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Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Titel: Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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die sich ihr König auszeichnete.
    Die Pyramide der Jongleure vollführte einen weiteren, in der Choreographie nicht vorgesehenen Ruck nach vorn, worauf eine ganze Schar zu Tode erschrockener Serviererinnen auseinanderstob und Deckung suchte. Der König, eine blutige Wildschweinkeule zwischen den Zähnen, blickte auf. Und als der Turm ein weiteres Mal ruckte, leuchtete die spitze Nase von General Batteur wie ein Signalfeuer auf. Der General hielt den Weinkrug, der nur mehr wenige Zentimeter vom offenen Mund entfernt war, reglos still und beobachtete, wie die Basis der Pyramide sich abzappelte, um die oberen Etagen im Gleichgewicht zu halten. Ein einziger unvorsichtiger Schritt, und dann …
    Dann bemerkte der Spielmann, wie das gelackte Grinsen der Profi-Showstars schneller dahinschwand als die angeschlagene Reputation einer Hure, und sprang mit einem Satz über Bord. Panik lief durch den Turm der Jongleure, erfaßte die Gäste im Saal, versprühte die mikroskopisch kleinen Partikelchen der schlimmsten Befürchtung, und dann … Dann stieß der Jongleur an der Spitze der Pyramide einen letzten Schrei aus und unterlag den Kräften der Gravitation. Unaufhaltsam segelte er – die Arme weit ausgestreckt, die Beine angewinkelt – auf den Monarchen zu und wünschte sehnlichst, sein Rock hätte Ärmel wie die Kleider der Hofdamen. Denn dann könnte er vielleicht … möglicherweise … wenn er nur stark genug flatterte …
    Es war ein törichter Wunsch. Der Sturzflug endete unsanft: auf einem harten Eichentisch, in einer Fünfliter-Schüssel mit Bratensoße, neben einer Wildschweinseite. Wie durch ein Wunder überlebte der Jongleur. Totenstill war es im Bankettsaal, als jetzt der Jongleur den Kopf aus der Soßenschüssel hob und in das bitterböse Gesicht eines wahnsinnig verärgerten Königs starrte. Er versuchte es mit einem entwaffnenden Lächeln, aber leider wollten seine Gesichtsmuskeln nicht so wie er. Das war’s dann wohl, dachte er und schluckte schwer. Aus. Ende der Fahnenstange.
    Der König starrte den unerwartet auf den Tisch gekommenen Jongleur finster und unbewegt an. Nur der große glitzernde Tropfen Soße war in Bewegung, der an seiner Nasenspitze hing und drauf und dran war, im königlichen Schoß zu landen. Doch dann begannen seine Schultern zu zucken, sie zitterten und bebten schließlich so stark, als schüttelte ihn ein unbeschreiblich schweres und örtlich unglaublich präzis konzentriertes Erdbeben, dessen Epizentrum ungefähr in der Gegend um die Leber lag.
    »Verzeiht, Hoheit, mein Herrscher, Euer Gnaden, Sire …«, winselte der Jongleur unterwürfig und entfernte ein gebratenes Wildschweinhinterviertel von einer sehr intimen und äußerst delikaten Körperregion.
    Das Gesicht des Königs glühte, die Krone auf seinem Haupte schaukelte unheilvoll. Drückendes Schweigen lastete auf dem Raum. Selbst das Feuer prasselte nur leise, loderte mit angehaltenem Atem.
    »… bin wahrhaft unsäglich und aufs äußerste …«
    Unerwartet huschte ein winziges Lächeln über das königliche Antlitz.
    »… will ich persönlich dafür sorgen, daß …«
    Plötzlich begann der König zu kichern, das Beben ebbte allmählich ab.
    »… dergleichen nie wieder geschieht.«
    Der König starrte den Jongleur an, der sich vor ihm in der langsam gelierenden Soßenpfütze wand. Dann lachte er brüllend los. Es war ein böses, unheilvolles Lachen. Die Menge war wie gelähmt, keiner hatte damit gerechnet. Der Jongleur wollte es nicht glauben. Es war wie ein Wunder, es sah beinahe so aus, als sollte sich doch noch alles zum Guten wenden. Der König war guter Stimmung!
    »Na schön«, verkündete der König. Er zuckte mit den Schultern, anscheinend sah er die Sache von der komischen Seite. »Schwamm drüber.«
    Der Jongleur rappelte sich aus dem Gedeck, sein Rock kühlte allmählich ab, wurde braun und war würzig und sämig eingedickt. Er verbeugte sich lange und tief, verlor dabei ein kleineres Gemüsesortiment und sagte: »Danke, Sire … ich kann gar nicht sagen, wie sehr …«
    »Ach was«, grunzte der König und inspizierte seine Fingernägel, »laß gut sein. Sei so nett und melde dich beim Rausgehen einfach beim Scharfrichter. Wache, tut mir den Gefallen und nehmt ihm den Kopf ab, ja? Herzlichen Dank auch.«
    Der Jongleur wollte aufschreien und fuhr sich mit den Händen an den Hals. »Aber Sire, es war ein Unfall … Nicht meine Schuld!« flehte er.
    »Nun mach schon! Für heute abend hast du uns genug Unterhaltung

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