Firkin 04 - Hundstage

Practz wußte, daß er wußte, daß es nun fünfzehn zu null stand – ebenso, wie er wußte, daß Practz nicht wußte, daß es bald dreißig zu null stehen würde, »was wird Rutger tun, wenn er das Thaumafer erreicht?«
    »Er wird es natürlich abschalten! Er wird dem irren Mancini den Stecker herausziehen!«
    »Und wie?« drängte Phlim. Die Frage fegte wie ein raketenbetriebener Hieb über das Netz.
    »Ahhhhh.«
    Dreißig zu null. Die Massen drehten durch!
    »Ohne die größten Stabbremsen, die wir in die Finger kriegen können, hat er keine Chance«, sagte Phlim. »Ohne die hier und die andere, die in einer Minute fertig ist. – Schafft sie zu ihm und werft sie ins Loch, dann kommen wir vielleicht mit einem blauen Auge aus der Sache raus! Noch was?«
    Practzens Gesicht war knallrot, seine Lippen arbeiteten in stummer Wut, als er versuchte, sein kochendes Temperament zu zügeln. »Ihr Idiot! Es ist unglaublich! Schafft sie zu ihm? Ein Maulheld seid Ihr! Ja, was glaubt Ihr denn? Sollen wir sie etwa hinrollen? Die verdammten Dinger einfach übers Talpa-Gebirge schibbeln? Es ist ein schöner Tag. Warum eigentlich nicht?«
    »Ihr habt doch gerade gesehen …«, protestierte Phlim.
    »Ihr wart kaum fünfzehn Fuß Metall mit dem da hoch. Es ist Eurer Aufmerksamkeit vielleicht entgangen, aber das Talpa-Gebirge ist viel höher. Bei zwei Stabbremsen braucht man mindestens …«
    » …drei zusätzliche Rucksäcke!« beendete Phlim den Satz.
    »Und wo, im Namen aller Götter, wollt Ihr welche finden? In welchem Zylinder verstecken sich denn die kleinen Häschen, he?«
    Phlim, der sich kaum noch beherrschen konnte, deutete beiläufig auf den Karren, den Thurgia durch die Tür schob. Practz fuhr herum und stierte ungläubig auf ein Trio leuchtender, glühender, sanft schnurrender Thaumatrone. Sein Mund öffnete und schloß sich, als der Leiter der Dämonischen Besessenheit ein Rucksack-Thaumatron anlegte, den Taillengürtel festzog und die Energie erhöhte.
    »Für jeden einen«, sagte Phlim. »Für Wat, Thurgia, und – ähm – für Euch.«
    »Moment mal! Moment mal!« rief Practz und warf entsetzt die Arme in die Luft. »Wenn Ihr glaubt, ich lege eins dieser Dinger an und trampe über die Berge …«
    »Wer hat denn was von Trampen gesagt?« fragte Phlim, als Thurgia und er den Energieausstoß aktivierten, die Fäuste ballten, den Druck gegen den Boden richteten und sich in die Lüfte erhoben.
    »Natürlich«, sagte Phlim. Er schaute in die Tiefe und grinste, als Practz erneut den Mund zu schließen vergaß. »Falls Ihr darauf besteht, könnt Ihr natürlich auch trampen!«
     
    Die Zwerge hatten nicht lange gebraucht, um ihre Grabgeräte abzuwerfen und den Boden mit hektischen geozidalen Neigungen zu attackieren. Zu Rutgers Erstaunen schien der Mangel an Spitzhacken ihr rasches Vorankommen nicht zu behindern. Tatsächlich sah er Minuten nach dem ersten fußbetriebenen Schaufelblatt, das sich in den entsetzten Oberboden fraß, nur noch einen konstanten Schauer aufgewirbelter Erde, Kiesel und einen gelegentlich erschreckten Maulwurf. Nun, nach einstündiger Arbeit, war selbst dies unter dem Lochrand verschwunden.
    Proph kämpfte sich mit einem Berg von Ledereimern ans Tageslicht, leerte sie auf einen Haufen und raste zu Rutger hin.
    »He, Köttel, wonach gra’m wir übahaupt?«
    »Das Doppelte von dem, was Mancini euch gegeben hat«, antwortete Rutger und musterte besorgt den Tortellini und die dunkelrote Wolkenbank, die sich über dem konstanten Schwall geothaumaler Energie aufbaute.
    »Mann! Dat is verdammt großzügich! Dat Doppelte is kaum mehr als ’n Stich ins Auge mit’m Stock!« sagte Proph verächtlich, als ihm Mancinis großzügiges nicht-existentes Thaum-Share-Angebot einfiel.
    »He, ich bezahl schon! Nenn mir die Währung! Kröten, Gold, Diamanten?« Es war Rutger schnurz – man würde ohnehin nur in Bleirohren blechen. Es wäre kein Problem gewesen, den Zwergen eine dicke Prämie zu zahlen, sobald er wieder in Losa Llamas war. Falls er je wieder nach Losa Llamas kam. Er warf einen nervösen Blick auf die nun reglose Wantze auf dem Boden; ihre Augen waren seltsam leblos. Er schüttelte sich und erinnerte sich an den Schock, als sie vor ihm vom Himmel gefallen war und die Illusion vom Wunderhund Bello und die Verbindung mit Losa Llamas im Nu zerschmettert hatte.
    »Gold is gut«, meinte Proph. »Da weiß man, wat man hat!« Er grinste, ging fort, drehte sich um und kam zurück. »He, Köttel, wonach graben