Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
eigenen Namen und ein eigenes Wappen gewähren.«
    »Einen eigenen Namen?«

    »Gewiss doch. Das ist keine ungewöhnliche Bitte. Bastarde sind rar in den Adelshäusern, besonders in des Königs eigenem Adelsgeschlecht, aber es gibt sie.« Unter dem Vorwand mir beizubringen, wie man einen Sattel richtig pflegt, wanderten wir durch die Sattelkammer und inspizierten all das alte und unbenutzte Sattel- und Zaumzeug. Derlei Kram zu sammeln und aufzuarbeiten war eins von Burrichs Steckenpferden. »Denk dir einen Namen und ein Wappen aus und dann frag den König …«
    »Was für einen Namen?«
    »Was weiß ich, irgendeinen, der dir gefällt. Dieses Geschirr hier scheint hin zu sein; irgendjemand hat es ungeputzt weggelegt, und es hat Schimmel angesetzt. Aber wir werden sehen, was noch zu retten ist.«
    »Das käme mir nicht richtig vor.«
    »Was?« Er hielt mir einen Armvoll modrig riechendes Riemenzeug hin. Ich nahm es ihm ab.
    »Ein Name, den ich mir selber gebe. Ich hätte nicht das Gefühl, dass er wirklich zu mir gehört.«
    »Ja und? Was willst du dann tun?«
    Ich holte tief Luft. »Der König sollte für mich einen Namen aussuchen. Oder du vielleicht.« Ich gab mir einen Ruck. »Oder mein Vater. Findest du nicht?«
    Burrich runzelte die Stirn. »Du kommst auf die merkwürdigsten Ideen. Denk nur eine Weile nach, dir wird schon ein Name einfallen, der zu dir passt.«
    »Fitz passt«, antwortete ich spöttisch und sah, wie seine Wangenmuskeln sich spannten.
    »Kümmern wir uns um das Geschirr«, meinte er ruhig.
    Wir gingen zu seiner Werkbank und nahmen uns die einzelnen
Teile vor. »Bastarde sind gar nicht so selten«, bemerkte ich. »Und die Eltern in der Stadt geben ihnen Namen.«
    »In der Stadt laufen genug Bastarde herum, das stimmt«, gab Burrich nach kurzem Schweigen zu. »Es ist von jeher Brauch bei Soldaten und Matrosen, herumzuhuren. Für sie mag es in Ordnung sein, aber nicht für Bastarde edler Abstammung. Oder für irgendjemanden mit höfischer Herkunft. Was hättest du von mir gedacht, als du jünger warst, wenn ich nachts in die Spelunken am Hafen gegangen wäre oder Weibsbilder mit in die Kammer gebracht hätte? Welches Bild hättest du heute von Frauen? Oder von Männern? Es ist schön, sich zu verlieben, Fitz, und keiner missgönnt dem jungen Volk einen Kuss oder zwei. Aber ich habe in Bingtown gesehen, wie es zugeht. Kaufleute bringen hübsche Mädchen oder ansehnliche Jünglinge zum Markt, als wären sie Hühner oder Kartoffeln! Und die Kinder, die diese dann schließlich in die Welt setzen, mögen zwar einen Namen mit sich tragen, aber ansonsten nicht viel. Und selbst wenn sie heiraten, ändern sie ihren … Lebenswandel nicht. Wenn ich je die richtige Frau finde, soll sie wissen, dass ich keine andere ansehe. Und ich will sicher sein, dass all meine Kinder mein eigen Fleisch und Blut sind.« Burrich ereiferte sich regelrecht.
    Und damit war das Thema beendet.
    Mein Leben verlief schon bald in festen Bahnen. Manche Abende verbrachte ich bei Burrich in den Stallungen, seltener war ich dagegen im Großen Saal, so wenn irgendein fahrender Sänger oder Puppenspieler in der Burg gastierte. Hin und wieder fand ich die Gelegenheit, mich davonzuschleichen und in die Stadt hinunterzulaufen, aber das hieß, am nächsten Tag für den versäumten Schlaf zu büßen. Die Nachmittage gehörten unweigerlich einem meiner Lehrer. Man erklärte mir, dies wären
meine Sommerlektionen, und im Winter würde man mich in die Wissenschaften einführen, die mit Feder und Papier zu tun hatten. Ich war beschäftigter als je zuvor in all den Jahren. Doch trotz meines übervollen Stundenplans war ich meistens allein.
    Einsamkeit.
    Jede Nacht suchte sie mich heim, wenn ich versuchte, mir in meinem großen Bett ein kleines, behagliches Plätzchen zu schaffen. Als ich in Burrichs Kammer über den Ställen geschlafen hatte, fühlte ich mich eingelullt von der warmen, müden Zufriedenheit der gut versorgten Tiere, die unter mir im Stroh dösten, raschelten und vor sich hinstampften. Pferde und Hunde träumen, wie jeder bestätigen kann, der einmal seinen vierbeinigen Freund beobachtet hat, wie er im Schlaf bei der Verfolgung einer imaginären Beute zuckt und winselt. Ihre Träume waren zu mir aufgestiegen wie das nahrhafte, würzige Aroma von Brot, das gerade gebacken wird. Doch jetzt, allein in einem Zimmer mit Wänden aus Stein, war ich das wehrlose Opfer all jener quälenden, schmerzlichen Nachtgespinste, die ein Teil jeder

Weitere Kostenlose Bücher