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Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Küche.
    »Soll das vielleicht ein Scherz sein?« kreischte sie und wedelte mit einem schmuddeligen Fetzen Papier.
    »Guten Morgen, Frau Hopwood. Wie geht’s denn so?« fragte Schurl.
    »Was soll das heißen? Ich hab mein Lebtag noch nie so was Geschmackloses gelesen. Ein übler Scherz. Widerlich.«
    »Moing«, grunzte Wyllf.
    »Das wird noch einmal böse enden. Sie werden schon sehen!«
    »Was schwafelt die eigentlich«, wollte Wyllf wissen.
    Schurl zuckte die Achseln. »Wart einen Moment, bis sie sich beruhigt hat. Dann wird sie’s uns schon erzählen.«
    »Wenn das die Garde spitzkriegt, dann sind wir geliefert.«
    »Jetzt beruhigen Sie sich doch! Was ist denn eigentlich los?« versuchte Schurl ihre Nachbarin zu besänftigen.
    »Das ist los! Ihr Sohn bringt meinen Billy auf die schiefe Bahn!« schrie Mrs. Hopwood und wedelte wieder mit dem Zettel.
    »Immer langsam. Wie sollen wir’s denn lesen können, wenn Sie dauernd damit in der Gegend rumfuchteln?«
    Mrs. Hopwood knallte den Zettel auf den Tisch.
    Verdutzt starrten sie ihn an.
    Eine kurze handschriftliche Notiz.
    Aber was sollte das heißen?
    Auf dem Zettel stand nur:
     

     
    Die drei sahen sich stumm an.
    »Also?« schrie Mrs. Hopwood. »Was soll das heißen, bitteschön?«
    »Woher soll’n ich das wiss’n, verdammt noch mal?« brüllte Wyllf. Es war nicht unbedingt ein erhellender Beitrag.
    »Na, na, na – was sind denn das für Ausdrücke?« zischte Schurl.
    »Wenn sie auch ewig unsern Firkin beschuldigt, alles mögliche anzustel…«
    »Er bringt meinen Sohn auf die schiefe Bahn!« kreischte Mrs. Hopwood.
    »So ein Quatsch – bringt Ihr’n Sohn …«
    Dawn hatte genug gehört. Wo Firkin und Hogshead waren, das schien keinen wirklich zu kümmern. Nur, wessen Schuld es war. Und das wußte Dawn allerdings. Sie wußte sehr gut, wer schuld daran war, daß Firkin fortgegangen war. Langsam schleppte sie sich wieder in ihr Bett.
    Den Zettel hielt sie fest umklammert. Firkins Abschiedsbrief.
    Als ihr die Schneeglöckchen wieder einfielen, rollte ihr langsam eine Träne über die Wange.
    Es war, als hätte Firkin ein riesiges Loch hinterlassen. Alles war so leer, nachdem er fort war. Ihre Schultern begannen zu zucken. Sie vermißte ihn schon jetzt, dabei war er noch gar nicht lange weg. Sie schniefte. Wieder lief ihr eine Träne über die Wange, wieder war ihr plötzlich etwas eingefallen. Etwas, das sie aufwühlte. Es war etwas, das sie in jeder anderen Situation überglücklich gemacht hätte. Jetzt aber bewirkte es nur, daß sie den Verlust um so schmerzlicher spürte: Im Moment des Abschieds hatte der verzweifelte Firkin an allererster Stelle an Dawn gedacht und ihr einen Abschiedsbrief geschrieben. Ihre Unterlippe begann zu zittern.
    Es war zuviel. Langsam und ganz, ganz still sank Dawn zusammen.

 
II
DIE KRAPATHEN
     
     
    Fünfzehn Jahre vor diesen Ereignissen und etwa 315 Meter von der Stelle entfernt, an der Dawn schluchzte, lag am Ende eines einsamen Tals in den krapathischen Bergen ein Haufen Lumpen. Ein kalter Wind blies durch das Tal, zauste das Heidekraut und die zwergwüchsigen Bäume – es sah aus, als wäre die kümmerliche Bergvegetation in helle Aufregung geraten. Die Lumpen bewegten sich ein wenig.
    Ein großer, schwarzer, nicht näher zu beschreibender Vogel zog hoch über der nahen Bergkette seine Kreise. Eine kleine Schar gelblicher Nager huschte aufgeregt davon und ging schleunigst in Deckung. Kalt blies der Wind durch das Tal – und wieder rührten sich die Lumpen.
    Daß es sich bei diesem Haufen Lumpen in Wahrheit um ein Zelt handelte, das hätte jemand, der mit einer begnadeten Vorstellungskraft und einer Glaubensstärke von geradezu biblischem Ausmaß gesegnet war, möglicherweise erkannt. Es war tatsächlich ein Zelt, ein Gebilde, das sich so sicher hielt, wie ein betrunkener Volksliedfreund eine Melodie hält: immer in etwa richtig, immer kurz vor dem Absturz und insgesamt eher von langjähriger Gewohnheit geleitet als von Musikalität und solider Intonationssicherheit.
    Als sich der Wind vorübergehend legte, wurde es gespenstisch still in dem kleinen Krapathental. Auch das Zelt bewegte sich nicht mehr. Dann tauchte langsam eine Hand in der Öffnung auf und wand sich wie der Tentakel eines neugierigen Kraken um die Steinbrocken vor dem Eingang. Planmäßig tätschelte die Hand die flechtenüberzogenen Steine, schien sie nach einem ganz bestimmten Schema abzutasten. Sie suchte.
    Rechts von der Stelle, wo sie sich eben

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