig damit begnügen würde, Jean-Claudes Schoßwolf und Appetizer zu sein. Oder in seinen Clubs zu strippen. Stripper und Appetizer – das macht man nicht ewig, oder?

41
    B obby Lee empfing mich an der Hintertür, groß, blond, eine glänzende Erscheinung. Nur seine Laune war nicht glänzend. »Ich hätte auf dem Revier bei dir bleiben sollen.«
    »Sie haben mir nicht abgenommen, dass ich euch alle zu Deputys gemacht habe.«
    »Du hättest sagen sollen, wir sind deine Leibwächter.«
    »Beim nächsten Mal, Bobby Lee.« Während wir die nahezu endlose Treppe in den Keller des Zirkus hinabstiegen, erzählte ich ihm, was ich auf dem Revier erfahren hatte. Die Treppe war so breit, dass vier Leute nebeneinander gehen konnten, aber die Stufen hatten eine sonderbare Tiefe, als wären sie ursprünglich nicht für allzu menschliche Wesen gemacht, auf jeden Fall nicht für Zweibeiner.
    »Ich kenne keinen Heinrick«, sagte er.
    Ich sah ihn so ruckartig an, dass ich taumelte und mich am Arm abfangen musste. In dem Moment fiel mir auf, dass ich kaum etwas über Bobby Lee wusste. »Du bist ja auch kein weißer Rassist; du arbeitest für Rafael.«
    Er ließ meinen Arm los, als er sicher war, dass ich auf festen Beinen stand. »Honigmäuschen, ich kenne weiße Rassisten, die eine ganz besondere Abneigung gegen Leute haben, die ein nur bisschen dunkler sind als Rafael.«
    »Echte Südstaatler sagen nicht Honigmäuschen.«
    Er grinste mich an. »Das tun sie,

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