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Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Stimmung, die Menge verharrte in Erwartung der Wiederkunft. Ihre Motive waren allerdings alles andere als fromm.
    Plötzlich schoß eine Hand empor und zeigte nach oben. Mit angehaltenem Atem beobachtete die Menge, wie ein winziges gelbliches Nageltier sacht trudelnd zur Erde stürzte. Dann ein zweites. Winzige Pfoten stemmten sich mit vergeblichem Fuchteln gegen den brausenden Luftstrom … ein drittes … und dann:
    Wuumps … ssssttt!
    Es hatte begonnen.
    Und während die Aufmerksamkeit der Dörfler fest auf die Kaskade aus purzelnden und sich überschlagenden Nagern gerichtet war, machte sich die hochgewachsene hagere Gestalt heimlich daran, ein kleines Lagerhaus zu plündern.
     
    Am Tag darauf und achtunddreißig Meilen hinter den krapathischen Bergen stürmte eine hochgewachsener hagerer Mann durch die Korridore in einem der oberen Stockwerke des befestigten Reichspalastes von Cranachan. Laut hallten seine Schritte, als er an kahlen Wänden vorbeijagte, dumpf klangen sie dort, wo Gobelins in endlosen Reihen die Mauern bedeckten und den Schall schluckten. Auf riesigen Flächen leuchtend farbigen Tuchs waren alle die kulturellen Großtaten dargestellt, die die Herrscher in der Historie des Reichs unternommen und durch die sie die nachbarschaftlichen Beziehungen zu den umliegenden Königreichen nachhaltig gefestigt hatten: Belagerungen, Schlachten, Plünderungen… Der junge Mann beachtete sie nicht, er rannte weiter und hielt das Bündel gelblicher Kleidungsstücke fest an sich gepreßt. Tief in seinen Augen funkelte ein irres Glitzern.
    Der junge Mann war der Chef der cranachischen Innenpolitik. Er war der jüngste Innenminister in der Geschichte Cranachans und hatte diese Position erreicht, weil er sich beflissen jener gediegen altmodischen und durch die Tradition geheiligten Hilfsmittel bedient hatte, die da sind: harte Arbeit, Bestechung, Erpressung und nackte Habgier. Seltsamerweise hatte er (ein schwerwiegendes Versehen der Personalabteilung!) bei seinem Amtsantritt keine exakt formulierte Aufgabenbeschreibung erhalten. ›Eine vage Definition ist eine flexible Definition‹ hatte er sich deshalb zum Motto gemacht und war unverzüglich und skrupellos daran gegangen, seine Machtbasis auszubauen. Jedes Amt, und war es noch so unbedeutend, hatte er, wenn es nicht niet- und nagelfest abgesichert war, gnadenlos seinem sich rapide vergrößernden Imperium einverleibt. Unbedarften Vorsitzenden wurde der Sitz weggezogen, auf dem sie vorsaßen, Köpfe rollten, wurden mit beinahe chirurgischer Präzision abgetrennt, nichts und niemand war vor ihm sicher. Nie.
    Er feixte höhnisch und blickte verschlagen auf das Bündel Kleidungsstücke, das er bei sich hatte. Zwei baumlange Wächter, Angehörige der Königlichen Garde, versperrten mit ihren Streitäxten die massive zweiflügelige Eichenholztür. Nervös fingerten sie an den Axtstielen, als jetzt die schwarzgekleidete Gestalt auf die Tür des Sitzungssaals zustürmte. Ein Wink mit dem Handschuh jagte sie aus dem Weg, der Cranachische Innenminister platzte wie ein kleiner, aber todbringender Wirbelwind in den Sitzungssaal der Handelskammer.
    Der König – er saß auf seinem hohen Stuhl am Kopfende des gewaltigen Eichenholztisches – blickte auf. Drei weitere Köpfe wandten sich um und starrten den ein wenig kurzatmigen Ankömmling an.
    »Ihr habt Verspätung, Fisk!« dröhnte seine Hoheit, der König von Cranachan.
    »Ich weiß, Sire! Erlaubt mir dennoch, meine überaus nichtswürdigen und abscheulichen Entschuldigungen vorzubringen und auf die Gräber all derer zu spucken, die in Eure Königlichen Fußstapfen treten«, entgegnete der Innenminister. Er tat es mit der uralt überlieferten Begrüßungs- und Entschuldigungsfloskel.
    »Ich hoffe für Euch, daß Ihr mir einen verdammt guten Grund nennen könnt.«
    »Selbstverständlich, Sire. Natürlich, Sire«, sagte der Innenminister auffallend ruhig. Inwendig aber, in seinem innersten Innern und ganz tief unten, herrschte ein Aufruhr, als hätte man dort einen Hummelschwarm eingesetzt und dann die Öffnung versiegelt.
    »Setzt Euch. Wir werden uns später um Euch kümmern.«
    »Selbstverständlich, Sire.«
    Der König wandte sich an den dicklichen Mann zu seiner Linken, dessen Mund noch immer offenstand und dessen wuchtige Stirn von einem glänzenden Schweißfilm überzogen war.
    »Gympl«, brüllte der König, »macht schon weiter! Wir haben schließlich nicht den ganzen Tag lang Zeit!«
    Der Minister für Handel und

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