Fish vor die Hunde
zeigte ihnen kurz, wie professionell sie mit dem Busen wackeln konnte, und die triefigen alten Augen leuchteten auf. Dann nahm ein Gebrüll aus dem Fernseher ihre Aufmerksamkeit in Anspruch, und sie wandten sich wieder der Sportübertragung zu. Da freut man sich schon aufs Alter.
»Jesses, in diesem Loch hätte n Mädchen es echt nicht leicht, n paar müde Piepen zu verdienen«, nölte sie.
Weiß der Himmel, was dieser Fall meinem guten Ruf antun würde.
Ich zerrte den Barmann von der Glotze weg und organisierte uns zwei Bier. »Ich konnte da drin nicht reden«, vertraute sie mir an. »Wegen Ray, du weißt schon.«
Ich nickte verständnisvoll.
»Es gab da jemanden«, fuhr sie fort. »Ray weiß nichts davon. Paula hatte eine kleine Affäre mit einem anderen Mann. Sie wollte mir nie verraten, wer es war, aber sie hat erzählt, er wär verheiratet. Außerdem hatte ich den Eindruck, es wär nicht so gut für seine Karriere, wenn rauskäme, daß er was mit einem Callgirl, noch dazu einem Transi, hat.«
Ich überlegte kurz, ob es irgend jemanden gab, für dessen Karriere solche Umstände besonders förderlich waren.
»Sonst noch was? Hat sie irgendwas gesagt, was ein Anhaltspunkt sein könnte?«
»Ich weiß nicht mehr, ob sie’s selbst erwähnt hat, aber ich glaub, der Typ war ziemlich bekannt in der Stadt. Sorry, mehr weiß ich nicht.«
»Nur noch eine Frage...«
»Raus damit, Schätzchen. Ich bin ja so froh, daß sich jemand um die arme kleine Paula kümmert.« Sie brach in Tränen aus. Ich reichte ihr ein Taschentuch, das mit dickem Make-up verschmiert zurückkam.
»Vielleicht hat jemand Paula zusammen mit diesem Freund gesehen. Wenn er verheiratet und stadtbekannt war, ist es unwahrscheinlich, daß er Paula zum Dinner ins Ritz geführt hat. Ich brauch jemanden, der mit mir die Schwulenlokale abgrast.«
»Aber natürlich, Süßer. Kein Problem. Hol mich gegen Mitternacht ab. Vorher geht in der Oxford Street sowieso nichts ab.«
Was sollte ich bloß anziehen?
6
Von der Kneipe aus rief ich bei Julia an, ließ das Telefon zehnmal läuten — ich zählte mit — und lud mich bei ihr zum Abendessen ein.
Toby begrüßte mich schon am Gartentor mit kehligem Knurren und gesträubtem Fell und trottete, dicht an meine Fersen geheftet, den ganzen Weg bis zur Haustür hinter mir her. Als Julia ihn anschnauzte, setzte er eine Armesündermiene auf und ließ den Schwanz hängen, woraufhin sie sich erweichen ließ und ihm erlaubte, mit mir ins Haus zu kommen. Wenn ich nicht gestehen müßte, daß ich die Sorte Tricks selber schon benutzt habe, hätte ich mich beschwert.
Julia trug eine ihrer eigenwilligen Kombinationen — violette indische Pumphosen aus irgendeinem glitzernden, durchsichtigen Stoff und ein weites T-Shirt. Ohne BH, wie ich bemerkte. Ihre Ohrringe — Julias Kollektion war Weltklasse — waren aus Glasperlen und hingen ihr bis auf die Schultern.
»Hallo, Darling«, sagte sie und gab mir einen Kuß. Sofort fing der Hund an, grimmig und besitzergreifend zu bellen.
»Sei still, Tobe, du alte Quengeltöle!« befahl sie, und er ließ sich nieder, blieb aber wachsam und wich uns nicht von der Seite. Er hatte meine Gedanken gelesen.
Julia wohnt in einer von diesen riesigen viktorianischen Villen im besseren Teil von Paddington, wo die Straßen breit und von Bäumen gesäumt sind und man in der Ferne den Hafen von Sydney liegen sehen kann. Nachdem ihre Mutter gestorben war, hatte sie das Haus leergeräumt und hinten ein Atelier angebaut.
Modern, luftig und in klaren, hellen Farben gestrichen, war das Haus ganz und gar geprägt von Julias Persönlichkeit. Sie sammelte und restaurierte Möbel aus echtem Grevillienholz, die in der Sonne wie Bernstein leuchteten. Ganze Sammlungen von indonesischen Puppen, Familienfotos und kleinen, kuriosen chinesischen Nippesfiguren standen dicht an dicht neben Jugendstillampen, und die Wände waren mit den Bildern befreundeter Künstler vollgehängt. Julias beunruhigende Skulpturen flankierten den Kamin und starrten einen aus vereinzelten Ecken an.
Es war eine Oase kultivierter Behaglichkeit in meinem chaotischen Leben.
Ganz erpicht darauf, Einzelheiten über den Mord zu erfahren, zog mich Julia zur Couch und fragte mich über Ray und die drei Grazien aus.
»Früher hab ich mir mal bei Lola die Haare schneiden lassen«, sagte sie. »Sie sprüht geradezu vor Charme, aber ich hatte den Eindruck, daß sie mit allen Wassern gewaschen ist.«
»Das gleiche Gefühl hattest du
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