Finsternis über Gan (German Edition)
später noch einmal mit Seiner Majestät das Gespräch suchen.«
»Tut das!«, sagte Elbachur eindringlich, nickte dem Erzminister förmlich zu, wandte sich von ihm ab und verließ den Raum durch die Tür auf der dem Thronsaal gegenüberliegenden Seite.
Elbachur saß in seinem Amtszimmer, das ihm als königlicher Rat zugewiesen war, an seinem Schreibtisch und schaute zur Uhr an einer Wand. Wie sehr hatte er sich gefreut, als er in den Rat des Königs aufgenommen worden war! Zwar bedeutete es für ihn, in der Menschenwelt zu leben und nur von Zeit zu Zeit die anderen Lichtalben auf Schloss Birah besuchen zu können, aber er verzichtete gerne auf die Annehmlichkeiten seines Zuhauses, wenn er damit seinem Land dienen konnte. Elbachur legte erschöpft den Kopf in die Hände. Wenigstens hatte er Alon in seiner Nähe. Als königlicher Waldhüter lebte er in der Nachbarschaft des Königsschlosses Apelah. Ihm konnte er wirklich vertrauen. Alon war ein Held für alle, die in Gan lebten. Er hatte die vier Träger der Amulette auf ihrem abenteuerlichen Weg zur Quelle des Lebens begleitet und ihnen geholfen, die Quelle, von der ihrer aller Leben, ja das Leben auf der ganzen Erde, abhing, wieder zum Fließen zu bringen. MitPfeil und Bogen hatte er gegen die Angst einflößenden Schwarzalben gekämpft und war im Kampf schwer verletzt worden. Vielen blieb es ein Rätsel, warum Alon nicht auch vom König in den Rat berufen wurde. Jeder hatte mit seiner Berufung gerechnet, denn das Wort Alons hatte Gewicht im Land. Aber der König hatte sich für andere Personen entschieden. Nun war Elbachur der einzige Lichtalb im Rat des Königs. Dabei hatte er noch nicht einmal zum Rat der Lichtalben auf Schloss Birah gehört. Er genoss unter den Seinen zwar eine gewisse Anerkennung, hatte aber kein bedeutendes Amt inne.
Neben ihm wurde das Bergmännchen Doderigg in den Rat des Königs aufgenommen. Doderigg war ein ehrenwertes Bergmännchen, aber noch sehr unerfahren. Alfrigg, der die Träger der Amulette durch die unterirdische Welt geführt und sein Leben für sie und ihre Aufgabe eingesetzt hatte, wäre viel geeigneter gewesen. Elbachur konnte über solche Entscheidungen nur den Kopf schütteln.
Das einzige Tier, das der König in den Rat berufen hatte, war die Wasserratte Emilia, die zwar aufgrund ihrer Unterstützung für die Träger der Amulette im Zauberwald eine gewisse Bekanntheit erreicht hatte, aber vollkommen untauglich für dieses Amt war. Wurde ihr einmal das Wort erteilt, kam minutenlang niemand sonst zu Wort. Sie setzte eine empörte Miene auf, redete und redete und sagte genau genommen gar nichts. Dabei hätte es geeignete Kandidaten unter den sprechenden Tieren gegeben. Das Einhorn Nathanus wäre ideal gewesen. Es war klug und besonnen. Was hätte der König mehr von einem guten Berater erwarten können? Nun sah es ganz anders aus. Fast alle im Rat entschieden sich am Ende stets für das, was der König favorisierte. Und Erzminister Thainavel? Er war ein kluger Mann und hatte immensen Einfluss. Immerhin war er der Cousin des Königs. In den Sitzungen des Rates versteckte er sich aber meist hinter seiner Aufgabe als Erzminister und tat nur selten seine eigene Meinung kund. Es war nie klar, wo er stand. Elbachur seufzte.
Die Stimmung im Land konnte schlechter nicht sein. Seit der finstere Harah und seine schwarze Schar ins Land eingedrungen waren, war nichts mehr wie vorher. Menschen, Tiere, Lichtalben, Bergmännchen und sogar die Baumgeister murrten. Sie hatten sich alle redlich bemüht, möglichst viele Schwarzalben, falsche Bergmännchen und andere finstere Kreaturen aus dem Land zu vertreiben, aber wer weiß, in welchen Löchern sich noch welche versteckt hielten. Von Harah, dem früheren Lichtalb, der die Seiten gewechselt hatte und die Herrschaft über Gan und den ganzen Rest der Welt ergreifen wollte, gab es seitdem keine Spur. Vielleicht hatte ihn der Speer, mit dem er im Kampf getroffen worden war, das Leben gekostet. Das wäre zu schön. Dennoch: Das Böse streute immer noch sein Gift aus. Das Land war kaum wiederzuerkennen: Begangenes Unrecht wurde nicht geahndet und die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen nahmen zu. Gerade mal ein Jahr nach ihrem heiligen Schwur begannen die Bewohner des Landes, die Quelle des Lebens zu vernachlässigen. Anfangs liefen sie jede Woche zu den Lebensströmen, die von der Quelle aus in die vier Himmelsrichtungen flossen, um daraus zu trinken. Aber das
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