Firkin 02 - Die Frösche des Krieges
Seite! Exklusivbericht! Tempi passati!
Und jetzt? Womit mußte er sich jetzt befassen? Was hatte er, Turgg Enjeff, Enthüllungsjournalist und Spitzenreporter des Cranachischen Merkur, jetzt zu melden?
KEINER WOLLTE SIE KAUFEN!
Katze (Musch) nach zweistündiger Dunkelhaft endlich wieder aus dem Sack gelassen!
OMA RÄUMT AB!
Die strahlende Gewinnerin des diesjährigen Mensch-ärgere-dich-nicht- Wettbewerbs der Seniorinnen!
BLUTBAD AM SEEUFER!
Möwe ermordet!
Es reichte, um einen erwachsenen Menschen zum Heulen zu bringen! Vielleicht sollte er einmal …
SPITZENREPORTER GESTEHT:
ICH HABE CHEFREDAKTEUR ERWÜRGT!
Das konnte durchaus passieren, wenn er nicht bald eine anständige Story bekam. Vielleicht sollte er sich einfach eine Geschichte ausdenken? Oder Schriftsteller werden? Oder sich hinlegen und sterben, aus Frustration und Langeweile? Eine dunkle Wolke zog am Fenster vorbei, groß wie ein Klavier.
Turgg starrte auf das leere, niederträchtig weiße (fast weiße) Blatt Pergament und fluchte leise und nur für sich. Er sammelte diverses Schreibzeug und einen kleinen Notizblock zusammen, stand auf, schlüpfte in seinen fettig-fleckigen Mantel und schlurfte auf die Straße hinaus. Sollte der Chefredakteur ruhig noch ein wenig auf seinen erbärmlichen Artikel warten.
Turgg Enjeff interessierten keine Artikel, Turgg Enjeff brauchte eine Story! Er steuerte seinen bevorzugten Aufenthaltsort an, seine Quelle für Klatsch und Tratsch und sonstigen Lebensunterhalt. Eine kleine Spelunke im heruntergekommeneren Teil der Stadt Cranachan: die Saure Gurke.
Acht Finger, deren stoppelhaariger Bewuchs unter einer Unzahl billiger falscher Diamantringe gut versteckt war, kreisten über der schwarzen Kugel. Die Gestalt, zu der diese Finger gehörten, hatte goldene Ringe in die Ohrläppchen gesteckt, die sich auch im Nasenloch eines Preisbullen nicht schlecht gemacht hätten, und um den Kopf ein enganliegendes rot-weiß getüpfeltes Kopftuch gewickelt. Sie klopfte nervös mit den Füßen auf den Boden und starrte immer intensiver in die Kugel.
»Schon entdeckt?« fragte Watt.
Die Gestalt verneinte knurrend und starrte das Ding noch schärfer an.
Dann blitzte ein kleiner weißer Funke auf, es knisterte kurz, und dann wirbelte ein Schneesturm in der Kugel … statische Störungen.
»Wann war dieses Ding eigentlich letztes Mal zur Wartung?« schnauzte die Gestalt. Sie pochte gegen die Kugel und fummelte ärgerlich an einem der kleinen Knöpfe rechts unten am Sockel.
»Ich, äh«, antwortete Watt.
»Hmmmmpff. Dacht ich mir … ›Weiß nicht mehr‹«, spottete die Gestalt und ließ die Augen keine Sekunde lang von der Kugel.
»Da! Hab sie!«
Watt starrte in das statische Schneegestöber: »Wo?«
Er bekam keine Antwort. Die Gestalt ließ die Hände über der Kugel kreisen, sprach stöhnend und ächzend Beschwörungsformeln und versuchte verzweifelt, ein klares Bild zu bekommen. Nach kurzer Zeit legte sich der Schneesturm ein wenig, es hagelte mit kleinen Unterbrechungen, und ein trübes Bild erschien in der Kugel: vier Kinder, die auf einem Haufen alter Kisten und Schachteln und anderem Müll lagen.
»Bißchen dunkel«, fand Watt.
»Sie sind in einer Seitengasse.«
»Ah«, sagte Watt unbeeindruckt.
»In Guldenburg.«
»Ach so. Verstehe. Guter Empfang«, sagte Watt schüchtern. »Was starren die denn eigentlich so an?«
»Keine Ahnung.« Armreifen klirrten, als die Frau mit den Handgelenken leicht gegen die Kugel schlug, die Finger krümmte und streckte und die Bildeinstellung änderte. Der Blickwinkel verschob sich, der Bildausschnitt wanderte nach oben. Noch weiter nach oben.
»Oha!« sagte Watt, der mit einem umwerfenden Gespür für Untertreibung gesegnet war, und staunte das kleine Schwarzweißbild an: Die blitzende Stahlklinge einer Machete schwang drohend durch die Luft.
Wie der Blitz war die Frau auf den Beinen, der Stuhl flog krachend durchs Zimmer.
»Sofort Projektor fertigmachen! Fokus auf diese Koordinaten! Höchste Intensität. Zelt auf dem Marktplatz! Mach schon, Tempo, Tempo!«
Um ein Haar wäre Watt über die eigenen Füße gestolpert, als er in drei verschiedene Richtungen gleichzeitig losrannte.
Hoffentlich kommen wir nicht zu spät, dachte die Frau. Wir dürfen keine Zeit verlieren, nicht eine Sekunde!
»Halt, halt!« bettelte Zhorrothustra kläglich. »Nur eine kurze Pause. Bitte!« Eiskalt pfiff der Wind über die kahle Öde hoch auf dem
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