Fischerkönig
Geschenk!« Heiko blickte betreten zu Boden und schwieg. »Und außerdem sind sie ja zu zweit. Und wir sind eingeladen, zum Essen. Zum Barbecue, um genau zu sein, und weißt du, was ein gutes Steak oder ein paar Spareribs heute so kosten?«
Heiko hatte sich breitschlagen lassen und sogar noch reumütig eine Flasche Heuholzer Beerus erstanden – Hohenloher Qualitätswein. Hätte er allerdings gewusst, worauf er sich bei dem Barbecue einließ, so hätte er die Karaffe eigenhändig in den Laden zurückgebracht und den Wein selber getrunken.
Die Tür des alten Wohnhauses ging auf und Simon stand in der Tür. »Ah, Lisa und Heiko«, verkündete er und nahm dem schwer beladenen Heiko augenblicklich die Geschenke ab. War halt ein Schwab. »Wär doch net nötig gwäsa«, bescheinigte er und forderte dann auf: »Kommet rai.« Er ging eine knarzende Treppe hoch voraus, ins Wohnzimmer, das sich im ersten Stock befand. Das ganze Haus war einerseits alt und hätte heruntergekommen wirken können, wenn Simon nicht alles behutsam renoviert hätte. Lisa musste ihm entsprechend Respekt zollen, er hatte aus der alten Hütte das Beste herausgeholt. Auf dem Sessel im Wohnzimmer hockte triumphierend und königinnengleich Simons Mutter und machte nun Anstalten, sich ächzend zu erheben. »Ach, du bischt der Heiko«, stellte sie fest. Heiko sprang der alten Frau bei, damit sie sitzen bleiben konnte und nicht unnötig aufstehen musste. Die alte Dame wirkte trotz ihres recht hohen Alters – Simon war ein Nachzügler gewesen – ausgesprochen resolut. »Grüß Gott, Frau Steinle«, sagte Heiko und schüttelte die knochige Hand. »Regina! ’S sin Leut komma«, rief die Alte in die Richtung, in der sich offenbar die Küche befand. Eine Sekunde später erschien ein zartes blondes Geschöpf in der Tür. Regina trug das Haar kurz geschnitten und sehr hell blondiert. Ihre blauen Augen waren überdimensional groß und bildeten zusammen mit einer kleinen Stupsnase und einem Puppenmund ein überaus hübsches Gesicht. Sie trug ein leinernes Sommerkleid und eine Kette aus ungeschliffenen Bergkristallen. »Hallo, ich bin die Regina«, stellte sie sich vor. Vom Balkon tönten Stimmen herein, und weitere Gäste betraten den Raum. Heiko kannte nur Uwe, der irgendwie unzufrieden wirkte. Noch wusste er nicht, warum das so war, aber er würde es gleich erfahren. »Nur zur Info«, begann Simon. »Heute gibt’s ein veganes Barbecue. Und Alkohol gibt’s bei uns au net. Die Regina ischt total abschdinent und Veganerin.« Heiko nickte lächelnd, und zwar genau so lange, bis ihm die Konsequenzen klar geworden waren, während Lisa daran dachte, dass die Karaffe ein blödes Geschenk war. Heiko sah zu Uwe und blickte auf dessen Glas, in dem sich statt eines gekühlten Bieres, wie man es bei einem Barbecue hätte erwarten können, ein undefinierbares trübes Gebräu befand. »Eine Ingwerlimonade zur Begrüßung«, informierte Regina und reichte sowohl Lisa als auch Heiko ein Glas. Lisa überlegte, dass die Weingläser vielleicht doch gingen, und nippte an der Ingwerlimonade. »Mhh!«, machte sie anerkennend und nickte begeistert. »Das ist ja lecker.«
»Ja, gell?«, stimmte Regina zu. »Und selbst gemacht ist es auch.«
»Was!«, wunderte sich Lisa, die immer noch hingerissen auf die Brühe starrte, die Heiko inzwischen unauffällig probiert und für so schmeckend, wie sie aussah, befunden hatte. »Du musst mir unbedingt erklären, wie man das macht«, forderte Lisa, und Heiko schwante nichts Gutes.
»Klar«, flötete Regina und referierte: »Ingwer und Bio-Zitronensaft mit kochendem Wasser übergießen und ziehen lassen. Und dann mit Birnendicksaft süßen.«
Heiko dachte bei sich, dass dieses Rezept alles erklärte, und suchte einen Blumentopf, in den er das Getränk unbemerkt kippen konnte. Er trat hinaus zu Uwe, der inzwischen wieder auf dem Balkon stand, und leerte das Gesöff in den Kasten mit Kapuzinerkresse, die hoffentlich nicht eingehen würde. Uwe starrte düster vor sich hin. »Auf dem Grill schaut’s genauso aus«, murmelte er im Verschwörertonfall und wies auf den hochmodernen Gasgrill. Allein die Tatsache, dass es sich um einen Gasgrill handelte, ging gar nicht. Grillen hatte mit Feuer zu tun, es war männlich, und Männer hatten die Glut anzufachen und zu bewachen. Gar nicht männlich war hingegen, ein blaues Flämmlein anzuzünden, das dann das Grillgut vor sich hin dümpelnd briet. Und was erst auf dem Grill lag! »Was ist das denn
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