Firkin 1: Der Appendix des Zauberers
darüber nachdenken.
»Also – ich sehe eigentlich keinen Grund, warum wir ihm das sagen sollten. Ich meine, schließlich hat er ja nichts gekauft, oder? Alles eine Sache von Angebot und Nachfrage, nicht wahr? Ich weiß, wo er essen kann – er weiß es nicht!«
»Genau. Sehr richtig. Wir wissen, wo die Kneipe ist – er nicht!« grinste Dödel.
»Also, ich bin der Meinung, wir sollte es ihm nicht sagen.«
»Ganz richtig. Bleibt unser Geheimnis, daß es da rüber ist und dann die erste links … Au!«
»Wie zum Teufel kommst du dazu, ihm das zu erzählen?«
»Is mir so rausgerutscht. Hab ich nicht gewollt.«
Man schrieb das Jahr 1025 MEZ. Im Antichambre des Konferenzraums von Schloß Isolon lief der Prospektor nervös auf und ab. Das Herz klopfte ihm so laut, daß es im ganzen Raum widerhallte – die deutlich hörbare Auswirkung jener Mixtur aus Courage und Angst, die seinen Körper mit einer Adrenalinflut überschwemmte. Kharthezsh, der König von Isolon war dafür bekannt, daß er von unnötigen Geldausgaben nichts hielt und daß er dieser Abneigung nicht selten rücksichtslos Ausdruck zu verleihen wußte. Nach dem Motto, so ging das Gerücht, ›… und seid ihr nicht willig, gebrauch ich Gewalt‹, vor allem dann, wenn es um die Anhebung der Zehntensätze ging.
Knarrend öffnete sich die Tür, eine Hand winkte den Prospektor in den Konferenzsaal. Er strich sich die Haare glatt, versuchte das gleiche mit der abgerissenen Jacke und folgte verängstigt.
Er marschierte an Wänden vorbei, an denen in langen, exakt geordneten Reihen Waffen und Kriegsgerät hingen, und blieb vor dem mehrere Jahrhunderte alten Tisch aus Eichenholz stehen, an dem der mehrere Jahrzehnte alte König sein Nickerchen hielt.
»Ähem! Königliche Hoheit …? Sire!«
Der König schreckte aus dem Schlaf und blinzelte verstört in die Landschaft.
»Sire«, fing der Sekretär noch einmal von vorn an, »darf ich vorstellen: Franck von Khucaph, Prospecteur.«
Franck verbeugte sich vor dem alternden König und wartete. Und wartete … Der König war beschäftigt. Er hatte eine kleine Schüssel vor sich stehen, sah sie mißtrauisch an und lud sich dann etwas auf den Löffel, das aussah wie Haferbrei. »Was’n los?« reagierte er gereizt auf das nervöse Gehüstel des Sekretärs, schielte über den Rand seiner Lesebrille und wischte sich mit einem schmuddeligen Taschentuch den Mund ab.
»Königliche Hoheit«, begann Franck verschüchtert, »ich ersuche um Anhörung in einer Angelegenheit von allerwichtigster und dringlichster königreichlicher Importanz.«
»Hä … Was war das?« Der König setzte sich sein Hörrohr ans Ohr. »Los, raus damit! Hab schließlich nicht den ganzen Tag Zeit!«
»Sire, ich komme in einer Angelegenheit von dringlichster königreichlicher Importanz«, wiederholte Franck geduldig.
»Impotenz? Wer sagt das?«
»Importanz, Sire. Von außerordentlicher Wichtigkeit.«
»Will ich auch meinen! Kann ich nicht haben: Gerede, der König is impotent! Noch dazu, wo’s gar nicht stimmt! Wohl noch nie mein Jungen gesehen?« Er kramte ihn seiner Tasche. »Hab eigentlich gedacht, das ganz Königreich weiß Bescheid. Ah, hier! Da isser ja!« Der König zeigte ihm stolz ein kleines Bild seines Sohnes in einem herzförmigen Rahmen.
»Prächtiger Junge, oder?«
Franck wußte nie so recht, was er auf derartige Fragen antworten sollte.
»Äh, ja, Sire. Ganz Eure Nase.«
»Meine Nase? Was ist mit meiner Nase?«
»Nichts, Sire. Ich wollte damit nur sagen, er sieht Euch ein wenig ähnlich.«
»Mmmmm.« Der König steckte das Bild wieder ein und blickte den Prospektor finster an.
»Was wolltest du gleich noch mal?«
»Sire, ich wollte eigentlich gleich und ohne Umschweife zur Sache kommen.«
»Ausgezeichnete Idee!«
»Ich befürchte, daß jenes Handelsgut, das innerhalb kürzester Zeit zum Stützpfeiler unseres Exports wurde, jenes von den Angehörigen aller Schichten und Klassen gleichermaßen begehrte Produkt, bei dessen Einführung und Durchsetzung auf dem Markt meine Person eine große und außerordentlich bedeutsame Rolle spielte, das zu einem weit über die Grenzen des Königsreiches hinaus bekannten Symbol überragender Größe geword…«
»Zur Sache!« blaffte der König und zwirbelte gelangweilt seinen Schnauzbart.
Franck hüstelte und wählte ein anderes Register.
»Sire – dem Lemminggeschäft droht Gefahr.«
»Hä … Was?« Zum erstenmal zeigte der König ernsthaft Interesse. »Was droht? Welche
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