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Fischer, wie tief ist das Wasser

Fischer, wie tief ist das Wasser

Titel: Fischer, wie tief ist das Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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etwas ausmachen würde, Okka Leverenz zu töten. Veronika fand, dass sie es besser «sterben lassen» nennen sollte, es war nicht viel mehr, was sie tun würde. Birger hatte die Spritze schließlich bereits aufgezogen, fünfzig Einheiten, bei einer kleinen Person wie Okka Leverenz würde diese Menge Insulin mit Sicherheit ausreichen, um ein kurzes Koma und einen schmerzlosen Tod herbeizuführen. Dann brauchten sie nur einen halben Tag zu warten, bis das Hormon sich im toten Körper abgebaut hatte, und schließlich würde man bei der Obduktion in Hannover lediglich einen natürlichen Tod feststellen können. Der Bootsunfall, die Anstrengung, die Aufregung wegen des toten Geliebten, dies alles könnte bei Okka Leverenz zu einem lebensgefährlichen Zuckermangel geführt haben. Zumindest ihre Leute in Hannover könnten diese Geschichte plausibel zu Papier bringen.
    Nein, es würde ihr nichts ausmachen. Sie musste ja nur in den Medikamentenraum gehen, der fixierten Frau die Nadel in den Oberschenkel rammen, dann wäre ihr Job erledigt. Die Entsorgung der Leiche sollten die anderen übernehmen. Doch es musste schnell gehen und deshalb hatte Veronika Schewe selbst die Sache übernommen, ihnen blieb nicht viel Zeit für Okka, in zwei Stunden kämen die Kinder nach Hause, dann würde Veronika am Abendbrottisch sitzen, lächeln und so tun, als wenn nichts geschehen wäre.
    Als sie auf das Grundstück fuhr, schaute sie sich gründlich um. Niemand durfte sehen, dass sie hier war. Sie würde in einerStunde noch einmal die Auffahrt hinauffahren, als wäre nichts geschehen. Nichts war zu sehen, kein Kinderfahrrad, kein Auto, die Fenster des Hauses waren geschlossen und als sie aus dem Wagen stieg, hörte sie kein Geräusch, das ihr verdächtig vorkam. Sie war allein hier, na ja, fast allein. Silvia Mühring war zur Sicherheit bei Peter Leverenz im Büro geblieben. Er war zwar ruhig gestellt und fixiert worden, doch im Arbeitszimmer gab es Fenster, durch die man hineinschauen konnte, und eine Tür ohne Sicherheitsschloss. Ihr Büro war nicht so sicher wie der Raum, in dem Okka saß.
    Schnell hastete sie zur Eingangstür, schloss auf und lauschte. Hinter der Bürotür war es noch immer still, bis auf das monotone Klappern von Silvia Mührings Computertastatur. Ihre Assistentin war eine treue Seele, obwohl sie sicher ahnte, dass die Situation in diesem Moment zu eskalieren drohte, tippte sie brav und gleichmütig ihre Berichte herunter und gaukelte sich selbst und allen anderen Alltäglichkeit vor. Veronika Schewe wollte sie nicht unterbrechen, sie nicht beunruhigen, also ging sie direkt in den Keller.
    Doch, es machte ihr schon etwas aus. Sie zögerte, als sie den Schlüssel zum Archivraum in der Hand hielt. Sie würde gleich einen Mord begehen. Zum Teufel, sie zitterte ein wenig. Dabei brauchte sie eine sichere Hand, wenn sie die Spritze ins Fleisch drückte. Was sollte schon passieren? Es gab keinen sichereren Mord als diesen, medizinisch korrekt, jede Menge Komplizen in der Pathologie, ein einwandfreies Alibi von Familie van Looden, nichts konnte geschehen. Okka Leverenz musste sterben, daran ging kein Weg vorbei. Sie war es Birger schuldig. Sie hatte Okka Leverenz ins Spiel gebracht, sie musste auch für ihren Abgang sorgen.
    Einmal einatmen, einmal ausatmen, das Zittern verging, derSchlüssel ging leicht, der nächste auch. Okka Leverenz saß in der Mitte des Raumes und starrte sie mit angsterfüllten Augen an.
     
    Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass ausgerechnet Dr.   Veronika Schewe in der Tür auftauchen würde, um mich zu töten. Die brutalen Kerle, Professor Isken oder vielleicht sogar Ulfert van Looden, sie hatte ich erwartet, aber nicht Schewe.
    Es war mir gelungen, die Scherben und zertretenen Pillen unter das Regal zu schieben, sodass man auf den allerersten flüchtigen Blick nicht ahnte, welchen Kampf ich in den letzten Stunden in diesem engen Gefängnis ausgestanden hatte. Mein Hocker stand wieder in der Mitte des Raumes, ich hielt meine Hände auf dem Rücken und hatte meine Beine mit Klebeband umwickelt, sodass es aussah, als wäre ich noch immer gefesselt.
    «Was Sie jetzt vorhaben, ist noch viel weiter unter Ihrem Niveau, als in diesem Haus die Wände zu tapezieren», sagte ich statt einer Begrüßung.
    «Es wäre mir lieber, wenn Sie mal einen Moment die Klappe halten würden», entgegnete Dr.   Schewe schroff und trat einen Schritt auf mich zu.
    Gut, ich hatte sie aus dem Konzept gebracht,

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