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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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kalt. Ich weiß nicht recht, was besser ist. Ich hätte den Roller nehmen sollen, aber das Benzin ist alle, und statt meinen Vater um Geld anzuhauen, fahr ich lieber für den Rest meines Lebens Rad.
    Heute Vormittag vertrete ich ihn im Laden, und das Geld kriege ich, weil es mir zusteht. Es ist kein Taschengeld, das geht also in Ordnung, wenn man mal davon absieht, dass ich dafür die Schule schwänze. Aber wir haben zwei Stunden Mathe, und deshalb ist auch das in Ordnung. Das einzige echte Problem ist, dass ich in Mathe, Physik und Philosophie riskiere, gar nicht erst zum Abitur zugelassen zu werden: und dann gute Nacht. Nein, Schluss jetzt, ab morgen lerne ich, ich werde beweisen, dass ich den Ernst der Lage begriffen habe, doch doch, ab morgen klemm ich mich dahinter, ich schwör’s.
    Aber heute Vormittag muss ich den Laden aufsperren, mein Vater ist mit den Jungs bei einem überregionalen Radrennen, und ein Angelladen ist wie eine Apotheke: Wenn ein Kunde einen Notfall hat, musst du da sein.
    Früher konnten wir es uns leisten, zwischendurch zuzumachen, weil das Magic Fishing nicht das einzige Angelgeschäft hier in Muglione war. Man konnte auch zu Albertina gehen, so hieß die Besitzerin. Alle nannten den Laden so, denn einen richtigen Namen hatte er nicht, auch kein Schild, und wenn es sich nicht herumgesprochen hätte, hätte man dort niemals einen Laden vermutet, weil es ein ganz normales Wohnhaus ein Stück außerhalb der Ortschaft war. Albertina selbst wohnte dort auch. In einem langen, schmalen Raum stand ein Ladentisch mit ein paar Ruten, Angelrollen und Ködern, aber hinten bei den großen Kartons war eine Tür, und ab und zu verschwand Albertina, um etwas zu holen, und dann sah man ihre Küche.
    Dass sie dort auch lebte, war ausgesprochen praktisch, denn wenn man mal zu einer verrückten Uhrzeit Köder brauchte, klingelte man einfach. Dann kam Albertina angeschlurft und gab einem, was man verlangte.
    Einmal wollten Stefano und ich in aller Frühe zum Kanal gehen, um ein spezielles Futter zu testen, das wir aus Mehl, Marmelade, Trockenobst und Nesquik selbst zusammengemixt hatten. Wir hatten es probiert, und es schmeckte gut, sehr süß, was prima ist, denn bei Süßem geraten die Karpfen völlig aus dem Häuschen und kommen sofort angesaust. Und wenn dieses Futter, unsere Erfindung, funktionierte, konnten wir es verkaufen und reich und berühmt werden.
    Ich habe zwar noch nie gehört, dass jemand mit Karpfenfutter reich und berühmt geworden ist, aber in diesem Sommer glaubten wir irgendwie dran, Stefano und ich. Wir hatten sogar schon einen Namen für das Futter: Magic Karpfen Spezial , und das Rezept war derart geheim, dass wir die Zutaten – hätte es tatsächlich funktioniert – mit Sicherheit nicht mehr zusammenbekommen hätten. Aber erst mal mussten wir es testen, und um es zu testen, brauchten wir für einen Euro Maden für die Angel. Es war sechs Uhr morgens, und mein Vater hatte den Angelladen noch nicht, also fuhren wir zu Albertina und klingelten. Das heißt, vorher ging’s erst noch zehn Minuten hin und her zwischen uns: Klingel du. Nein du. Nein du. Nein, klingel du, oder traust du dich etwa nicht? Wieso, und was ist mit dir? Ich schon. Ach ja? Dann klingel du doch …
    Schließlich haben wir beide den Finger auf die Klingel gehalten und gemeinsam gedrückt. Um diese Uhrzeit und in dieser Stille fuhr uns der Klingelton wie ein Stromschlag vom Finger in den Arm, und ich war drauf und dran, aufs Fahrrad zu springen und abzuhauen.
    Das Klingeln verhallte, und eine Weile geschah nichts. Dann ging das Licht an, die Tür schnappte auf, Albertina streckte ihren verfilzten, grauen Lockenkopf raus und fragte grußlos, was wir wollten. Sie war nicht sauer, sie wirkte nur total verschlafen.
    »Maden bitte, Signora.«
    »Wie viele?«
    »Für einen Euro bitte.«
    Sie verschwand im Haus und kam dann mit den Maden in einer Plastiktüte wieder. Die gab sie uns, nahm das Kleingeld und fragte Braucht ihr sonst noch was? Wir sagten Nein , sie nickte und schloss die Tür hinter sich, und das Licht ging wieder aus.
    Während wir mit den Rädern auf holprigen Wegen durch die leeren Felder zum Kanal fuhren, blieb ich stumm und fragte mich verwirrt, ob es für Erwachsene normal war, wegen einer Handvoll Maden in aller Herrgottsfrühe geweckt zu werden. Für mich wäre es nämlich nicht normal gewesen, ich an ihrer Stelle hätte mich furchtbar aufgeregt.
    Dann waren wir da, und ich hab nicht mehr weiter

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