Fischland Mord - Küsten-Krimi
höchstens Violetta bitten, hinterher …
»Hey, du Arme, was ist denn bei dir passiert, ganz Wustrow redet von
nichts anderem, echt, ein Toter, bei dir in der Pension, ich musste gleich in
der Pause kommen, um zu sehen, was los ist, und um dir beizustehen natürlich,
entschuldige, dass ich einfach reinplatze, aber die Tür war auf.«
Wenn man vom Teufel spricht.
Wie so häufig hatte Violetta – groß, brünett und heute in einem
schrillbunten Sommerkleid – ohne Luftholen geredet und sich dabei nicht mal
geniert zu sagen, dass sie in erster Linie aus Neugier gekommen war. Kassandra
kannte niemanden sonst, der so offen zugab, notorisch neugierig zu sein.
Manchmal fragte sie sich, ob sie eine besondere Herausforderung für Violetta
darstellte, weil diese immer wieder ihr ganzes Geschick aufbot, um persönliche
Informationen aus ihr herauszuquetschen. Bisher war dieses Vorhaben noch nicht
von Erfolg gekrönt worden. Was wiederum für Kassandra eine Herausforderung
darstellte, die sich immer häufiger dabei ertappte, etwas von sich erzählen zu
wollen, wenn sie mit Violetta beim Tee zusammensaß oder mit ihr über Romane
redete. Kennengelernt hatten sie sich auf einem Flohmarkt, wo sie feststellten,
dass sie beide eine Leidenschaft für Bücher hatten. Violetta besonders für
Krimis. Das hier musste ihr also wie ein Sechser im Lotto vorkommen. Trotz
ihrer oftmals anstrengenden Überschwänglichkeit mochte Kassandra
Violetta gern. Sie war ein warmherziger Mensch, ihr Geplauder
hatte etwas Entwaffnendes, und sie war bei aller Neugier keine Klatschtante.
»Habe ich da gerade Jonas Zepplin aus deinem Haus kommen sehen?«,
fragte sie, ohne Kassandra auch nur die Möglichkeit zu geben, auf ihre erste
Frage zu antworten. »Netter Mann, ausgesprochen attraktiv, aber das erwähnte
ich schon mal.«
»Mehr als einmal.« Kassandra schmunzelte. »Trotzdem hat es nach wie
vor keinen Sinn, mich verkuppeln zu wollen. Ich bin ganz glücklich so, wie’s
ist.« Bevor Violetta womöglich noch weiter auf dem Thema rumritt, schenkte
Kassandra auch ihr eine Tasse Kaffee ein und berichtete von den Ereignissen des
Vormittags. Sie war gerade am Ende angelangt, als einer der Beamten von der
Spurensicherung, noch immer mit den weißen Überziehern über den Schuhen, den
Kopf zur Tür reinsteckte.
»Frau Voß, wir sind fast fertig. Für den Abgleich mit den
Fingerabdrücken, die wir im Zimmer des Toten gefunden haben, hätten wir gern
noch Ihre. Sie sind dazu nicht verpflichtet, aber es würde unsere Arbeit
erheblich erleichtern.« Auf ihr Nicken hin kam er mit einem Gerät zu ihr, das
Kassandra an eine Fernbedienung erinnerte. »Das ist ein mobiler
Fingerabdruckscanner, drücken Sie einfach die Fingerkuppen auf die Fläche hier.
Das Gästezimmer bitte nicht betreten, und das Beet vor dem Fenster auch nicht,
obwohl da nicht mehr viel zu holen war. Ansonsten haben Sie wieder freie Bahn.«
Kassandra nickte. »Danke.«
»Ich muss auch los.« Violetta sprang vom Küchenstuhl auf und stieß
dabei fast ihre Kaffeetasse um. »Ich hab meine Pause schon überzogen.«
»Deine Kollegin wird es dir verzeihen, wenn du mit den neuesten
Meldungen zurückkommst.«
Violetta kicherte fröhlich. »Ich ruf dich heute Abend an. Das heißt,
wenn du weißt schon wer mich nicht freundlicherweise
mal wieder mit seiner Gegenwart beehrt.« Du weißt schon wer war Violettas Freund, über den sie sich ganz gegen ihre Gewohnheit ausschwieg.
Mehr als Andeutungen hatte sie bisher nie fallen lassen. Kassandra tippte auf
einen verheirateten Mann, vermutlich nicht aus Wustrow, das würde sich zu
schnell rumsprechen.
Nachdem alle gegangen waren, lauschte Kassandra einen Augenblick
lang in die Stille des Hauses. Sie war tatsächlich allein. Dann stand sie auf
und machte sich daran, den Flur zu putzen. Anschließend warf sie einen Blick in
ihren Garten, in dem die Spurensicherung erfreulich wenig Schaden angerichtet
hatte. Sie musste sich überlegen, was sie später statt der Mohnstauden pflanzen
konnte.
»Na, Frau Voß, da hat sich wohl ein ganz übles Subjekt bei Ihnen
einquartiert, was?« Drüben am Gartenzaun stand Heinz Jung und sah mit
offensichtlicher Genugtuung zu Kassandra herüber. »Man sollte sehr vorsichtig
sein mit der Auswahl seiner Gäste. Oder ist zu vermuten, dass Sie den Mann
näher kannten?«
»Ist es nicht«, gab Kassandra so höflich wie möglich zurück.
»Vielleicht könnten Sie Ihre Exkollegen in Zukunft um ein polizeiliches
Führungszeugnis
Weitere Kostenlose Bücher