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Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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mittlerweile eigentlich überflüssig – Khucaph hatte nur noch so wenige Einwohner, daß der direkte, mündliche Nachrichtenaustausch beinahe schneller war. Der Nachrichtenstab war allerdings auch jene Stelle, wo Meldungen hinterlegt werden konnten, die von außerhalb des Dorfes kamen … poste restante sozusagen.
    Firkin war neugierig geworden und trat etwas näher an den Nachrichtenstab heran, vor dem dicht gedrängt mehrere Dorfbewohner zusammenstanden, die aufgeregt auf ein Stückchen vergilbendes Pergament starrten, das in der kühlen Bergluft leicht flatterte. Es war ein Rätsel, wie es dorthingekommen war – es mußte in der Nacht angeschlagen worden sein. Und es sah beunruhigend aus: Ein blaues Band hing daran, festgeklebt mit einem kleinen roten Wachsfleck – dem Siegel des Königs von Isolon.
    Firkin drehte den Kopf hin und her und schnappte einige Gesprächsfetzen auf.
    »… ich hab mein’s alles reingelegt …«
    »… so ungerecht …«
    Firkin konnte nicht sehen, was auf dem Zettel stand. Er war zu klein.
    »… nicht meine Schuld. Mein’s war komplett. Könnt ruhig die Alte fragen …«
    »… mach das mal der Schwarzen Garde klar …«
    »… oder dem König …«
    Firkin schlängelte sich durch die dichte Menge.
    »… säbeln dir die Rübe ab, eh du noch …«
    Er starrte auf das Dekret und las stumm. Rund um ihn wurde weiter aufgeregt und entrüstet debattiert.
    »… aber wir hab’n immer voll bezahlt …«
    »… soll’n wir vielleicht alle drunter leiden, bloß weil einer …«
    »… und was ist, wenn sich der König verzählt hat?«
    »… nein. Er ist vielleicht hart … aber er ist gerecht …«
    »Nein, ist er nicht. Oder handelt so vielleicht ein gerechter König?«
    »… er droht ja nur, das Dorf niederzubrennen …«
    »Ach! Und deswegen isses in Ordnung? Weil’s bloß eine Drohung ist?«
    Firkin las zu Ende und wurde käsebleich. Niemand bemerkte, wie er heftig schluckte, die Fäuste ballte und sich langsam abwandte. Er zwängte sich zwischen den aufgeregt diskutierenden Menschen durch. Hogshead wartete schon auf ihn.
    »Gute Nachrichten?« fragte er gespannt.
    »Nicht unbedingt«, antwortet Firkin matt.
    »Hä? … Was steht’n drauf?«
    »Er hat’s gemerkt.«
    »Wer? Was?«
    »Der König … Die Sache mit dem Zehnten.«
    »Achso das … Achso das?!«
    Firkin war wie vor den Kopf geschlagen. Er starrte benommen zu Boden und ging nach Hause. In einem Zeitraum von nur wenigen Minuten war die ganze Welt auf den Kopf gestellt worden. War bei den Füßen gepackt, herumgewirbelt, durchgeschüttelt und dann in die Ecke geschleudert worden. Und es war alles seine Schuld. Sein Vergehen, so klein und unbedeutend es auch war – es hatte Folgen. Folgen für seine Mitmenschen. Alles seine Schuld. Er fühlte sich miserabel. Tränen stiegen ihm in die Augen.
    Er war ein Verbrecher.
    Ein Krimineller, der sich schuldig gemacht hatte, weil er ein Delikt verheimlichte und damit das ganze Dorf in Mitleidenschaft zog.
    Und das konnte er nicht mehr ertragen …
    Hogshead sah hilflos zu, wie Firkin sich flüchtig über die Augen wischte und davonrannte.
     
    Mitten in der Nacht von einem Fremden rücksichtslos aus dem Schlaf gerissen zu werden, eine Hand auf dem Mund zu spüren und nicht schreien zu können; bewegungsunfähig daliegen zu müssen, weil einen ein gefährlicher Irrer mit eisernem Klammergriff festhält – darauf ist man üblicherweise am allerwenigsten gefaßt.
    Mitten in der Nacht wurde Hogshead plötzlich rücksichtslos aus dem Schlaf gerissen, mit eisernem Klammergriff festgehalten und sehr nachdrücklich daran gehindert, um Hilfe zu schreien. Erschrocken starrte er in das Gesicht eines gefährlichen Irren, das nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war. Panisches Entsetzen brach wie eine riesige Flutwelle über ihn herein und schleuderte ihn hilflos hin und her wie eine Dosenschildkröte in einem Tsunami. Schweiß tropfte ihm von der Stirn, ein eisiger, arktisch kalter Schauer lief ihm über den Rücken, ungezählte bange Fragen stürmten auf ihn ein, schossen ihm durch den Kopf, wo sie sich rüde in die vordersten Reihen vordrängten und lautstark Antwort forderten. Zweifel mischten sich darunter, Zweifel bezüglich seiner unmittelbar bevorstehenden Zukunft, Vorstellungen von dünngeschliffenen langen Dolchen, von unsäglicher Folter und Qual …
    »Lieg endlich still, du Dummkopf!« hörte er das rauhe Flüstern seines Angreifers. »Und hör mit dem Gezappel

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