Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum

Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum

Titel: Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
Vom Netzwerk:
fuchtelnden Armen in den Karren gezerrt.
    Firkin und Hogshead ließen die Bremshebel los, und die Wagenkolonne zog mit einem heftigen Ruck an.
    Wieder schreckte Magnus aus dem Schlaf auf, brannte Gigolo eins mit der Peitsche über, bedachte Papagallo mit einem Schwall verschlafener Verwünschungen und döste dann wieder ein – ohne auch nur im geringsten etwas von den vier blinden Passagieren zu ahnen, der er sich eben aufgeladen hatte.
     
    Mit wackelnden Fühlern witterte das Ameisenmännchen die Duftmarke eines Weibchens. Wie unzählige aromatisierte Einladungen zum Diner wehte ihm die sanfte Abendbrise ihre Pheromone zu. Im Nu hatten die süß duftenden Signale nasaler Verführung seinen Verstand restlos besetzt. Das Ameisenmännchen hatte vollständig vergessen, was Gefahr, Leid oder Arbeit bedeuteten, der Dufthauch der Weiblichkeit machte es verrückt und weckte ein übermächtiges insektiles Verlangen. Nur ein einziges Wort konnte es noch denken: Lust.
    Auf der Stelle ließ es das Blatt fallen, mit dem es sich gerade abgeplagt hatte, machte auf allen sechs Absätzen kehrt und wuselte los, getrieben von unbändiger Fleischeslust. Mit einzigartiger Entschlossenheit und Zielstrebigkeit durchwatete es einen wild plätschernden Gebirgsbach, krabbelte eine steile Klippe hinauf und stemmte sich, tropfnaß noch, über die Kante auf einen Pfad, befeuert von der überwältigenden Triebkraft zügelloser Lüsternheit.
    Und dann sah es sie! Drüben am Wegrand stand sie! Hundertfach sah es sie, vervielfältigt durch seine Facettenaugen: eine wohlgeformte schwarze Schönheit, strahlend im Licht der sinkenden Sonne. Boahey! Das nenn ich ’n Thorax! Und ein Abdomen… Scharf wie Ameisensäure! Mit elegantem Schwung machte sie auf ihren sechs Stilettoabsätzen kehrt und wackelte mit den Mundwerkzeugen.
    Es mußte sie haben! Sie schnäuzelte. Nichts konnte es jetzt mehr aufhalten …
    Indes …
    Es geschieht immer wieder, daß der Zufall, der bekanntermaßen ein lästiger, bösartiger, sadistischer Gnom ist, andere Pläne hat. Fatalerweise hatte er diesen tapferen, gliederfüßigen Don Juan dazu ausersehen, eine (wenn auch nur winzige) Rolle in jenem grausamen Fiasko zu spielen, das er sich heute als Abendunterhaltung gönnen wollte.
    Urplötzlich tauchten hoch über dem Kopf des Insekts ein Paar blauer Segeltuchschuhe auf, schwebten einen Moment lang in der Luft, bimmelten, senkten sich dann ein wenig und trafen schließlich hart auf dem nackten Gebirgsboden auf.
    »Keine Angst«, dröhnte die Stimme, die zu den Füßen und dem gehörte, was nördlich davon lag. »Ich will nur … Oh! Mist! Nicht schon wieder!«
    Merlot stand auf dem Fohpaß, blickte sich um und runzelte die Stirn.
    Ein dunkles, zorniges Etwas kam aus dem Feuerball der Sonne geflogen und flatterte schnurstracks auf ihn zu. Flügel und Krallen verdeckten den Himmel, mit einem Gewirbel aus Federn und laut gekreischten Anschuldigungen setzte Arbutus zur Landung an.
    »Es würde mich wirklich freuen, wenn du einmal so anständig wärst und mir mitteilen würdest, wann du zu verschwinden gedenkst!« blaffte er und pochte mit einer Kralle gereizt auf Merlots saxofranfarbene Schulter. »Dein Verhalten ist wirklich äußerst enervierend!«
    Merlot hatte die verräterisch eiligen Fußabdrücke und die Spur eines blockierten Rads auf dem Boden studiert. Jetzt blickte er auf und starrte Arbutus an. »Sie sind in die Richtung! Wohl Cranachan, was?« Er streckte die rechte Hand aus, zählte bis drei und war verschwunden. Ohne blaue Rauchwolke – die wollte er sich für eine andere Gelegenheit aufsparen. Arbutus stieß kreischend eine Unzahl grimmiger Flüche aus, fluchte auf eine Art und Weise, die geeignet war, die gesamte Spezies der Eulen in Verruf zu bringen, spuckte aus und flatterte wütend davon. Auf die sinkende Sonne zu, nach Cranachan.
    Als sich eine winzige, von Wollust getriebene Ameise aus einer schuhförmigen Bodenvertiefung hochrappelte, den Kopf schüttelte und sich dann schleunigst wieder auf die Suche nach dem Objekt ihrer von Pheromonen verderbten insektilen Begierde machte, stemmte der Zufall die Hände in die Hüften und lachte laut und ausdauernd. Dann verschwand auch er. Machte sich davon, um die Ergebnisse eines kleinen, vor einiger Zeit begonnenen Experiments zu überprüfen, an dem ein großer Strohballen, mehrere Dosen Paraffin und eine Feuerechse beteiligt waren, wobei letztere an einem schlimmen Heuschnupfen litt.

 
VI
IM DUNKELN

Weitere Kostenlose Bücher