Firkin 02 - Die Frösche des Krieges
Ungeheuers gerettet. Er hatte getan, was ein wirklicher Mann tun mußte. Klayth wäre mit Sicherheit hochbeeindruckt, wenn er nach ihrer Rückkehr nach Schloß Isolon davon erführe. Möglicherweise würde er sogar veranlassen, daß einer dieser scheckig gekleideten Minnesänger und Spielmänner seine Heldentat in einem Lied verewigte. Firkin träumte mit offenen Augen, er sah die Szene schon vor sich: Drei oder vier Minnesänger, sie standen auf der Empore, steckten sich die Finger in die Ohren und stimmten einen näselnden Gesang an: ›Wer heute in den Wald geht, der nehme sich in acht …‹
Nachdem ihm Courgette eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hatte, stand Hogshead steifbeinig auf und rieb sich den Hinterkopf. Ch’tin hatte seinem Ärger und Mißmut über rücksichtslose und fahrlässige Behandlung hinreichend Ausdruck verliehen, war mit ein paar Kapiteln aus einem schmalzigen Liebesroman abgefüttert worden und hatte sich zu einem Nickerchen in Hogsheads Tasche zurückgezogen.
»Und jetzt?« stöhnte Hogshead. »Wo geht’s weiter?«
Courgette zuckte die Achseln. »Firkin hat die Karte.«
›… dort steht mit seinem Knüppel …‹, hörte Firkin die Barden singen.
»Wo geht’s jetzt weiter?« wiederholte Hogshead seine Frage und rempelte Firkin an.
›… jung Firkin auf der Wa-a-a-a-cht.‹ Die Darbietung war zu Ende, tosender Applaus brandete auf, das begeisterte Publikum rief den Helden auf die Bühne, es rief seinen Namen …
»Firkin! He, du Trottel! Wo hast du die Karte?« schrie Hogshead.
»Was? Wie?« Die Kulisse des Bankettsaals verschwamm, wurde grün und verwandelte sich in einen Wald … »Ach, du bist es«, murmelte Firkin benommen.
»Wer sonst? Was hast du denn geglaubt?«
»Sag ich dir später mal. Was willst du?«
»Wo geht’s jetzt weiter?« fragte Courgette, weil Hogshead nur noch gereizt brummte.
»Immer dem Weg nach. Kommt schon!«
Sie nahmen wieder ihre Marschordnung ein und brachen auf. Firkin, der unbezwingbare Held, legte ein scharfes Tempo vor und hackte schwungvoll und begeistert auf den Wirrwarr aus Ästen und Zweigen ein.
Irgendwo vor ihnen im Wald wackelten in freudiger Erwartung zwei hypersensitive Ohren, als sie die Trittgeräusche des anrückenden Quartetts vernahmen.
Der Pfad war nach wie vor dicht überwuchert. Er schlängelte und wand sich und änderte, wie ihnen vorkam, beinahe Zentimeter für Zentimeter die Richtung. Erstaunlicherweise irrten sie nur ein- oder zweimal vom Weg ab und gerieten an den Klippenrand einer riesigen Schlucht, auf deren Grund, in schwindelerregender Tiefe, das schmale Band eines Flüßchens zu sehen war.
Nachdem sie sich zwei Stunden lang durch endloses Dickicht gehackt und geschlagen hatten, ließ Firkin eine Marschpause einlegen. Die Kreatur, deren Ohren die Anwesenheit der vier gerade eben registriert hatten, spuckte sich in die winzigen Pfoten und sprang mit einem gewaltigen Satz auf einen anderen Baum. Sie schwang sich mit einem eleganten Salto von einem Ast zum nächsten, hüpfte und hangelte sich bis zu jener Stelle, wo die vier Kinder rasteten und Kekse knabberten – auf einer kleinen Lichtung, die beinahe wie ein gepflegtes Rasenstück mitten im verwucherten Dickicht lag. Begeistert rieb sich das Geschöpf die Pfoten und ließ aufgeregt die Ohren spielen. Dann wickelte es den langen Greifschwanz um den Ast, auf dem es hockte, und verankerte sich fest und sicher auf seinem Sitzplatz. Zwei schwarzbraune Marsupialieraugen blickten unverwandt auf die Rasenfläche, das Tierchen konzentrierte sich auf die bevorstehende Aufgabe. Es lag lange zurück, daß es die Instruktionen, mit denen es beauftragt war, hatte ausführen können. Jetzt hing es kopfunter an einem Ast, beschrieb mit Pfoten und Ohren geheimnisvolle Kreise und ließ seine Gehirnstromwellen über die Lichtung streichen. Ließ sie tief in den Rasen eindringen und brachte damit etwas in Bewegung, das in ihm verborgen lag. Der kleine braune, einem Beuteltier ähnliche Vierfüßler zwang den Rasen, das zu tun, was sein Name andeutete: zu rasen.
Die Kinder hatten keine Ahnung, daß sie wieder in den Einflußbereich eines der nirgendwo dokumentierten, streng geheimgehaltenen Abwehrsysteme von Losa Llamas geraten waren – an einem Ast über ihnen baumelte ein ›Verbl‹. Bei ihren Versuchen, Kreuzzüchtungen von Substantiven und Verben herzustellen, hatten die Thaumaturgischen Physiker gleichsam als ein Nebenprodukt dieser Forschungen die Möglichkeit
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