Fish vor die Hunde
Eigentumswohnung in Potts Point kaufen, und Lorraine hat die Sache ziemlich ausgekocht gemanagt. Die nahm’s mit der Wahrheit nicht so genau, wenn’s um ne fette Kommission ging.«
»Sie hat irgendeinen alten Knacker mit Geld geheiratet, hab ich gehört.«
»Stimmt, einen Ungar, dem ne ganze Menge Häuser in Darlinghurst und East Sydney gehörten. Als er abgekratzt ist, hat sie alles geerbt, aber wenn ich mich recht erinnere, gab es um den Nachlaß irgendwelche Streitigkeiten mit einer früheren Frau und ein paar erwachsenen Kindern. Lorraine riß sich alles unter den Nagel und gründete eine Baufirma.«
»Wann war das?« fragte ich.
»Verkauft hat sie während des letzten Booms, aber als sie angefangen hat zu kaufen, waren die Preise bestimmt auch schon hoch. Sie sitzt also schon ne ganze Weile auf einigen Objekten, die im Preis fallen, und zahlt gigantische Zinsen für die Kredite, die sie aufnehmen mußte.«
»Wie hoch waren ihre Verluste durch Paulas Widerstand gegen das Bauvorhaben?«
»Ich hab mich bei unserem Finanzexperten erkundigt, bevor ich herkam, und er meint, eine Million mußte sie mindestens borgen. Bei 19 Prozent drückt sie also allein an Zinsen mehr als 10000 Dollar im Monat ab.«
Wir aßen. Lizzie ließ es sich offensichtlich schmecken, aber irgend etwas bereitete ihr Kopfzerbrechen. »Ich versteh nicht, welches Interesse Lorraine an Paulas Tod haben soll«, sagte sie bei Litschis mit Eis. »Wenn die Stadträte wirklich gewollt hätten, daß Lorraines Bauvorhaben realisiert wird, hätten sie Paulas Bürgerinitiative einfach ignoriert. Es ist gar nicht so schwierig, für Proteste gegen Bauprojekte in den Lokalblättchen ein bißchen die Werbetrommel zu rühren, und ab und an schafft man’s sogar bis ins Fernsehen, aber das kümmert die meisten Stadträte von Sydney einen Scheißdreck.
»Chicka Chandler ist Lorraines eigentliches Problem, nicht Paula«, fuhr Lizzie fort. »Auch wenn sie sich Paulas Grüppchen vom Hals geschafft hat, hockt Chicka immer noch wie der Kormoran auf dem Felsen mitten auf ihrem Baugelände.«
»Aber wenn es Lorraine nicht war, wer dann?«
»Paula hat sich im Laufe der Jahre ne Menge Feinde gemacht. Zum Beispiel hat sie ein paar Betreibern von Massagesalons das Geschäft vermasselt. Es gab einen Riesenstunk, als sie im Fernsehen auftrat und einige von ihnen beschuldigte, sie hätten die Mädchen zum Sex ohne Kondom gezwungen, weil die Kunden dafür besser bezahlten.«
»Vielleicht hat sie einfach den falschen Freier erwischt«, schlug ich vor. Seit der Aids-Hysterie hatten Übergriffe gegen Schwule in Sydney Hochkonjunktur, und viele meinten, daß die Polizei beide Augen zudrückte.
»Hast du nicht gesagt, Paula hatte einen Freund?«
»Ja, Ray Delgado.«
»Vielleicht hatten sie und Ray Krach. Paula flirtete ständig mit irgendwem.«
»Vielleicht.« Ich hatte den Eindruck gehabt, daß sie sich sehr gut miteinander verstanden, und Ray wirkte auf mich nicht gerade wie ein Killer, aber schließlich hatte ich ihn noch nie wütend erlebt.
Da wir das Thema Mord erst einmal erschöpfend behandelt hatten, wechselte ich unverfroren das Thema: »Jetzt erzähl mir doch mal von diesem Mann.«
»Das geht dich wirklich nichts an.«
»Du bist doch sonst nicht so schüchtern. Bestimmt ist er verheiratet.«
Sie runzelte die Stirn, gab aber keine Antwort.
»Er ist also verheiratet.«
»Na wenn schon! Er lebt nicht mit seiner Frau zusammen.«
»Und warum ist er dann immer noch verheiratet?«
Lizzie funkelte mich an, dann lachte sie: »Weil sie ein Schutz ist gegen Freundinnen, die womöglich auf dumme Gedanken kommen, darum.«
»Hat er einen Namen?«
Lizzie gab nach und verriet ihn mir. Er war Nachrichtenchef beim größten und wichtigsten Sender Australiens gewesen; ein kleinerer Sender, der ziemlich am Ende war, hatte ihn gerade abgeworben, damit er dort die Nachrichtensendungen wieder auf Vordermann brachte. Es waren Summen genannt worden, mit denen man die Staatsverschuldung von Albanien hätte tilgen können.
Lizzie sagte, ihr Freund sei ziemlich nervös: Bei dem Sender wußte kein Mensch, wann seine Stelle gestrichen wurde.
»Gut«, sagte ich.
»Was heißt hier gut? Du bist wirklich ein Ekel.«
»Meinst du im Ernst, daß irgendein Journalist so viel Geld wert ist?« fragte ich.
Ich brachte sie in Verlegenheit. Lizzie fand den Schrott, den die Fernsehsender Nachrichten nannten, genauso zum Kotzen wie ich, wollte aber nicht illoyal erscheinen.
»Channel 8
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