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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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den Tag legte, war mir seine frühere Art doch lieber gewesen.
    Ich betrachtete mein besticktes Nachtkleid und die kostbaren Bettdecken. Wieder hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, aber ich war zu müde und matt, um zu überlegen, was mich daran so befremdete. »Was tust du hier?«, fragte ich ihn.
    Er atmete tief ein und seufzte. »Ich sor ge für Euch. Wache über Euch, wäh rend Ihr ruht. Ich weiß, Ihr haltet es für närrisch, aber schließlich bin ich ein Narr. Also wisst Ihr, dass ich nicht anders kann, als närrisch zu sein. Dennoch stellt Ihr mir jedes Mal, wenn Ihr erwacht, dieselbe Frage. So erlaubt mir denn, ein weiser Narr zu sein und Euch zu raten: Lasst mich nach einem anderen Heiler schicken.«
    Ich lehnte mich gegen die Kissen. Sie waren feucht vom Nachtschweiß und verströmten einen schalen Geruch nach Krankheit. Der Narr würde sie mir gegen frische tauschen, wenn ich ihn darum bat, doch wozu? Nicht lange, und das neue Bettzeug war ebenso klamm und dumpf wie das jetzige. Ich grub meine knorrigen Finger in die Daunendecke und fragte ihn ohne Umschweife: »Weshalb bist du gekommen?«
    Er nahm mei ne Hand und strei chelte sie. »Mein König, mir gefällt diese plötzliche Schwäche nicht, die Euch überkommen hat. Die Maßnahmen dieses Heilers scheinen Euch nicht gutzutun.
Ich fürchte, sein Wissen ist weit geringer als die Meinung, die er davon hat.«
    »Burrich?«, fragte ich ungläubig.
    »Burrich? Wäre er nur verfügbar, Majestät! Er mag Stall meister sein, doch ich wette, er ist ein besserer Medikus als dieser Wallace, der Euch mit Pulvern und Schwitzkuren traktiert.«
    »Wallace? Burrich ist nicht hier?«
    Ein Schatten fiel über das Gesicht des Narren. »Nein, Majestät. Er blieb im Bergreich zurück, wie Ihr wisst.«
    »Majestät«, wiederholte ich und versuchte zu lachen. »Du machst dich lustig über mich.«
    »Nie und nimmer, Majestät«, antwortete er ernst. »Nie und nimmer.«
    Seine Sanftmut verwirrte mich. Dies war nicht der Narr, den ich kannte, voller Wortspiele und Rätsel, Doppeldeutigkeiten und raffinierter Seitenhiebe. Plötzlich fühlte ich mich merkwürdig angespannt. »Dann bin ich in Bocksburg?«
    Er nickte schwerfällig. »Selbstverständlich.« Sein Gesicht war von tiefer Besorgnis erfüllt.
    Ich schwieg und versuchte das Ausmaß des Verrats zu erfassen. Man hatte mich nach Bocksburg zurückgeschafft. Gegen meinen Willen. Und Bur rich hatte es nicht ein mal für nötig gehalten, mich zu begleiten.
    »Erlaubt mir, dass ich Euch zu essen bringe«, bat der Narr. »Ihr fühlt Euch immer besser, wenn Ihr gegessen habt.« Er stand auf. »Ich habe bereits vor Stunden etwas am Feuer warmgestellt.«
    Mein müder Blick folgte ihm. Er hockte vor dem Kamin und zog vorsichtig eine zugedeckte Terrine zu sich he ran, hob den Deckel, und der Duft von herz haftem Rindergulasch stieg auf. Er schöpfte eine Kelle voll in einen Essnapf. Seit Monaten hatte ich kein Rindfleisch mehr gegessen. In den Bergen gab es nichts als
Wild, Schaf- und Ziegenfleisch. Ich schaute mich im Zim mer um. Da wa ren die schweren Tapisserien und die geschnitzten Lehnstühle. Die großen Steine der Kamineinfassung, die kostbaren, gewebten Bettvorhänge. Ich kannte das alles. Dies war das Schlafgemach des Königs in Bocksburg. Wes halb lag ich in des Königs eigenem Bett? Ich wollte den Narren danach fragen, doch dann war es so, als spräche ein anderer durch mei nen Mund. »Ich weiß zu viele Dinge, mein närrischer Freund, und ich kann mich diesem Wissen nicht länger verschließen. Manchmal ist es, als hätte ein anderer Macht über meinen Willen, und zwänge mich wahrzunehmen, was ich nicht wahrnehmen möchte. Meine Dämme sind geborsten. Wie eine Flut strömt alles in mich hi nein.« Ich holte tief Atem, doch ich konnte es nicht länger aufhalten. Erst ein Frösteln, dann ein Ge fühl, als stünde ich in rasch an steigendem kaltem Wasser. »Die Flut«, stieß ich hervor. »Bringt Schiffe. Rote Schiffe …«
    Die Augen des Narren weiteten sich erschreckt. »In dieser Jahreszeit, Majestät? Das kann nicht sein! Nicht im Winter!«
    Meine Kehle war wie zugeschnürt, nur mit Mühe konnte ich weitersprechen. »Der Winter war zu gnädig mit uns, er hat uns seine Stürme vorenthalten und sei nen Schutz. Sieh. Sieh doch, draußen auf dem Wasser. Sie kommen. Aus dem Nebel tauchen sie auf.«
    Ich streckte den Arm aus. Der Narr trat zu mir ans Kopfende des Bettes und bückte sich, um in die Richtung zu schauen,

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